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[UPDATE] Audio-Roundup: 2.0- und 2.1-Soundsysteme im Vergleichstest

Kurzvorstellung und technische Daten

Logitechs Z623 mit seiner UVP von knapp 200 Euro ist zwar mittlerweile doch schon etwas in die Jahre gekommen, nichtsdestotrotz mit einem aktuellen Straßenpreis von ca. 130 Euro aber immer noch eine häufig gewählte 2.1-Lösung. Allein dieser Umstand war auch der Grund, warum wir einen genaueren Blick auf das THX-zertifizierte System geworfen und es in dieses Roundup aufgenommen haben.

Ohne zu spoilern sei jetzt auch schon so viel verraten: Es eignet sich ganz gut für die Wiedergabe von Filmen, so dass wir an späterer Stelle auch noch einen kleinen Workaround für die etwas ausgewogenere Musikwiedergabe eingefügt haben, um mit den Tücken der Konstruktion besser zurechtzukommen.

Das fast neun Kilogramm schwere System will mit 200 Watt RMS Ausgangsleistung punkten, was wir später jedoch noch genauer hinterfragen werden.

Der Subwoofer ist mit den angegebenen sieben Kilogramm für die angegeben 130 Watt RMS eher ein Leichtgewicht, denn der kleinere NuPro AW 350 wiegt sogar schon ein Kilogramm mehr. Die beiden Satelliten sind da allerdings im direkten Vergleich noch kleinere Fliegengewichte, wobei etwa ein Kilo pro Kunststoff-Lautsprecherbox immer noch voll im Trend solcher Anlagen liegt.

Im Lieferumfang findet man relativ wenig. Einzig ein Klinkenkabel für den Anschluss an diverse Quellen liegt bei, selbst auf ein Cinch-Kabel bzw. einen Cinch-Klinke-Adapter hat man unverständlicherweise verzichtet. Lediglich eine Schnellstartanleitung rundet das doch etwas spärliche Paket ab.

 

Details, Konnektivität und Usability

Beginnen wir mit dem recht massiven und vor allem auch leistungsmäßig recht potenten Subwoofer, der Netzteil und Verstärker beherbergt. Die relativ große Bassreflexöffnung befindet sich an der Seite, was von Vor- oder Nachteil sein kann, wenn man akustische Eigenschaften oder die Optik betrachtet – je nach Aufstellort und den raumbedingten Klangbeeinflussungen.

Das verwendete 16-cm-Langhub-Chassis ist im Prinzip sogar recht gut geeignet, wenn man Preis und Ausführung im Hinterkopf behält. Der Subwoofer selbst besteht aus folierten und recht sauber verklebten MDF-Platten ohne sichtbare Kantenübergänge bei der Oberflächenbeschichtung. Allerdings findet man im Inneren weder eine zusätzliche Versteifung noch eine optimierte Dämpfung.

Immerhin hat man alle Kabel mit Schaumstoff ummantelt, jedoch auf eine neutralisierende Dämmabdeckung der verbauten technischen Komponenten komplett verzichtet, deren Kühlkörper sehr weit ins Gehäuse hineinreichen.

Die Platinen mittlerer Qualität stammen vom eher unbekannten Fertiger Guangzhou Huadu Creation Electronic Components Co. Ltd., wobei man beim heutigen Stand der Technik deutlich kleiner hätte bauen können. Allerdings lässt uns auch hier der Blick die angegebene Ausgangsleistung etwas im anderen Licht erscheinen, denn RMS-Angaben sind leider eine windelweich gehandhabte Auslegungssache.

Die Satelliten sind recht steif, aber nicht frei von Eigenresonanzen. Die verwendeten 6-cm-Breitbandlautsprecher mit dem mittig aufgesetzten Aluminium-Horn sind besser als das Gehäuse, in dem sie stecken. Vor allem das sehr unterschiedliche Innenvolumen der Satelliten, bedingt durch den aktiven Part des rechten Kanals, lässt den geübten Zuhörer auch mit geschlossenen Augen nicht über die konstruktiven Eigenarten des Systems im Unklaren.

