Heute habe ich drei Pasten von der Wunschliste meiner Leser getestet und war vom Ergebnis der ersten zwei Pasten regelrecht deprimiert. Bis mich die zuletzt getestete Paste dann doch wieder etwas aufgebaut hat. Getestet wurden etablierte Pasten wie die Noctua NT-H2, die Gelid GC-Extreme (in der blauen Tube) und die Thermalright TF7. Nun ist es ja so, dass bei mir im Test nicht der Ersteindruck zählt, sondern das, was die gemessenen Pasten wirklich leisten. Und genau hier klafft eine gewaltige Lücke zwischen Anspruch, Marketing, Preis und tatsächlicher Performance. Die Messbedingungen nach ASTM D5470-17 sind für alle gleich und bei Ausreißern und Auffälligkeiten mache ich jede Messung und Einbeziehung eines Zeugen noch einmal.
Bei der Gelid GC-Extreme muss ich allerdings noch eine kleine Vorbemerkung einfügen, denn die eher viskose (und beliebte) Paste der letzten Jahre in der gelben Tube ist nun überwiegend in einer blauen Tube verfügbar und extrem dünnflüssig. Es ist komplett ausgeschlossen, dass dies die gleiche Paste ist und ich war gerade dabei zu hinterfragen, ob nicht vielleicht eine Drittfirma hier ein Falsifikat vertreibt. Nein, soweit man es hinterfragen kann, nicht. Umso schlimmer.
Ein wichtiges Vorwort zur “Bulk-Wärmeleitfähigkeit” und falschen Marketing-Versprechen
Ich stelle jetzt bewusst zwei Zitate voran, die mir nicht nur aus der Seele sprechen, sondern auch mit meinen Labormessungen absolut überein stimmen. Viel mehr als 4 bis 5 W/(m·K) gehen mit konventionellen Pasten unter den üblichen Bedingungen auf einer GPU oder CPU in Bezug auf Schichtstärke, Temperatur und Druck nämlich überhaupt nicht. Weil diese Zitate ehrlich sind und leider der Realität entsprechen, werde ich diesen Part ab sofort als Standardzitat in allen Pasten-Tests aller Hersteller verwenden und voranstellen. Physik kann man nicht verbiegen.
Wer sich fragt, wie man überhaupt auf Angaben oberhalb dieser Grenze kommt, dem sei gesagt, dass man Testbedingungen durchaus so anpassen kann, dass man in die Nähe astronomisch hoher Zahlen gelangt. Nur hat das Testen im Eimer mit der Realität nichts zu tun, auch wenn man ein bekanntes Messverfahren nutzt. Ohne Kenntnis der genauen Umstände sind solche Wert komplett irreführend und sinnlos. Man könnte zwar vielen Anbietern zugutehalten, dass sie es einfach nicht besser wissen und nur die Datenblätter der OEM abschreiben, aber es macht eine Irreführung der Verbraucher auch nicht besser.
Die meist theoretisch bestimmten Wärmeleitwerte unterscheiden sich stark je nach Anwendung, da wichtige Faktoren wie Anpressdruck, Temperatur oder Oberfläche nicht einheitlich berücksichtigt werden können. All unsere Kühlprodukte geben daher seit dem 4ten Quartal 2020 keine konkreten Werte zur Wärmeleitfähigkeit mehr an. Wir setzen weiterhin auf die Testergebnisse unabhängiger Tests und Reviews, damit unsere Kunden einen realistischeren Eindruck unter vergleichbaren Umständen von der Leistungsfähigkeit unserer Produkte in der Praxis erhalten können.
Arctic
ARCTIC hat sich bewusst dafür entschieden, keine Werte zur Wärmeleitfähigkeit von Wärmeleitpasten und Wärmeleitpads anzugeben, da viele Hersteller diesen Wert erfinden, künstlich anheben oder beschönigen. Wärmeleitpaste hat eine Wärmeleitfähigkeit von 1 bis 4 W/mK. Werte außerhalb dieses Bereichs, wie zum Beispiel 12,5 W/mK, entsprechen nicht der Wahrheit. Viele Wettbewerber geben Werte über 4 W/mK an, um eine bessere Leistung zu suggerieren. Dies führt oft zu falschen Erwartungen und unzufriedenen Anwendern…
Echte Langzeitsimulationen (3000 Stunden in 1000 Zyklen bis 90°C ) sind vom Aufwand her nicht machbar. Deswegen kann ich nur Prognosen abgeben, die ich aber auch als solche verstanden wissen will. Es ist quasi unmöglich, wissenschaftlich fundierte Aussagen in nur wenigen Tagen zu treffen. Ja, man kann einen Trend feststellen und diesen anhand vorhandener Daten als Prognose skalieren, nur ist dies nichts, was wirklich belastbare Aussagen ermöglicht. Deshalb muss ich, so leid es mir tut, diesen eigentlich so wichtigen Punkt ausklammern. Allerdings werde ich, soweit es die Zeit zulässt, Community-Feedback mit berücksichtigen und die Äußerungen bzw. Langzeiterfahrungen Dritter zu gegebener Zeit als Anmerkung mit in die Datenbank einfügen, falls es nötig erscheint. Im positiven, aber auch negativen Sinne. Nur ist dies ein subjektiver Wert, der in einer Vergleichsdatenbank nichts zu suchen hat.
