Teardown
Beim Zerlegen einer Grafikkarte wie der GeForce RTX 5060 Ti Gaming Trio erfolgt die Demontage systematisch, um sowohl die strukturelle als auch die elektrische Ausführung des Designs bewerten zu können. Der erste Schritt besteht in der fotografischen Dokumentation des Ausgangszustands, um spätere Zuordnungen und Vergleiche zu erleichtern. Nach dem Lösen der Gehäuseschrauben wird zunächst die massive Backplate entfernt, die meist nicht nur mechanische Stabilität bietet, sondern auch thermische Funktionen übernimmt.
Daraufhin erfolgt die Abnahme des eigentlichen Kühlkörpers, der aus mehreren Heatpipes, einer Basisplatte aus Kupfer, Aluminium-Heatsinks bzw- Finnen und drei Axiallüftern besteht. Die Platine liegt nun frei und erlaubt einen detaillierten Blick auf die Positionierung und Anordnung der GPU, der Speicherchips und der Spannungsregler. Besondere Aufmerksamkeit gilt hierbei dem Aufbau der Spannungsversorgung (VRM), deren Anzahl an Phasen, die Qualität der verbauten Bauelemente (MOSFETs, Spulen, Kondensatoren) und deren Platzierung in Bezug auf die thermischen Hotspots der Platine.
Platine und Komponenten
Die Platine fällt sehr kompakt aus und orientiert sich am Referenzdesign von NVIDIA, das auf drei große Spannungsschienen sowie mehrere kleinere setzt. Die Spannungswandler für die NVVDD, also die Kernspannung der GPU, sind bereits bekannt. Neu ist allerdings, dass NVIDIA – ähnlich wie Intel und AMD – erneut separate Spannungen für den GDDR7-Speicher und den Framebuffer verwendet. Während dedizierte Spannungsschienen für GPU-Kerne und Speicher bereits etabliert sind, ist die Trennung der Framebuffer-Spannung in dieser Form bei NVIDIA eine Neuerung. Der Framebuffer dient als Speicherbereich für die Bilddaten, die zur Darstellung auf dem Monitor benötigt werden. Hier werden Informationen wie Farbtiefe, Transparenz und Auflösung abgelegt und kontinuierlich von der GPU aktualisiert. Deshalb muss man sich in unserem heutigen Fall auch nicht über die nur vier Regelkreise für NVVDD wundern, denn nach alter Lesart wären es ja sechs.
Die klare Trennung zwischen MSVDD und FBVDD erlaubt eine präzisere Anpassung der Spannungswerte an die jeweiligen Anforderungen. MSVDD bestimmt die Geschwindigkeit und Stabilität der Speicherchips, indem sie auf die elektrischen Eigenschaften der Speicherzellen und der Speichercontroller-Logik abgestimmt ist. FBVDD hingegen stellt sicher, dass die Kommunikation zwischen Framebuffer und Speicher effizient bleibt. Die Spannungsregelung der Platine ist übersichtlich gehalten: Insgesamt sind 8 Regelkreise zu finden, davon 4 für NVVDD (GPU-Kernspannung, 0,8 bis 1,1 V), zwei für MSVDD (Speicherspannung, 0,8 bis 1,1 V) und zwei für FBVDD (Framebuffer-Spannung, 0,9 bis 1,24 V), ergänzt durch weitere kleinere Spannungen für verschiedene Komponenten.
Die Spannungsversorgung moderner Grafikkarten erfordert eine präzise Abstimmung verschiedener Steuer- und Leistungskomponenten. Auf der Frontseite der Platine befindet sich ein eher günstiger PWM-Controller, der die Spannungsregelung für die GPU-Kernspannung (NVVDD) und den Framebuffer (FBVDD) übernimmt. Der hier verwendete uP9512R ist ein digital programmierbarer PWM-Controller für mehrphasige Buck-Spannungswandler aus dem Hause uPI Semiconductor. Das Bauelement eignet sich besonders für Anwendungen mit hohem Strombedarf wie moderne Grafikkarten oder Mainboards, auf denen es zur präzisen Regelung der GPU- oder CPU-Spannung eingesetzt wird.
