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Nubert nuPro X-3000 RC im Test – der astreine Spagat zwischen neutralem Studiomonitor und vorlauter Wohnzimmer-Kompaktbox. Mit umfangreichem Teardown

Ich habe die Überschrift nicht ganz zufällig gewählt, denn eigentlich wollte ich eine Gönnung für beides: tongenaues Arbeiten im Videostudio und die standesgemäße Beschallung nach der Arbeit als Belohnung und Entspannung für stressige Stunden. Das klingt erst einmal simpel, ist es aber nicht. Analytisches Wiedergeben beim Abmischen und Schneiden muss nicht zwingend die Emotionen wecken, die ordentliche Quellen zur Entspannung schaffen sollten. Man konsumiert in der Regel nämlich anders, als wenn man arbeitet und zuhört wie ein Luchs. Zumal man beim Arbeiten direkt am Tisch sitzt und beim späteren Zeitvertreib eher einige Meter entfernt, gern auch nicht allein.

Das Bessere ist oft genug des Guten ärgster Feind und so mussten sich die etwas älteren nuPro A-200 samt des AW-350 auch diesem Vergleich stellen, den sie, das muss ich leider so hart als Spoiler formulieren, grandios verloren haben. Rein äußerlich unterscheiden sich die nuPro X-3000 RC von den A-200 noch gar nicht einmal so stark. Zumindest solange nicht, wie man sie nicht benutzt. Nur ist der Unterschied für die geübten Lauscher dann doch deutlich hörbar. Das ist jetzt ein Urteil auf allerhöchstem Niveau, denn die A-200 sind auch heute noch eine Hausnummer. Aber es gibt trotz allem klare Gewinner, sonst hätte ich wohl heute auch kein Review und noch die „alten“ Boxen.

Denn eines muss man Nubert ja lassen, das mit dem 30 Tage Probehören ist eine feine Sache. Da muss man auch nicht die sonst leider üblichen Verrenkungen mit dem Widerrufsrecht machen und irgendwelche Zwischenhändler in die Not treiben – Nubert setzt immer noch auf den ehrlichen Direktvertrieb und man kann sich das alles entspannt auch erst einmal zum Testen in den eigenen vier Wänden liefern lassen. Wobei es für den Hersteller kaum ein Risiko sein dürfte, denn unangenehme Überraschungen beim Testbetrieb wird man kaum fürchten müssen.

Zubehör und Lieferumfang

Die Boxen werden nicht als Paar geliefert, sondern man erwirbt für den Stereobetrieb zwei autarke und absolut identische Einzelboxen. Damit fällt auch das Zubehör identisch aus so dass man sich das alles jetzt einfach doppelt vorstellen muss. Da hat übrigens auch Vorteile, denn sogar die Fernbedienung hat man dann zweifach. Eine für die Frau und eine für sich selbst. Doch was ist jetzt in der Schachtel außer der Schnellstartanleitung (weiter unten verlinkt) und dem Handbuch drin?

Neben der magnetischen Frontabdeckung bekommt man die erwähnte Fernbedienung mit Batterie, einen nützlichen HDMI-ARC-Adapter, ein Netzkabel (3 Meter), ein Klinken-Cinch-Adapterkabel (1,5 Meter), ein elektrisches Digitalkabel (Koax, 3 Meter), ein optisches Digitalkabel (SPDIF, 1.5 Meter), ein mit Litze ummanteltes USB-Kabel (Typ A/Typ B, 1.5 Meter) und den erwähnten Lesestoff für die Einsteigerfraktion. Mehr braucht man nicht, nur den kleinen Nubi habe ich schmerzlich vermisst. Nur ist dieser leider eine Art Globalisierungsopfer geworden, denn für die maetnuelle Bebauchpinselung mit Farbe bräuchte man einen neuen deutschen Hersteller. Kitschige asiatische Erzgebirgskunst passt nun mal nicht in so eine Zubehörschachtel, das muss schon original bleiben.

 

Apropos Globalisierung: die aktive nuPro-Reihe wird mittlerweile komplett (unter Aufsicht) in Asien gefertigt. Zusammen mit einem in der Branche bekannten Hauptfertiger ergeben auch die Produkte der „Möbeltischlerei“ zusammen mit den Erzeugnissen der spezialisierten Zulieferern aller Komponenten wie z.B. der Chassis und Leiterplatten zusammen mit der zweckmäßigen Bauelementeauswahl ein abgerundetes Bild. Es gilt auch hier immer noch der Satz, dass man bekommt, wofür man bezahlt – mit der notwendigen Ergänzung, dass man das dann auch noch vor Ort ausreichend gut überwacht.

