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Leistungsaufnahme: TDP, TBP und TGP bei Nvidia und AMD-Grafikkarten nachgerechnet samt Zerstörung einer PR-Folie | igorsLAB

Was steckt wirklich hinter den Angaben zu Thermal Design Parameter (TDP) bzw. GPU Power sowie Total Board Power (TBP) bzw. Total Graphics Power (TGP), bei den Grafikkarten von AMD und Nvidia und wer hält sich wie an die selbst gesteckten Vorgaben? Hier gibt es jetzt die Antworten...

Speicher und Speichercontroller

Beim Speicher ist die Sachlage klar, denn man kann pro Modul GDDR6, egal ob nun Samsung oder Micron, ca. 2 Watt ansetzen. Das macht bei 8 GB Speicherausbau dann 16 Watt, mit denen man rechnen kann und muss. Etwas verzwickter wird es mit dem Speichercontroller, denn der sitzt in der GPU, erzeugt ebenfalls Abwärme und müsste deshalb eigentlich in der TDP mit erfasst werden, wenn man den Begriff Thermal Design Parameter wörtlich nimmt. Doch weder AMD noch Nvidia lassen sich hier in die Karten gucken und legen die jeweiligen Werte offen.

Nvidia versorgt den Speicher über die Phasen für MVDD und den Speichercontroller gleich mit. Das kann man schwerlich aufdröseln, es sei denn, man misst dort Spannungen und Ströme vorher im Stück und zieht den Speicher wieder ab. Bei AMD gibt es auf der Radeon VII zwei Sourcen, nämlich  VDDRC für den HBM und VDDCI, auf den Vega-Karten auch MVDD und VDDCI. MVDD bzw. VDDRC versorgen jeweils den Speicher und VDDCI ist reichlich speziell, aber leistungsmäßig kein großer Posten, obwohl wichtig.

Diese Spannung dient bei AMD nämlich dem GPU-internen Pegelübergang zwischen dem GPU- und dem Speichersignal, ist also quasi so etwas wie die Spannung zwischen dem Speicher und dem GPU-Kern auf dem I/O-Bus. Und wo hängt dann bei AMD der Speichercontroller? An beiden! Der Controller bezieht die Versorgung nämlich aus beiden Sourcen, was sich in diesem Fall nicht mehr sauber auftrennen lässt. Da ich aber den Speichercontroller als Teil der GPU betrachte, ist dieser Posten eh bei der TDP mit einzupreisen.

 

Schätzung der TDP für die einzelnen Grafikkarten

Zunächst greife ich erst einmal auf das Foto der Kollegen von Hardwareluxx zurück, die von Nvidia mit einer interessanten Folie beglückt wurden, welche sowohl die Gesamtleistungsaufnahme als auch den GPU-Part zeigen soll. Nur sind die Angaben zu den GeForce Karten von meiner Seite aus so nicht nachprüfbar, weil wir nur die Founders Edition verwenden können, die aber andere Gesamtleistungsaufnahmewerte aufweisen.

Um es mal zu vereinfachen, nutze ich für diese, zugegebenermaßen stark vereinfachte Berechnung, die GeForce RTX 2080 FE, die RTX 2070 FE und die RTX 2060 FE die auch Nvidia in einer eher ominösen Berechnung gegen die neuen Navi-Karten gestellt hat. Da ich deren Schaltungsdetails und Messwerte nicht kenne, wird es schwieriger und damit auch spekulativer, weil ich auf Nvidias Kalkulation zurückgreifen muss. Das ist also alles eher eine Schätzung, denn erst nach den ersten eigenen Tests, kann ich auch mehr wissen. Aber sich kommt dem Ganzen trotzdem recht nahe.