Technisch unterstützt der uP9512R bis zu 8 Phasen im synchronen Betrieb, wobei sich die Phasenzahl dynamisch skalieren lässt. Die Spannungsregelung erfolgt über eine digitale Schnittstelle mit programmierbaren Parametern, darunter Load-Line-Kompensation, Schutzschwellen und Spannungsreferenzen. Die Ansteuerung der externen Treiber (z. B. uP9646A) erfolgt phasenversetzt zur Reduzierung der Ripple-Ströme und Verbesserung der Effizienz. Der Controller arbeitet mit einer Versorgungsspannung von 5 V, bietet umfangreiche Telemetrie- und Schutzfunktionen und kann in vielen Fällen über I²C oder PMBus konfiguriert und überwacht werden. Mit seinen präzisen Regelalgorithmen, digitaler Anpassbarkeit und hoher Phasenanzahl ist der uP9512R eine etablierte Lösung für hochwertige Spannungswandler-Designs, wie sie etwa auf leistungsstarken NVIDIA- und AMD-Grafikkarten zu finden sind.
Die Umsetzung der eigentlichen Spannungsregelung erfolgt durch DrMOS-Bausteine, wobei für NVVDD und FBVDD der uP9646A zum Einsatz kommt. Dabei handelt es sich um einen synchronen Dual MOSFET-Treiber von uPI Semiconductor, ausgelegt für den Einsatz in mehrphasigen Buck-Wandlern. Er treibt jeweils einen High-Side- und einen Low-Side-N-Kanal-MOSFET pro Spannungswandlerphase. Das Bauelement arbeitet typischerweise mit einer Versorgungsspannung von 5 V bis 12 V, bietet hohe Treiberströme bis zu 3 A, besitzt integrierte Schutzfunktionen wie Under Voltage Lockout (UVLO) und unterstützt Schaltfrequenzen im Bereich mehrerer MHz. Die Totzeit ist intern optimiert, um Shoot-Through zu vermeiden. Es kommt häufig im UQFN-Gehäuse zum Einsatz und ist besonders für GPU-VRM-Designs geeignet, etwa auf aktuellen GeForce-Grafikkarten.
Für den Speicher (MSVDD) kommen für jede der beiden Phasen jeweils ein NIKOS PK616BA und ein NIKOS PKE96BB als Paar zum Einsatz. Das sind Leistungs-MOSFETs, die vor allem in der Spannungsversorgung von Grafikkarten, Mainboards und anderen Hochstromanwendungen verwendet werden. Beide stammen vom Hersteller NIKO Semiconductor, einem Anbieter von MOSFET-Lösungen mit Fokus auf kosteneffiziente Bauelemente für die Computertechnik. Der PK616BA ist dabei ein typischer N-Kanal-MOSFET, ausgelegt für den Einsatz als High-Side-Schalter in synchronen Buck-Wandlern. Er zeichnet sich durch eine geringe Gate-Ladung (Qg) sowie einen niedrigen RDS(on) aus, wodurch er sowohl bei hohen Schaltfrequenzen als auch bei hohen Lasten effizient arbeitet. Der PKE96BB ist ebenfalls ein N-Kanal-Leistungs-MOSFET und er ist für höhere Ströme optimiert und wird hier als Low-Side-Schalter eingesetzt.
Auf der Rückseite gibt es keine größeren Überraschungen. MSI setzt – wie auch NVIDIA – unter dem Sockel ausschließlich auf MLCCs und verzichtet vollständig auf Polymerkondensatoren. Die Gründe dafür wurden bereits ausführlich thematisiert, denn in meiner Untersuchung zu den Polymer-Kondensatoren der RTX 3090 habe ich seinerzeit festgestellt, dass deren Wahl direkten Einfluss auf die Stabilität der GPU hat, insbesondere bei hohen Taktraten. Einige Modelle setzten ausschließlich auf SP-CAPs, die zwar eine hohe Kapazität bieten, aber hochfrequente Spannungsspitzen schlechter filtern als MLCCs. Dies führte bei bestimmten Karten zu Instabilitäten und Abstürzen. Modelle mit einer Mischung aus MLCCs und SP-CAPs erwiesen sich als stabiler, da MLCCs Spannungsschwankungen effektiver glätten. Infolgedessen passten Hersteller ihre Designs an und setzten vermehrt auf Mischlösungen oder vollständig auf MLCCs, um die Betriebssicherheit zu verbessern. Mittlerweile ist auch NVIDIA, nach AMD und Intel, bei einer MLCC-Komplettbestückung angekommen. Ergänzt wird das Ganze auf der Rückseite durch den obligatorischen Supervisor-Chip, der für das Leistungsmonitoring zuständig ist.