Unboxing, Optik, Haptik und Chassis

Die abgerundeten Längskanten, die wir auch schon bei den Vorgängermodellen vorfanden, sollen schädliche Kantendispersionen vermeiden und so bleibt sich Nubert zumindest beim Korpus einigermaßen treu, der als massive MDF-Box mit dem bekannten schwarzen oder weißen Schleiflack aufwartet. Wenig Aufregung, dafür mit Konstanz. Durch die Abmessungen von 30 cm Höhe, 18,5 cm Breite und 23,3 cm Tiefe (einschließlich Kühlrippen) ist die Box deutlich kompakter als eine A-300, aber deswegen nicht minder potent, wie wir gleich noch sehen werden. Damit enden dann aber auch die Gemeinsamkeiten.

 

Die Lautsprechereinlassungen und die Befestigungen haben sich nämlich geändert, zumal man jetzt die Schrauben der Frontmontage durch aufgesetzte und sauber eingepasste Ringe verdeckt und damit beim Hochtöner sogar noch recht smart eine Art angedeuteten Wave-Guide implementiert. Die Bassreflexöffnung befindet sich auf der Rückseite. Auch die Bedieneinheit mit dem OLED-Display hat zugelegt, doch dazu komme ich gleich noch. Mit den 6,6 Kilo pro Box hat man bereits ein ordentliches Schwergewicht, das auf insgesamt vier bereits angeklebten Gummifüßen sicher und rutschfest steht. Wer etwas anderes möchte, kann gern aufrüsten.

 

Die Chassis der Nubert nuPro X-3000 kommen immer noch von Peerless, wobei das dänisches Unternehmen nach dem Aufkauf durch Tymphany nur noch eine Marke ist und wie fast alle amerikanischen Ableger zu „made in China“ wurde. Zumindest bei Peerless tut dies der Qualität erst einmal keinen Abbruch. Zudem es immer recht praktisch ist, wenn man die z.B. die Chassis gleich dort produziert, wo man auf großen Neodym-Vorkommen sitzt. Seltene Erden sind zumindest dort gar nicht so selten und vor allem günstiger. Der Rest ist eine ansprechende Serienkonstanz, die Nubert bei einer kompletten Eigenproduktion wohl kaum so perfekt hinbekommen würde.  So aber kann man beruhigt auf Bestehendes aufsetzen und selbst noch weiter optimieren.

Für den Mittel/Tieftonbereich setzt Nubert auf ein neu entwickeltes 15-Zentimeter-Chassis mit einer Polypropylen-Verbund-Membran. Die sehr große Maximalauslenkung ermöglicht trotz des eigentlich geringen Membrandurchmessers der Treiber beeindruckend tiefe und knackige Bässe, weil es gelungen ist, die effektive Membranfläche weiter zu steigern. Ein verbessertes Rundstrahlverhalten und niedrigere Verzerrungen gibt es dann inklusive. Der Druckgusskorb und die Hinterlüftung unterdrücken recht effektiv einen möglichen Hitzestau, was wir später noch im Teardown sehen können. Damit kann die Belastbarkeit des Chassis vor allem im Dauereinsatz deutlich erhöht werden.

Der neu gestaltete Kalotten-Hochtöner mit dem gewohnten Durchmesser von 25 Millimetern besitzt eine noch eine effektivere Dämpfung und ein verbessertes Abstrahlverhalten, was sich sicher auch durch den angedeuteten Wave-Guide ergibt. Die (optionalen) Abdeckungen der Front verstecken dann genau diese beiden Treiber, die  jeweils von einer eigenen Endstufe angetrieben werden.

Verstärkerkonzept und Konnektivität

Ich gehe gleich noch beim Teardown auf die schaltungstechnischen Details ein. Vorab muss man jedoch zum besseren Verständnis wissen, dass es sich hier nicht nur um einfache Aktivlautsprecher mit elektronischer Weiche handelt. Nubert setzt auf einen D2-3(S) Audio SoC als Digitalen Soundprozessor (DSP). Alle analogen Signale werden bereits gleich nach dem Eingang in digitale gewandelt und der gesamte Verarbeitungsprozess erfolgt bis zur eigentlichen Endstufe komplett digital.

