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Leistungsaufnahme: TDP, TBP und TGP bei Nvidia und AMD-Grafikkarten nachgerechnet samt Zerstörung einer PR-Folie | igorsLAB

Was steckt wirklich hinter den Angaben zu Thermal Design Parameter (TDP) bzw. GPU Power sowie Total Board Power (TBP) bzw. Total Graphics Power (TGP), bei den Grafikkarten von AMD und Nvidia und wer hält sich wie an die selbst gesteckten Vorgaben? Hier gibt es jetzt die Antworten...

Spannungswandlerverluste

Dies ist ein leidiges und immer wiederkehrendes Thema, denn analog zum normalen ATX-Netzteil ist die Effizienz dieser DC/DC-Wandler nie 100% und liegt bei den Schaltungen auf der Platine sogar deutlich unter der Effizienz eines guten 80-Plus-Netzteils. Die Gründe dafür sind vielseitig und liegen auch in der breiteren Fächerung in verschiedene Phasen begründet. Während man sich beim 12-Volt-Strang eines normalen ATX-Netzteils mit dicken Low-Impedance Kondensatoren und einigen wieselflinken Feststoffkondensatoren behelfen kann, erfordern Spannungen um die 1 Volt (und darunter) einschließlich der geradezu riesigen Ströme komplett andere Schaltungslayouts.

Die Spannungswandler (Low- und High-Side) sind entweder diskret als  Einzel- oder Dual-MOSFETs aufgebaut, oder setzen auf sogenannte Smart-Power Stages. Je nach Schaltungs-Design, Komponentenauswahl, Schaltfrequenz und natürlich der Kühlung liegt die theoretische Effizienz an dieser Stelle noch bei ca. 90% oder sogar etwas darüber. Allerdings bringt eine größere Anzahl an Phasen auch Probleme mit sich, da sich die Verluste ja breiter streuen.

Nicht ganz zufällig ist Nvidia vom sogenannten Phase-Doubling wieder abgerückt, wo die bis zu acht echten Phasen, die so ein PWM-Controller bereitstellen kann, mittels sogenannter Doubler-Chips quasi verdoppelt wurden, indem man die neu generierte Phase einfach phasenverschoben ansteuert. Mittlerweile gibt es jedoch auch PWM-Controller, die den parallelen und damit phasengleichen Betrieb mehrerer Spannungswandlerkreise erlauben. Im nachfolgenden Bild sehen wir links einen hochintegrierten Smart Power Stage (SPS) mit integrierter High- und Low-Side, sowie Gate-Treiber und Schottky-Diode. Rechts sehen wir zwei diskret aufgebaute Phasen mit jeweils einem MOSFET auf der High-Side (Q681 und Q684) und einem parallel arbeitenden Paar auf der Low-Side (Q686+Q685 und Q683+Q682), sowie jeweils einen externen Gate-Treiber (U630 und U631)

 

Da man aber hier nicht mehr mit Kondensatoren allein auskommt, um eine qualitativ hochwertige und rippelfreie Spannung am Ende der PWM-Nodes hinzubekommen, wird die Glättung jedes Spannungswandlerkreises mit einem LC-Glied (Spule + Kondensator) realisiert. Diese Spulen haben sowohl einen elektrischen als auch einen induktiven Widerstand, der die Effizienz noch einmal deutlich nach unten drückt. Klingt unlösbar, ist es übrigens auch, denn man kann ja die Querschnitte der Wicklungen nicht endlos erhöhen. Zumal die Induktivität ja bleibt. Im Bild unten sehen wir links eine typische Spule für die GPU-Phase und recht eine mit höherer Induktivität für den Speicher.

 

Dazu kommen natürlich noch Gleichlauf- und Balancing-Probleme, je mehr Phasen man so verdongelt. Mittlerweile sind jedoch die PWM-Controller in der Lage, bei Niedrig- und Teillasten die Auslastung und Nutzung der Phasen intelligent zu steuern. Trotzdem bleibt am Ende für das gesamte Board und alle darauf arbeitenden Spannungswandler (GPU, Speicher, SoC, Teilspannungen, Peripherie uvm.) ein durchschnittlicher Wirkungsgrad von 78 bis 85% übrig, mehr nicht. Die RTX 2080 Ti aus unserem Beispiel nimmt zwar insgesamt 275 Watt an Leistung auf, kann aber effektiv davon nach allen Spannungsumwandlungen nur ca. 228 Watt nutzen. Hier gehen allein 47 Watt an Abwärme bereits bei der Spannungsversorgung der ganzen Quellen verloren, egal, wie sich das Ganze nachher aufteilt!