Auf der Platine befindet sich dafür der NCP 45492 von ON Semi, ein Hochleistungs-IC zur Überwachung von Busspannungen und Strömen an bis zu vier Hochspannungs-Stromversorgungen. Dieses Bauteil ermöglicht die Erfassung und Skalierung von Shunt- und Busspannungen und erlaubt durch externe Widerstände eine flexible Anpassung jedes Kanals an spezifische Anforderungen. Besonders hervorzuheben ist die schnelle Einschwingzeit, die eine Echtzeit-Überprüfung der Spannungswerte ermöglicht. Damit eignet sich der Chip optimal als Supervisor für die 12V-Leitungen, insbesondere für die 12V2X6- und PEG-Verbindungen der Grafikkarte. Zu den insgesamt acht GDDR7-Speichermodulen im Clamshell-Modus, wo sich bei 4 Speicherplätzen jeweils ein Modul auf der Vorder- und eines auf der Rückseite befindet, hatte ich ja Eingangs bereits ausführlich geschrieben.
Nachfolgend sind alle relevanten Komponenten nochmals in hochauflösender Mikroskopie-Ansicht dargestellt:
Der Kühler
Die rückseitige Backplate ist aus Aluminium und kühlt mittels eines angebrachten Wärmeleitpads zusätzlich die Platine, natürlich mal wieder an der falschen Stelle, und mit vier weiteren die rückseitigen RAM Module. Die Backplate trägt also zur mechanischen Stabilität bei UND verbessert die Kühlung. Zusammen mit dem zentralen Kühlblock als tragendes Element wird die strukturelle Integrität der Karte zusätzlich erhöht, wodurch ein stabiler Betrieb unter hoher Last garantiert wird.
Der etwas leichtere Kühler der MSI GeForce RTX 5060 Ti Gaming Trio ist ein Kompromiss aus kühlem Betrieb und Kosteneffizienz, was durch eine Kombination aus innovativen Technologien und sehr viel Luftdurchsatz erreicht wird. Die Kühlung der GPU wird durch einen vernickelten Kupfer-Heatsink anstelle einer Vapor-Chamber ermöglicht, der als primäres Wärmeableitungselement dient. Dieser transportiert die Wärme direkt von der GPU zu den vier sogenannten Core Pipes, von denen noch zwei mittig durchlaufen und dann noch einmal umgebogen zurück unter den Bereich des ersten Lüfters laufen. Diese hinter der Chamber quadratisch geformten Heatpipes optimieren den thermischen Kontakt zur Chamber und gewährleisten eine gleichmäßige Wärmeverteilung. Die Wärme wird anschließend durch ein Netzwerk aus präzisionsgefertigten Finnen abgegeben, die auf sehr viel Durchsatz ausgelegt sind, um die bis zu 220 Watt Abwärme stemmen zu können.
Die Lüfter des Kühlers sind jeweils mit sieben auf Durchsatz optimierten Lüfterblättern ausgestattet, die wir schon von den neueren Vanguard- und Suprim-Modellen kennen. Ergänzend dazu bietet die Zero-Frozr-Funktion die Möglichkeit, die Lüfter bei niedriger Last vollständig zu stoppen, um einen geräuschlosen Betrieb zu ermöglichen. Ein weiteres Element sind die thermischen Pads, auf die ich noch eingehen werde und eine zusätzliche Wärmeableitung von kritischen Bauteilen wie den Spannungswandlern gewährleisten.
Das Kühlsystem stellt einen sehr guten Kompromiss aus Größe, Gewicht und Performance dar, den Rest muss ich noch messen…
- 1 - Technische Daten und wichtige Einführung zum Speicherausbau
- 2 - Testsystem und Equipment
- 3 - Teardown: Platine und Kühler
- 4 - Materialanalyse und Wärmeleitmaterialien
- 5 - Gaming: Full-HD 1920x1080 Pixels (Rasterization Only)
- 6 - Gaming: WQHD 2560x1440 Pixels (Rasterization Only)
- 7 - Gaming: WQHD 2560x1440 Pixels, Supersampling, RT & FG
- 8 - DLSS4 und MFG: Cyberpunk 2077 im Detail
- 9 - DLSS4 und MFG: Alan Wake 2 im Detail
- 10 - Leistungsaufnahme über alle Einsatzbereiche und Effizienz
- 11 - Lastspitzen und Netzteilempfehlung
- 12 - Takraten und OC, Temperaturen, Geräuschentwicklung
- 13 - Zusammenfassung und Fazit
32 Antworten
Kommentar
Lade neue Kommentare
Urgestein
Urgestein
Neuling
Urgestein
Veteran
1
Veteran
Urgestein
Urgestein
Mitglied
Mitglied
Urgestein
Urgestein
Veteran
Veteran
Urgestein
Urgestein
Urgestein
Urgestein
Alle Kommentare lesen unter igor´sLAB Community →