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Märchenstunde mit sagenumwobenen Kohlenstoff-Nanotubes: EC360 Ruby, Nuomi SYY-157 und Thermalright TF4 im Wärmeleitpasten Test

Jaden Technologies EC360 Ruby

Dieses Paste gewinnt zwar den heutigen Dreier-Test mit einem kleinen Vorsprung, ist aber dafür auch mit der größeren Marketing-Lüge gekoppelt. Es handelt sich nämlich um eine stinknormale, nicht sonderlich hoch befüllte Aluminiumoxid-Zinkoxid-Paste (Bild 1), die sich sehr leicht zusammenpressen lässt (Bild 2). Das mit den CNT ist schlichtweg falsch, genauso wie die Angabe zur Bulk-Wärmeleitfähigkeit. Über die Langzeithaltbarkeit darf dann auch noch munter spekuliert werden, weil es einfach viel zu viel Silikon für zu wenig Füllung ist (System Asus-Grafikkarten). Wir sehen unten im dritten Bild auch noch den Abriss nach nur 20 Zyklen zwischen 10 und 120 °C, denn diesen Aufwand habe ich mir dann dieses Mal doch gegönnt. Ich möchte auch nicht wissen, wie das dann nach 3000 Zyklen aussehen würde. Lieber nicht, das Zeug fängt jetzt schon an, hart zu werden.

Vergleicht man die technischen Daten der Abfüller und Weiterverkäufer, sowie die Anwendererfahrungen und Tests, wird hier wohl alles auf eine umgelabelte Halnziye HY-P13 oder etwas Ähnliches hinauslaufen, die man in China für einen sehr schmalen Taler im Original bekommt. Designed in Germany? Selten so gelacht. Aber nun ja, auch diese Aussage passt perfekt ins Bild.

Nuomi SYY-157

Obwohl die Paste nominell mit 15.7  W/m·K noch höher belogen wurde als die EC360 Ruby ist sie sogar schlechter. Sowohl in den Messungen als auch den Kühlsimulationen. Von Kohlenstoff keine Spur, hier hat man wohl einfach in China zu viel Reisschnaps getrunken, was die Sache aber nicht besser macht. Die Paste ist etwas höher befüllt und auch leicht viskoser als die schwimmende Ruby (Bild 1), aber auch sie lässt sich noch leicht verpressen (Bild 2). Der Abriss erfolgt ähnlich trocken, wenn man mal einige Zyklen absolviert hat. Reliable wäre die Paste eigentlich nur, wenn man sie dann mit dem Finger wieder verschmieren könnte. Ging aber nur teilweise, da die Paste bereits angetrocknet ist (Silikon ausgegast).

Thermalright TF4

Die TF ist etwas höher befüllt als die EC360 Ruby (Bild 1) und etwas weniger als die SYY-157. Das Bild 3 zeigt auch nach 20 Zyklen bis 120 °C noch eine schmierfähige und auch nur leicht angetrocknete Paste, die sich trotz der 20 Zyklen noch besser anfühlt als die beiden anderen Wunderpasten. Die Performance ist unteres Mittelfeld, aber man hat sich beim Marketing auch nicht so extrem verhoben wie bei den beiden anderen Pasten. Trotzdem würde ich statt der TF4 lieber die TF7 verwenden, wenn es etwas von Thermalright sein soll. Einfach deshalb, weil sie einen solideren Eindruck hinterließ und für nur einen klitzekleinen Aufpreis bereits im guten Mittelfeld verortet ist.

Zusammenfassung und irreführende Werbung

Schlimm und unentschuldbar ist die Angabe mit den ausgelobten CNT, also den Kohlenstoff-Nanotubes bzw. Kohlenstoffpartikeln bei der EC360 Ruby und der Nuomi SYY-157, denn beide Anbieter wissen sehr genau, dass diese Angabe komplett falsch ist und nicht den Tatsachen entspricht. Normalerweise hat Werbung das Ziel, Produkte oder Dienstleistungen in einem möglichst positiven Licht darzustellen, um potenzielle Kunden zu überzeugen. Dabei darf jedoch nicht wie in diesen beiden Fällen der Punkt erreicht werden, an dem die Verbraucher oder andere Marktteilnehmer getäuscht werden.

Diese Form der irreführenden Werbung ist ein zentraler Begriff im Lauterkeitsrecht, das im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geregelt ist. Das UWG legt fest, welche Handlungen im wirtschaftlichen Wettbewerb erlaubt sind und welche nicht. Ein wesentliches Prinzip dieses Gesetzes ist nun einmal das Verbot der Irreführung. Dieses Verbot stellt sicher, dass Unternehmer ihre potenziellen Kunden nicht täuschen, um sie zu einer geschäftlichen Entscheidung zu bewegen, die sie unter anderen Umständen nicht getroffen hätten, wie beispielsweise den Kauf einer Wärmeleitpaste.