Die Satelliten benötigen definitiv eine horizontale Aufstellfläche, denn es besteht keine Möglichkeit einer Wand- oder Ständermontage. Das proporietäre und sehr starre (weil auch sehr dicke) Anschlusskabel des rechten Kanals mit D-Dub-Stecker ist leider sehr kurz, das fest angeschlossene Cinch-Kabel des linken Kanals ebenfalls. Hier könnte man sich maximal mit einer Cinch-Verlängerung helfen.

Linksseitig befinden sich am rechten Satelliten noch ein Kopfhörerausgang, der die Lautsprecher abschaltet, sowie eine Klinkeneingangsbuchse, die jedoch in Parallelverschaltung zum rückseitigen Eingang am Subwoofer ausgeführt wurde.

 

 

Der am rechten Satelliten in der Front befindliche Netzschalter erlaubt keine echte Netztrennung, sondern lediglich die Unterbrechnung zur Endstufe, während das Netzteil im Leerlauf weiterbetrieben wird. Der mittig platzierte Lautstärkeregler ist wie der gesamte Vorverstärkerkomplex analog ausgeführt.

Der rechts befindliche Bassregler ist kein herkömmlicher Fächerregler, sondern lediglich ein Potentiometer vor dem Subwoofer-Verstärkerzweig. Die Linksstellung des Potentiometerreglers gegen Masse lässt den Subwoofer komplett wirkungslos werden. Was übrigbleibt ist der Satellit, den man dann sogar recht ordentlich als Einzellautsprecher vermessen kann. Doch dazu gleich mehr.

Die Konnektivität fällt extrem mager aus, denn auf Grund der älteren Analogausführung existieren weder Bluetooth noch digitale Eingänge, was die THX-Zertifizierung ein wenig konterkariert. Die rückseitig am Subwoofer befindlichen Cinch-Eingange und die Klinkenbuchse werden parallel verschaltet, so dass am Ende nur eine einzige Quelle genutzt werden kann. Das Netzanschlusskabel kann nicht abgenommen werden.

Einen kleinen Nachsatz zu den Standfüßen müssen wir dann aber doch noch einfügen. Dieses sehr rutschfeste und leider auch mit jeder Menge Weichmachern versehene Material sollte mit Vorsicht genossen werden, wenn man helle Oberflächen besitzt: Melaminversiegeltes Laminat dürfte nach längerer Standzeit aufgrund von Weichmacherwanderungen häßliche Flecke aufweisen.

Akustisch ist es zudem eine mittlere Katastrophe, denn der Subwoofer besitzt fast Bodenkontakt und eine Körperschallentkopplung findet nicht statt. Hier helfen nur eingeschraubte Spikes aus dem Zubehörhandel oder wenigstens ordentliche, sehr dicke Möbelgleiter aus Filz.

Workaround für eine ausgewogenere Wiedergabe

In der ausgelieferten Form halten wir das Logitech Z623 trotz teilweise doch recht ordentlicher Komponenten für eine akustische Zeitbombe. Es wird nämlich der Moment kommen, wo einem die viel zu basslastige und unpräzise Abstimmung nur noch auf den Geist geht.

Das bloße Wegregeln des Basses hilft da auch nicht weiter, denn an der Abstimmung des Subwoofers ändert es zunächst einmal nichts. Dafür kippen aber die unteren Mitten und der Oberbass in eine tiefe Schlucht des Grauens.

Mal abgesehen von den gerade erwähnten Standfüßen, die den Subwoofer viel zu nah am Boden halten, ist der Subwoofer-Korpus mit dem viel zu tief abgestimmten Resonator, den üblen Eigenresonanzen und den fehlenden Versteifungen der eigentliche Grund für den möglichen Hörsturz.