Das Einzige, was ich direkt von der Gesamtleistung bei 12 Volt abziehe, sind die PWM-geregelten Lüfter. Da ansonsten alle Baugruppen eine niedrigere Spannung benötigen, muss diese über einen oder mehrere der vielen Spannungswandler generiert werden. Die Effizienz aller Spannungswandler setze ich in der Summe nach Informationen der Boardpartner bei den großen Karten mal mit 83% und bei den kleineren mit 85% an, da ich vermute, dass auch bei AMD wieder auf SPS gesetzt wird.

Beim RAM ist der Wert von 16 Watt bis auf die geringer bestückte RTX 2060 (12 Watt) bei allen Karten realistisch, weil er damit den Specs entspricht. Die sonstigen Verluste ergeben sich aus einem Mix aus echter Messung und Schätzung für Baugruppen, die aus Erfahrungswerten oder Datenblattangaben resultieren. Bei den AMD-Karten habe ich auf Werte der Vega 64 und RX 590 zurückgegriffen. Damit ergibt sich dann folgendes, natürlich rein hypothetisches Bild:

  RTX 2080 RTX 2070 RTX 2060 RX 5700XT RX5700
TBP (Messwerte)
225 W 185 W 160 W 225 W 180 W
Lüfter – 8 W – 8 W – 6 W -9 W – 7 W
  = 217 W = 177 W = 154 W = 216 W = 173 W
VR Verluste – 37 W (83% Eff) – 30 W (83% Eff) – 23 W (85% Eff) – 37 W (83% Eff) –  29 W (83% Eff)
Speicher – 16 W – 16 W – 12 W – 16 W – 16 W
Sonstiges – 8 W – 8 W – 5 W – 6 W – 6 W
TDP (hypothetisch)
156 W 123 W 112 W 157 W 122 W

 

Jetzt wird es durchaus interessant. Die Werte von Nvidias Karten, bei denen ich ja vieles messen konnte, stimmen fast deckungsgleich mit dem überein, was auf der Folie angegeben wurde, denn meine gemessene Gesamt-Leistungsaufnahme bei der RTX 2080 FE und 2070 FE lag ja auch etwas höher, während sich die RTX 2060 FE deckt. Wenn ich jetzt allerdings die Abschläge von der Gesamt-Leistungsaufnahme bei Nvidia in identischem Maße bei den AMD-Karten ansetze, dann liegen meine Rechenwerte deutlich niedriger. So falsch können sie aber nicht sein, denn es steckt ja die gleiche Methodik dahinter, wie auch bei den GeForce RTX.

Nehmen wir nun einmal die Radeon RX 5700XT. Das klafft eine Differenz von 23 Watt zwischen dem, was Nvidia auf der Folie angibt und meinem Rechenwert. Nur ist mein Wert deutlich plausibler, denn würde die TDP wirklich mit 180 Watt anzusetzen sein, dann dürften die Spannungswandlerverluste nur noch ca. 13 bis 14 Watt betragen, was technisch überhaupt nicht machbar wäre. Denn RAM und Lüfter braucht man ja immer, eine Speisung des restlichen PCBs auch. Die Werte, die Nvidia auf der Folie angibt sind somit komplett unlogisch und mit ein wenig Nachdenken auch sofort als Fehlinformation zu erkennen.

 

Fazit

Traue keiner Statistik Folie, die Du nicht selbst gefälscht hast! Was ich nämlich nicht verstehe, ist die Verwendung dieser Daten bei der so simplen Nachvollziehbarkeit des Rechenweges, der es zudem fast jedem schnell erlaubt, die Werte sogar auch ohne große Messungen zu überprüfen. Falls die Angaben jedoch wirklich in dieser Form von AMD stammen, dann hat deren Abteilung „Tarnen und Täuschen“ ganze Arbeit geleistet und bei Nvidia einfach jemand gepennt. Denn beide Werte ergeben nach etwas Überlegung einfach keinen Sinn. Und die wundersame Vermehrung überlassen wir dann doch lieber der Kirche, die auf so etwas schon seit Jahrhunderten bestens spezialisiert ist.

 

 

 

 

 

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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