Dazu kommt auch eine ausgeklügelte Aktivweiche, die eine perfekte Phasenangleichung von Hoch-, sowie Mittel-/Tiefton ermöglicht und Gruppenlaufzeit-Probleme der Treiber faktisch gegen Null gehen lässt. Das Sprung- bzw. Impulsverhalten ist damit nahezu ideal. Bei den Endstufen handelt es sich um einen sogenannten UCD-Schaltverstärker (Universal Class D), der die Wirkungsweise eines analogen Schaltverstärkers erheblich verbessert. Mehr dazu gleich noch auf der nächsten Seite bei den Schaltungsdetails.

Die Rückseite ist von der Montageplatte geprägt, die neben den Kühlrippen für die Endstufen auch alle Anschlüsse beherbergt. Womit wir elegant bei der Konnektivität angekommen wären.  Insgesamt sechs digitalen Zugänge für Hi-Res-Signale sollten eigentlich in jedem Falle reichen. Zwei koaxiale, zwei optische Eingänge , sowie zwei USB-Ports  sind hier wirklich ausreichend. Der USB-B soll nicht nur HiRes-Auflösungen mit 24 bit / 192 kHz schaffen, sondern  DSD 64 beherrschen. Testen konnte ich es (vorerst nicht).

Der USB-A lässt sich durch das Anschrauben des mitgelieferten HDMI-Arc-Moduls zum echten TV-Begleiter erweitern und die Spannungsversorgung an diesem Port kann bis zu 1.5 Ampere bei 5 Volt bereitstellen. Damit ließe sich sogar noch ein Google Chromecast versorgen oder jeder brauchbare Ethernet- bzw. WLAN-Adapter, denn das Netzwerk bleibt ab Werk erst einmal außen vor, was wirklich schade ist. Der abgedeckte Service-Port ist allerdings für den Alltag tabu.

Interessant und neu ist auch der kombinierte XLR / AES Eingang, der per Umschalten wahlweise analog oder digital funktioniert. Dieser doch schon speziellere Anschluss ermöglicht durch die symmetrische XLR-Leitung besonders die Störfreiheit analoger Signale, vor allem bei langen Kabelwegen. Mein Mischpult und die Mikrofone freut es. Der digitale AES/EBU-Eingang ist das obere Ende der digitalen Anschluss-Kette und erlaubt das direkte Einschleifen eines Re-Clockers. Man muss zwar die geeignete Technik und ein geschultes Gehör besitzen, aber dann wird man mit einer noch besseren Auflösung belohnt.

Doch auch analog geht noch etwas. Ein normaler Cinch-Eingang ergänzt das Ganze um das Einspielen aus analogen Quellen. Allerdings ist die Eingangs-Empfindlichkeit nicht sonderlich hoch und beim Anschließen von Plattenspielern ergibt sich je nach Abtast-Art (piezo oder magnetisch) unter Umständen ein Pegel- bzw. Impedanzproblem, mit allen negativen Folgen. Da wird man ohne Vorverstärker bzw. geeignetem Plattenspielerausgang also nicht sehr weit kommen. Da zeigen Hersteller sogar im deutlich niedrigeren Preisbereich durchaus praktikablere Eingangsvarianten.

Den Link-Anschluss kann man zum Anschließen einer weiteren Box als Master-Slave System für den Stereobetrieb nutzen. Oder man verbindet die beiden Boxen durch eine interne, weitgehend latenzfreie und verlustfreie Drahtlos-Verbindung. Das gilt auch für den optionalen Subwoofer, den man analog oder drahtlos verbinden kann. Und sonst? Es gibt noch die übliche Bluetooth-Übertragung, wobei man ausschließlich auf AptX setzt. Hi-Fi geht damit durchaus, auch wenn es leichte Latenzen gibt, wenn man es am TV nutzt.

Ein echter Netzschalter trennt das Gerät auf Wunsch komplett vom Netz, passt also auch. Wobei die Standby-Leistungsaufnahme von bis zu 0,7 Watt (nachgemessen) pro Box noch vertretbar bleibt. Auf das Netzteil und die spezielle Lösung gehe ich aber gleich noch ein.