Abhilfe naht jedoch in Form von leicht zusammengepresstem Schaumstoff, den man als Stopfen oder Rolle in das Bassreflechrohr schiebt, ohne es gleich komplett akustisch zu verschließen.

Man wird mit der Menge und Kompression/Dichte sicher etwas experimentieren müssen, aber zumindest bei der Länge sollte man das Kunststoffteil komplett ausfüllen. Das Ergebnis kann vollends überzeugen, denn auch der Tiefbass wird plötzlich differenzierter und deutlich angenehmer.

Wir werden deshalb die Messung mit Fußerhöhung (10 mm) und der Schaumstoffrolle vornehmen, um wenigstens den Genen des Systems besser gerecht zu werden.

Messung und Sound-Check

Betrachten wir nun erst einmal die Verlaufskurve mit dem Bassregler in Mittelstellung. Bis hinab zu 200 Hz bleibt das Sytem jetzt relativ „neutral“, wenn man von der Hibbeligkeit des Mittel-/Hochtöners mal absieht, dessen Hornaufsatz ab ca. 10 KHz noch einmal deutlich zulegt, während man zwischen 500 Hz und einem Kilohertz die übliche Badewannendelle findet (wenn auch in sehr abgeschwächter Form).

Aber selbst mit Stopfen im Rohr ist der Bereich von 40 bis 80 Hz absolut überpräsent. Hier kann man nur empfehlen, den Bassregler noch etwas zurückzunehmen, damit auch der Oberbass nicht so pappig in den Ohren klebt.

Allerings darf man es damit nicht übertreiben, weil sonst wieder das übliche Loch bei etwa 150 Hz entsteht, wo die Satelliten einfach nicht mehr mithalten können. Was aber gut geht: Den Equalizer bei 32 und vor allem 64 Hz (!) mindestens einfach um drei Dezibel nach unten drücken.

Warum das so ist, liegt an den Satelliten. Deren Untergrenze liegt nämlich bei rund 180 Hz, wenn man beide Augen zudrückt und die Toleranzgrenze großzügig auslegt. Um das Loch zu schließen, muss der Subwoofer nun mal mithelfen, was den noch tieferen Bereich dann unnatürlich anhebt. Ohne Subwoofer sieht die Kurve der Satelliten nämlich genau so aus:

Doch Kurven allein sind noch keine Gesamtbeurteilung, womit wir elegant zum Hörerlebnis überleiten können.

Der Tief(st)bass ist für dieses System ausgesprochen solide, solange man den Subwoofer wie beschrieben dämpft. Vor allem bei Filmen macht die Effektspur richtig Spaß, wobei die Pegelfestigkeit für den stressfreien Wohnzimmerbetrieb ausreicht. Die angegeben 130 Watt RMS sind jedoch eher Wunsch als vergleichbare Realität, weil selbst Syteme mit 100 Watt echter Nennleistung etwas besser performen (Magnat Supreme 301A).

Klanglich ist der schaumgummigebremste Subwoofer dann allerdings doch recht brauchbar, wenn man den aktuellen Preis im Hinterkopf behält. Die Kontra- und sogar die Subkontraoktave sind noch vorhanden, auch wenn es unterhalb von 35 Hz dann arg dünn wird.

Nutzt man zudem noch einen Equalizer bei 64 Hz erhält man ein sehr massives und doch noch eingermaßen zu differenzierendes und vor allem weiches Bassfundament, das mit dem Originalzustand absolut nichts mehr zu tun hat.

Dann klappt es sogar mit dem Oberbass und den unteren Mitten, die die Grundtonbereiche der Sprache und vieler Instrumente einigermaßen gut im Griff haben. Trotzdem sind in diesem Bereich fast alle Regallautsprecher besser, was aber nicht generell an den verbauten Chassis, sondern den zu kleinen Kunststoffgehäusen der Satelliten mit fehlender Innendämmung liegt.