Denn irreführende Werbung liegt immer dann vor, wenn eine geschäftliche Handlung unwahre oder zur Täuschung geeignete Angaben enthält wie z.B. die falschen, nicht enthaltenen Inhaltsstoffe oder eine nicht korrekte Wärmeleitfähigkeit. Diese Angaben beziehen sich auf Tatsachen, die grundsätzlich nachprüfbar sind und sei es durch ein Review wie meins. Wenn ein Unternehmer also in seiner Werbung falsche Tatsachen behauptet oder sich so ausdrückt, dass Verbraucher dadurch getäuscht werden könnten, handelt er irreführend. Punkt. Es wäre sicher zielführend, hier einen der Verbraucherverbände mit ins Boot zu holen.

Fazit

Es wäre sicher besser gewesen, wenn es gar keinen Grund gegeben hätte, den heutigen Artikel in dieser Form zu schreiben. Aber sowohl die EC360 Ruby als auch die Nuomi SYY-157 werden mit Eigenschaften beworben, die fernab der Realität liegen. Die Mogelei mit den schöngerechneten Wärmeleitfähigkeiten bei allen drei Pasten ist eine andere Sache, aber auch das lässt sich schnell widerlegen. Dass die Pasten-OEMs die Messaufbauten so anpassen, dass man auf diese Werte kommt, macht das Ganze für den Kunden allerdings auch nicht besser. Genau dieser Desinformation will ich aber aktiv begegnen und messe deshalb exakt so, wie es die großen Global Player auch tun. Denn deren Werte stimmen, meine auch.

Die EC360 Ruby ist eine mittelmäßige Paste, die aber zumindest für eine begrenze Zeitspanne auch das tut, was man von ihr erwarten kann. Preiswert ist sie allerdings nicht, da gibt es bessere und wohl auch haltbarere Pasten, denn diese Paste ist nicht hoch befüllt, sondern schwimmt vor Öl. Die SYY-157 ist eine ähnliche Mogelpackung, die sogar noch etwas schlechter performt und dabei deutlich teurer ist als die anderen Pasten. Diese Paste ist ein arroganter Blender, der mehr vorgibt, als er im Alltag halten kann. Also ist dies eine klare Nichtkaufempfehlung für beide Pasten.

Die TF4 ist zwar kein Reinfall, aber ich würde sie nicht kaufen. Wer zu billig kauft, kauft wie immer zweimal. Dann lieber die TF7 oder ein anderes Mitbewerberprodukt für einen klitzekleinen Aufpreis. Die 4 Gramm für 3 Euro ohne Versandkosten (Prime) sind zwar verlockend, aber nicht sonderlich gut angelegt. Damit bin ich für heute auch schon wieder durch. Noch rund 10 Pasten, dann reicht es auch als erste Basis für die Datenbank.

Ich verweise aber auch an dieser Stelle noch einmal auf meine Bitte nach weiteren Pasten, Pads und Putties, denn die Auswahl und der Vorrat können nie groß genug sein. Allerdings sind diese Dinge bitte vorher per PN abzusprechen, um Doubletten zu vermeiden!

 

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Kommentar

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Omega

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11 Kommentare 2 Likes

Danke für den Test, schon traurig wie hart hier von den Herstellern getrickst wird…

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pinkymee

Veteran

132 Kommentare 159 Likes

Immer wieder erschreckend, was hier so verkauft werden darf. Danke für den aufklärenden Test.
Zum Glück hab ich mir gleich nach dem Test der TF8, diese auch für genau 5 Taler beim großen A besorgt. Inzwischen gibt es die nicht mehr direkt bei A und da wo sie noch angeboten wird, zu abartigen Mondpreisen. Man darf nach solchen Tests echt nicht lange warten, sonst bestraft einen die Gier der Anbieter erneut, die hier offensichtlich mitlesen ......

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S
Schussmann

Neuling

2 Kommentare 1 Likes

Leider funktioniert diese Marketing Lüge ja perfekt. Wo gab / gibt es denn solche sehr genaue fundierte Tests bisher ? Ich persönlich würde solche Verkäufer ( Hersteller , Inverkehrbringer ) sehr laut öffentlich Anprangern und den Verbraucherschutz Einschalten. Mann darf halt nun mal nicht Vergessen die meisten Lesen nicht mehr bevor sie was Kaufen und daher läuft diese Gelddruckmaschine ja so perfekt. . Die bisher erfolgten Test beweisen ja das etwas in der Branche passieren muss.

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A
AkShen

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34 Kommentare 5 Likes

Ist das nicht eher so, dass die Shops erhöhte Klickraten und Absatzzahlen erkennen und dann automatisiert (Angebot/Stocks und Nachfrage/Abverkauf) die Preise anziehen? Ich meine mich erinnern zu können, dass Amazon sogar anhand des Devices des Aufrufenden die Preise anpasst. Also Apple = teurer / Google = günstiger usw.