Noctua NT-H2
Die Noctua NT-H2 ist, laut des eigenen Marketings, eine weiterentwickelte Wärmeleitpaste, die auf der bewährten NT-H1 basiert. Sie verwendet eine Mischung von Metalloxid-Mikropartikeln, die eine noch geringere thermische Widerstandsfähigkeit bieten sollen, wodurch die Wärmeübertragung zwischen CPU oder GPU und Kühler optimiert werden soll. Die Paste zeichnet sich durch ihre einfache Anwendung aus, da sie nicht manuell verteilt werden muss. Sie ist nicht elektrisch leitend, was das Risiko von Kurzschlüssen minimiert, und bleibt über längere Zeiträume stabil, was sie besonders für anspruchsvolle Anwendungen, wie Overclocking oder den Einsatz in leisen Systemen, geeignet macht. Das sagt das Marketing, doch was sagt die Realität?
Die Paste ist mit fast 12 Euro (ohne Versand) für 3,5 Gramm jedoch die mit Abstand teuerste im Testfeld und wird in einer Noctua-typisch gestylten Box geliefert. An das Braun hat man sich ja mittlerweile gewöhnt und ich hätte es durchaus für witzig gehalten, hätte sich Noctua die Paste noch im firmeneigenen Braunton einfärben lassen. Wobei die dann möglichen Assoziationen dem wohl eher entgegensprechen. Geliefert werden neben der Tube noch drei Alkohol-Reinigungstücher, das war’s dann für den doch sehr sportlichen Preis. Ja, es geht sicher noch viel teurer, aber eben auch sehr viel billiger. Und ich stelle hier schon einmal in den Raum, dass es ein überteuerter Blender ist, der nur vom Image der Firma lebt. Harte Worte, die ich aber beweisen kann.
Gelid Solutions GC-Extreme
Die GC-Extreme in den gelben Tuben war jahrelang mein P/L-Tipp und sie lag zudem vielen Kühlern (z.B. Alphacool) als OEM-Paste mit bei oder war eigentlich die erste Kryonaut. Doch mit dem Auftauchen der ersten blauen Verpackungen hat sich auch der Inhalt der Tuben grundlegend zum Nachteil des Kunden verändert. Die ehemals viskose und lange haltbare Paste ist zu einem dünnflüssigen Brei verkommen, der mit dem ehemaligen Original nichts mehr zu tun hat. Auch hier spoilere ich vorab schon mal, dass ich es explizit als Produktwarnung verstanden wissen will.
Außerdem sind die über 7 Euro zzgl. Versand für die gelieferte Leistung eigentlich eine Frechheit, aber das erkläre ich gleich noch im Detail. Falls jemand noch an eine ungeöffnete gelbe Tube in OVP herankommt, darf mir die gern für einen Gegentest schicken. Aber Achtung, viele Shops haben noch die Produktbilder der alten Paste online, geliefert wird aber die in der blauen Tube.
Thermalright TF 7
Die TF8 hatte ich ja schon im Test, nun folgt auf vielfachen Wunsch die TF7, die mit etwas über 4 Euro für 2 Gramm (über Amazon Prime versandfrei) auch die günstigste Paste im Test ist. Auch diesmal liefert Thermalright wie bestellt, wobei der Preis ohne die ganzen Zwischenhändler natürlich unschlagbar ist. Das muss man zur Ehrenrettung der anderen Kontrahentinnen anmerken. Nur ändert das nichts am Umstand, dass die Paste sich auch in der Konsistenz deutlich von den beiden anderen abhebt. Und zwar positiv.
Die TF7 ist etwas weniger viskos als die TF8 und damit auch einfacher zu verarbeiten. Die TF7 ist damit auch von der Konsistenz her genau der Kompromiss zwischen Haltbarkeit und Anwenderfreundlichkeit, den die alte GC-Extreme mal berühmt gemacht hat. Auch das lasse ich jetzt erst einmal im Raum stehen und auf den Leser wirken.
Technische Daten
Lassen wir das Marketing mal beiseite und schauen auf die technischen Daten dieser Pasten. Wir sehen, dass die Angabe zur Wärmeleitfähigkeit fehlt oder falsch ist (rot). Die grün hinterlegten Spalten enthalten meine Messwerte, die grau hinterlegten die Herstellerangaben und das Zubehör
Technische Daten | Noctua NT-H2 |
Gelid GC-Extreme |
Thermalright TF7 |
Bulk-Wärmeleitfähigkeit λ | n/a | 8.5 W/(m·K) | 12.8 W/(m·K) |
Effektive Wärmeleitfähigkeit λeff, | 2,920 W/(m·K) | 2,897 W/(m·K) | 3,916 W/(m·K) |
Wärmeleitpartikel | Zinkoxid (ZnO) Aluminium-Oxid (AL2O3) Silikonöl |
Zinkoxid (ZnO) Aluminium-Oxid (AL2O3) Silikonöl |
Zinkoxid (ZnO) Aluminium-Oxid (AL2O3) Silikonöl |
Viskosität | eher flüssig | eher flüssig | normal |
Farbe | hellgrau | hellgrau | grau |
Zubehör |
Reinigungspads | Spatel | Spatel |
Gebinde |
Box | Plastiktüte | Plastiktüte |
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