Mittel- und Hochton sind im subjektiven Eindruck etwas zu muffig, wobei die räumliche Ortung trotzdem noch erstaunlich gut ausfällt. Das macht dieses System neben dem reinen TV-Genuss auch für Gamer am Desktop interessant, die es gern mal bis in den Keller krachen lassen – hyperventilierende Nachbarn inklusive.

Die Vocals bleiben verständlich, sind aber ebenfalls nicht so brillant, wie man es hätte erwarten können. Quer durch die Intrumentenvielfalt gibt es diverse Schwachpunkte – vor allem bei Saiteninstrumenten, egal ob gezupft oder gestrichen. Erst im Superhochton legen die aufgeklebten Aluhörner ordentlich los, was Zisch und Luftgeräusche stellenweise dann wieder etwas überbetont und vor allem Bläser leicht überhöht in den Vordergrund spielt.

Klanglich ist das Logitech Z623 für den Preis und die Medienwiedergabe bzw. das Gaming akzeptabel bis gut, wenn man unseren Workaround nutzt und mittels Equalizer etwas nachhilft. Die Musikwiedergabe klappt mit einigen Abstrichen auch, aber da sind andere Systeme in dieser Preisklasse einfach besser.

Ohne Workaround würden wir das System jedoch definitiv nicht nutzen wollen, denn das Dröhnen und Scheppern ist nicht mal für das gleichmäßige Verteilen von Flüssigestrich gut.

Vergleichsmessungen der erzeugten Pegel in unserem Messraum mit ähnlichen Systemen sehen die 200 Watt RMS eher im Bereich von etwas unter 150 Watt, wobei die ehrlichere Nennleistungsangabe wohl eher hätte 100 bis 110 Watt lauten müssen, denn genau das haben wir in der Summe an den Lautsprecherausgängen als Maximum für die reine Sinusleistung messen können. Angaben wie „400 Watt Musikleistung“ sind als Angabe hingegen völliger Nonsens.

Fazit

Die aktuell aufgerufenen 130 Euro sind für ein System mit einem so potenten Subwoofer natürlich schon eine große Verlockung. Allerdings muss man hier wirklich erst einmal selbst Hand anlegen und den Rumpelhobel wieder etwas bändigen.

Gezähmt klappt es dann schon recht gut und mit dem Equalizer als Notarzt findet der Patient schnell zur fast vollständigen Genesung. Wem das alles jedoch zu aufwändig erscheint (was es ja nicht ist), sollte woanders nachfragen.

So gesehen kann man keine explizite Kaufempfehlung aussprechen, denn die wirkliche Glanzleistung nach der kosmetischen Operation findet man nur beim Gaming und vor allem bei der Filmwiedergabe.

Besessene Musikliebhaber müssen beim Z623 eher tapfer sein – es sei denn, man steht auf Hip-Hop sowie fette Bass-Linien und hasst zudem die Nachbarn von ganzem Herzen. Dann darf auch gern der Stopfen draußen bleiben, denn es gibt eh nichts mehr zu verlieren (außer vielleicht den Mietvertrag).

Die Leistungsaufnahme im Leerlauf ist mit 0,8 bis 0,9 Watt für heutige Normen zu hoch, denn ERP Lot 6 sieht maximal 0,5 Watt vor. Da das Gerät jedoch älter ist, genießt es quasi noch Bestandsschutz. Hier rächt sich dann allerdings auch die fehlende physikalische Netztrennung.

Das Approved-Siegel hat sich das Logitech Z623 jedoch noch knapp verdient, denn für die beschriebenen Genres ist es ein Angebot, dass man für diesen Preis fast nicht ausschlagen kann – außer man ist ein Musikliebhaber mit filigranen Ohren.

Pro Kontra
– eher schlichtes Design
– sehr saubere Verarbeitung
– starker Subwoofer
– angemessener Straßenpreis

 

– Workaround für den Bass nötig
– klebende Füße am Subwoofer
– etwas muffig klingende Satelliten
– keine Wandmontagemöglichkeit
– kaum Anschlüsse, kein Buetooth
– keine Fernbedienung

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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