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e
eastcoast_pete

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1,896 Kommentare 1,192 Likes

Die Maßregel "je geschwurbelter das Marketinggerede, desto schlechter die Wärmeabfuhr" setzt sich also fort.

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DrDre

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Schon sehr unverschämt das ganze.
Leute die sich nicht auskennen oder belesen
werden dann schön abgezockt 😒

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Midnight Angel

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148 Kommentare 112 Likes

Nicht ganz; die Marketingblubbermärchenpasten performen - zumindest zunächst - ja besser als die unverblubberte TF4.
Es zeigt sich nur: Jeder Euro, der ins Marketing gesteckt wird, ist ein Euro, der ins Marketing gesteckt wird - und nicht ins Produkt.

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DMHas

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73 Kommentare 37 Likes

Ist schon interessant, wie hier das blaue vom Himmel gelogen versprochen wird. Ohne diese Tests würden das nicht an die Öffetnlichkeit kommen. Nochmals Danke @Igor Wallossek !

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Wie jetzt?

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68 Kommentare 53 Likes

Diese Testreihe ist einfach nur ... der Hammer, absolut endgeil. Was hier so alles enttarnt und abgewatscht wird - herrlich. Man sollte das wahrhaftig in jeden PC-Foren-Thread zum Thema Kühlung verlinken. Ich hoffe sehr es findet sich für die wirklich wertigen Produkte wie die TC5888 oder das PTM7950 auch mal wenigstens ein seriöser deutscher (oder auch österreicher) Händler. Es ist nicht ganz einfach da an die Originale zu kommen und nicht irgendwelche "Nachahmer" zu erwischen. Zumindest beim PTM7950 ist mir das nicht gelungen, hier kam ein Pad mit 0,2mm Schichtstärke an, also trotz toller und Original erscheinender Verpackung nur ein Nachahmer.

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RedF

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5,161 Kommentare 2,962 Likes

Echt peinlich.

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3 Globuli (Nanotubes) auf die Tonne pampe?

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Igor Wallossek

1

10,954 Kommentare 20,770 Likes

Mich würde wirklich mal interessieren, was das CERN da angeblich nutzt und wo es wirklich herkommt, falls und ob. Leider habe dorthin keine Kontakte.

PS:
Ich habe beim DLR mal einen guten Schraubendreher liegengelassen. Ich könnte ja jetzt auch behaupten, das DLR arbeite mit Tools von mir, nur weil ich meinte, Nachschicken muss jetzt auch nicht sein... :D

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roccale

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121 Kommentare 70 Likes

very interesting as always Igor.
the market is full of deceptive products.
you miss the thermalright TFX...

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Igor Wallossek

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10,954 Kommentare 20,770 Likes

Later, too much Thermalright inside :D

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echolot

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1,199 Kommentare 942 Likes

Klasse Test Igor. Warum empfhielst Du die TF7 anstatt der TF8 gegenüber der TF4, über deren Wärmeleitfähigkeiten wir hier nicht diskutieren müssen? Mir ist unbekannt wann die TF4 auf den Markt kam und wie sie sich mit Altersgenossen schlagen würde.

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konkretor

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321 Kommentare 329 Likes

Also hat vielleicht jemand mal vom Cern da ne Tube bestellt und jetzt wird Werbung damit gemacht . Heißt ja gar nichts.

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pinkymee

Veteran

132 Kommentare 159 Likes

Vermutlich ist es inzwischen sogar noch ausgefuchster geworden ;)

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pinkymee

Veteran

132 Kommentare 159 Likes

Interessante Frage. Ja warum eigentlich?

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Igor Wallossek

1

10,954 Kommentare 20,770 Likes

Weil sie für den Normalo noch die am besten zu verarbeitende Konsistenz hat. Die TF8 ist schwieriger. Ich schrieb ja in deren Test: Skills needed :D

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DigitalBlizzard

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3,272 Kommentare 2,282 Likes

Da gehen über Ellens Lädchen in Duisburg beim Weltunternehmen Coolsierra/ Jaden Tech ja jetzt die Alarmglocken los.
Wer hat das Carbon geklaut, und geht die Märchenstunde beim Cern weiter?

Klar bestellt der Large Hydron Collider hier

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wo auch sonst.
ich denke die haben alle ihre Nanotubes ans Cern geliefert.
Und warum wechselt eigentlich ständig die Geschäftsführung innerhalb der Familie?
Ist ja nur ne halbe Stunde weg, muss ich direkt mal vorbeischauen, vielleicht lerne ich was, oder finde den Sack mit dem Carbon.

Dieses Marketing geseiere ist wirklich der Burner

Aber bescheiden sind sie geblieben, Hut ab, wie man oben sieht, mit den Referenzen

würden andere hier residieren

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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