 

Bedienungskonzept und App

Das altbekannte Steuerkreuz samt der untergliederten Menüs ist besser und intuitiver zu bedienen als man vermuten könnte, da gibt es Schlimmeres.  Trotzdem wurden einige der Funktionen auch an eine App weitergegeben, zu der ich auch gleich noch komme. Das schwarz-weiße OLED-Display ist gut ablesbar und in der hellsten Stufe auch noch lichtstark genug, um bei aufgesetzter Frontabdeckung durchzuscheinen und erkennbar zu bleiben. Die Zahlen sind gut ablesbar.

Zugelegt hat auch die Fernbedienung, die jetzt optisch und auch haptisch eher an eine metallische Konstruktion erinnert und nur noch wenig vom alten Plastik-Charme der Scheckkarten älterer Generationen versprüht. Das kann man gern so lassen, es muss ja nicht immer ein von nordischen Jungfrauen handgefeilter Leichtmetall-Mono-Block sein. Die Tasten besitzen einen guten Druckpunkt, auch wenn die IR-Schnittstelle etwas verzögert und eigentlich auch nicht mehr zeitgemäß ist. Die Trefferquote bei großen Räumen ist da eher bescheiden.

  

Da nimmt der Nerd von Welt dann doch lieber die App zu Hilfe, die nach dem Pairing im BT-Modus auch ganz gut funktioniert. Die wichtigsten Einstellungen des System-Menüs bekommt man damit auch, was löblich und recht bequem ist. Leider arbeitet diese App mit einer recht großen Latenz und Dinge wie die Lautstärkeregelung arbeiten zum Teil auch nicht synchron. Manchmal beschert einem die Abfolge Touch in der App -> Master – Slave mit sehr starken Verzögerungen in der Summe eine nette Günther-Nubert-Gedächtnis-Sekunde, bis die Eingabe endlich auch am Ohr angekommen ist. Ok, gönnen wir uns diese Auszeit oder greifen doch besser zur Remote und dem Steuerkreuz an der Master-Box. Einmal beim App-Laustärkerad zu weit gedreht, weil das Resultat so extrem hinterherhinkt, kann man mit etwas die Pech die gesamte Nachbarschaft aufwecken. Dann helfen eigentlich nur noch Mute und eine Entschuldigung am Morgen danach.

Es gibt mittlerweile drei verschiedene Soundprofile, die man per Remote und App konfigurieren und umschalten kann; das ist Spitzenklasse und ungemein praktisch obendrein. Neben der Nubertsche Klangwaage, die Höhen und Tiefen linear an- oder absenkt, kommt in der App zusätzlich noch der neu implementierte 5-Band- Equalizer zum Einsatz. Schön ist auch der Hochpass (App oder Systemmenü), der eine Einstellung in 1-Hz-Zwischenschritten erlaubt. Das ist der Erste-Hilfe-Baukasten bei fiesen Moden, wandnaher bzw. Regal-Aufstellung oder zum Anpassen an den zusätzlichen Subwoofer, wenn man die Box von tieffrequenter Arbeit entlasten möchte, was die Maximalpegel bei Vollausteuerung dann aber in nahezu brutale Bereiche treibt.

Die Obergrenze dessen, was dann an den Subwoofer geht, lässt sich im System parallel dazu auch fein einstellen. Ich arbeite aktuell mit 90 / 98 Hz, denn ganz so schmalbandig sind die Filter nicht und ich kann damit eine Unart meines Raumes elegant ausgleichen.

Die Raumkorrektur über die App funktioniert aktuell nur mit dem iPhone, wobei laut Nubert an einem Aufsatz für Android gearbeitet wird. Allerdings ist der beste Aufsatz sicher Brain 2.0 mit zwei guten akustischen Sensoren an den Seiten. Wer seinen Raum ausmessen kann und / oder ein gutes Gehör besitzt, kommt mit den beiden Frequenzfiltern sowie dem 5-Band-EQ recht schnell recht weit. Auch ohne App und Apple. Und ja, ich habe mittlerweile den Drucker woanders aufgebaut, weil der Schrank darunter störte.  Aber wer hat schon Massivholz im Büro?

 

Wer noch mehr Details wissen möchte, darf sich vorm Teardown auch gern noch den Schnellstart-Guide einverleiben:

nupro-x-3000-4000-rc-inbetriebnahme-e12

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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