 

Der gläserne Spannungswandler – DCR

Um die Balance abzusichern und um die einzelnen Regelkreise auch kontrollieren zu können, benötigt man ein spezielles Verfahren. Das Schlagwort heißt DCR (Direct Current Resistance). Am Ende weist jedes Bauelement diesbezüglich ja ganz bestimmte Charakteristika auf. Um es aber einmal abzukürzen: DCR ist die Basis, um Temperaturen und Ströme zu kalkulieren oder zu messen. Doch wie erfährt der Controller nun genau, welche Ströme in welchem Regelkreis fließen? Das Monitoring kann unterschiedlich sein, denn es gibt – wen wundert es – verschiedene Methoden dafür.

In meinem Artikel „Nvidia GeForce RTX 2080 Ti – Interne Details zur Spannungsversorgung, abweichenden Komponenten und wo die Spikes geblieben sind“ hatte ich ja Nvidias Referenz-Design für die Spannungsversorgung gelobt, zu Recht übrigens. Dort liest man auch was von den Smart Power Stages (SPS) und IMON (Strom), allerdings hatte ich mir damals bestimmte Details dann doch geschenkt. Die reiche ich jetzt mal nach, denn IMON ist ja genau das, was die sogenannte MOSFET DCR (DrMOS) liefert!

8 + 2 Phasen-Design mit Smart-Power-Stages

Das Bild oben zeigt das typische Layout mit den intelligenten SPS, die für jeden einzelnen Regelkreis mit IMON den Wert für die Stromstärke (current) liefern, den man für das perfekte Balancing, also das Gleichgewicht zwischen den Phasen, so dringend braucht. Wie die SPS diesen Wert ermitteln? Es werden die Drain-Ströme der MOSFETS in Echtzeit gemessen und diese Werte sind zudem auch extrem genau (im Beispiel oben 5 μA/A Signal).

Diese sehr kostenintensive Lösung ersetzt die deutlich günstigere Inductor DCR, also eine Strommessung über den induktiven Widerstand der jeweiligen Filterspulen im Ausgangsbereich. So eine Lösung verwendet Nvidia zum Beispiel für preiswerte Karten (Symbolbild unten), wo es etwas gemächlicher beim Stromfluss zugeht. Die Genauigkeit dieser Lösung ist allerdings deutlich geringer und wird zusätzlich noch durch Schwankungen der Bauelemente-Güte sehr stark beeinflusst. Zu große Toleranzen können also schnell auch einmal die komplette Balance kippen!

Diskrete Schaltung mit 2x Low-Side + 1x High Side Einzel-MOSFETs

Die Qualität der Spulen ist immer so eine Geschichte für sich und es erklärt auch, warum es immer wieder zu Problemen und Ungenauigkeiten kommt. AMD hat jahrelang auf diese Inductor DCR gesetzt, die aber nicht mehr als eine grobe Schätzung ist und vor allem bei höheren Temperaturen zunehmend ungenauer wird. Erst die Radeon VII nutzt (dafür umso teurere) SPS von International Rectifier und somit auch erstmalig vollumfänglich MOSFET DCR für die wichtigen Spannungsregelkreise.

Das alles hat zwar nur indirekt mit den Spannungswandlerverlusten zu tun, hilft aber dem Controller bei der optimalen Ansteuerung und Überwachung der Phasen. Damit lassen sich Überlasten und Hotspots vermeiden oder reduzieren und am Ende profitiert davon natürlich auch die Effizienz. Genau deshalb habe ich diesen Abschnitt auch mit eingefügt. Kommen wir auf der nächsten Seite noch zur Schlussrechnung, denn die wird interessant!

 

 

 

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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