Grundlagenartikel Netzteile Testberichte

Auf Entdeckung: Wie sichere, haltbare und leise Netzteile entwickelt werden | Retro

Leise Komponenten = leises Netzteil?

Landläufig stellt man sich diesen Punkt meist so vor: Es gibt aktive, semi-passive oder passive Netzteile. Bei den aktiven und semi-passiven baut man einen möglichst leisen und dabei trotzdem ausreichenden Lüfter ein und fertig ist das tolle, neue Netzteil. Weit gefehlt, denn allein für die Optimierung des Betriebsgeräuschs können Tage und sogar Wochen vergehen. Denn es gibt weitaus mehr Schallquellen und Wechselwirkungen innerhalb des Netzteilgehäuses, als man denken mag.

Genau deshalb darf man auch die anderen Geräuschquellen im Netzteil nicht außer auch lassen, denn je leiser beispielsweise ein Lüfter arbeit, um so eher hört man dann andere Geräusche. Selbst zu diesem Zeitpunkt kann man noch in einem gewissen Rahmen schaltungsspezifische Änderungen vornehmen und auch andere Bauelemente oder Komponenten testen.

Wir konnten den Ingenieur von be quiet! zwei Tage lang begleiten und auch sehen, wie aufwändig eine Optimierung im reflexionsarmen Raum wirklich ist. Da be quiet! beim Straight Power E10 einen komplett neuentwickelten Lüfter verwendet, muss für jede einzelne Wattklasse und die einzelnen Laststufen auch die Lüftersteuerung individuell angepasst werden.

Wie hoch muss eigentlich die Anlaufspannung sein, damit der Lüfter noch sicher anläuft? Und wie muss der Kurvenverlauf gestaltet werden, damit alle Lasten und Überlasten auch unter erschwerten Bedingungen sicher gekühlt verkraftet werden können? Der Fertiger ändert dann bei Bedarf in wenigen Minuten die Schaltung und das Testen beginnt von vorn – und das geht solange, bis das Optimum erreicht ist.

Der Testraum bei FSP besitzt dafür übrigens die für Besucher sehr unangenehme Eigenschaft, nicht nur den Schall zu schlucken, sondern auch hohe Temperaturen zu produzieren. Am Ende standen für das sichere Anlaufen der Lüfter weniger als 200 U/min auf dem Display. Das ist ein ein so guter Wert, dass man damit fast schon semi-passive Lösungen ad absurdum führt, weil man solche Lüfter einfach nicht hört. Dies haben wir im schwitzigen Selbstversuch mit einem sehr flauen Gefühl des Eingesperrtseins in der Praxis ausprobieren dürfen.

Man hört in solchen Situationen einfach alles – nicht nur die Lüfter, sondern auch beispielsweise Spulen und Kondensatoren. Also genau das, was unsere Leser immer gern als „elektrisches“ Geräusch bezeichnen. So ganz unrecht haben sie damit ja auch nicht – nur das wir bei diesem Modell nichts hörten.

Im Übrigen lässt sich auch das Verhalten der häufig genutzen Luftleitfolien ganz gut akustisch und thermisch austesten. Wenn ein Netzteil mit dem entsprechenden Aufwand geplant und die Wechselwirkungen der bestückten Platine samt ihrer Baulelemente sowie von Gehäuse und Lüfter selbst berücksichtigt wurden und werden, dann sind solche nachträglichen Kunstgriffe absolut überflüssig und zeugen nur von einer später hastig ausgeführten kosmetischen Korrektur einer ansonsten wohl eher unzulänglichen und kostensparenden Entwicklungsarbeit.

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Case39

Urgestein

2,501 Kommentare 928 Likes

Wow! Danke für diese tiefen Einblicke in die NT Entwicklung. Sowas gibt es nur bei igors Lab👌

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konkretor

Veteran

297 Kommentare 300 Likes

Erinnere mich noch an den Artikel. Sehr schön aber mit 7 schon Retro so alt ist das doch gar nicht......

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Igor Wallossek

1

10,185 Kommentare 18,779 Likes

Naja, damals noch TH Deutschland. Das ist schon arg Retro. Ich konnte die Artikel nur bis zu einem gewissen Punkt retten, weil damals die Franzosen den Bilderserver abgeschaltet hatten. Einer der Gründe, warum die Amis nicht migrieren wollten. Nur Chaos. Den Großteil ab 2010 habe ich per http quasi "außenrum" runtergesichert, weil nicht mal mehr Passwörter für den Server existierten. :(

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Lucky Luke

Veteran

405 Kommentare 181 Likes

Ich kann mich auch noch daran erinnern. Umso besser, das du diesen Artikel noch retten konntest.
Sehr interessant in mal wieder durchflogen zu haben.
Wo sind nur die Jahre geblieben. Wahnsinn wie schnell die Zeit vergeht.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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