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Kopfhörerverstärker Sennheiser GSX 1000 im Test – Surround trifft Design, aber reicht das auch? | igorsLAB

Messung der Ausgangsleistung

Wozu jetzt der nachfolgende Aufwand? Ich musste nämlich feststellen, dass ich keinen meiner hier genutzten Kopfhörer (Beyerdynamik T1, T90, Amiron Home, MMX300, Meze 99 Neo, Sennheiser HD 800) auch nur annähernd in den Bereich einer Vollaussteuerung bringen konnte. Da spätestens stand dann meine Vorahnung bei der Lektüre der Specs nicht mehr ganz allein auf weiter Flur.

Ja, es war schon etwas lauter als leise und ja, man kann damit gut und bequem Spielen. Aber Druck geht dann doch etwas anders und es ist stets beruhigend, wenn man auch die nötige Technik besitzt, um das, was man behauptet, auch mit echten Daten belastbar belegen zu können und nicht nur verbal mit habe gefühlt und habe gehört umschreibt.

Doch kommen wir einfach zu den nackten Tatsachen, denn die sind wenigstens mit Messungen untermauert. Zunächst starte ich den Test mit 32 Ohm. Ich habe zudem auch noch einen 32-Ohm-Kopfhörer anstelle des ohmschen Widerstandes gegengetestet, dessen Impedanz bei 1 KHz exakt den 32 Ohm entspricht. Mit den gemessenen 0.68 Vrms bzw. 14 mW zieht man keine Wurst vom Teller und mit Kopfhörern, deren Empfindlichkeit unter 100 dB bei 1 mW SPL liegt, braucht man hier gar nicht anfangen. Die Beyerdynamic MMX 300 klingen leer, kraftlos und schlapp.

Und selbst wenn alle Lautstärkeregler auf Maximum stehen (Spiel, Verstärker), fehlt einfach der Punch. Es verzerrt nichts, denn vom vollen Pegel ist man noch weit entfernt. Liegt die Empfindlichkeit bei 102 dB bei 1 mW oder höher, dann mag das alles gehen, aber so? Die Produktpalette wird durch derartige Vorbedingungen an den Schallwandler dann doch recht überschaubar. Nimmt man als Beispiel z.B. das Sennheiser GSP 600 als deren Gaming-Headset am oberen Ende der akustischen Nahrungskette, dann  sehen dessen 112 dB SPL bei 1 kHz und 1 Vrms an 28 Ohm nur auf den ersten Blick kompatibel aus.

Denn mit 0.65 Vrms am Verstärkerausgang ist es noch nicht einmal die Grundbedingung von einem Volt für diese Spezifikation erfüllt. Das GSP 600 ist nicht schlecht, wird aber am GSX 1000 nur bedingt seine Qualitäten ausspielen können. Nur ist es mir ein Rätsel, warum man schon bei den eigenen Produktkombinationen so arg daneben liegt. Ich maße mir beim Schalldruck jetzt keine Labormessung an, aber mit ca. 106 bis 108 dB in der Spitze ist man vom Ziel noch sehr weit entfernt, auch ohne speziell dafür kalibrierten Messarbeitsplatz.

Bei 250 Ohm sieht das nicht besser aus, im Gegenteil. Mit 0.78 Vrms und ganzen 2 mW pro Kanal ist man ziemlich schnell am Ende angelangt. Man merkt einfach, dass hier keine separate Verstärkerendstufe verbaut wurde.

Ab 600 Ohm landet man bei einem Milliwatt und 0.79 Vrms, es wird dann aber auch nicht weniger. Nur dass dies dann auch für nichts mehr ausreicht. Unterm Strich erzeugt dieser gesamte Testablauf also eine gewisse Enttäuschung, die einmal mehr belegt, dass ein schönes Gesicht und ein toller Name allein eben doch nicht für den Idealpartner garantieren müssen. Als Freitagabendbekanntschaft mag das gehen, aber auf Dauer? Audioprodukte sind wie Ehepartner: man hat sie (meist) ein Leben lang. Im Idealfall natürlich.

 

Subjektiver Hörtest

Der Frequenzbereich ist hingegen angemessen und ich habe unterhalb von 5 Hz bzw. oberhalb vom 30 KHz aufgehört zu messen, weil man dann schnell ins Voodoo-Wunderland abgleitet. Der Messbereich ist ausreichend und ich habe keine Auffälligkeiten feststellen können – so lange man Equalizer und 7.1. deaktiviert. Und zwar auch mit meinen eigenen Ohren und nicht nur mit dem Messequipment. Das darf man dann positiv auf der Haben-Seite verbuchen.

Die Equalizer-Profile sind hingegen sehr willkürlich und für meinen Geschmack sogar zum Teil überflüssig. Der Musik-Modus ist da noch am ehesten brauchbar, wenn man sich am Badewannen-Mainstream orientiert und diese Spielart mag. Für ein Chill-Out am Kamin mit leiser Musik gefällt das sogar mir noch, aber der Rest ist, nun ja… Der E-Sports-Modus ohne Bass und eimerweise schrammelnden oberen Mitten ist hingegen eine mentale Belastung. Es mag als Kompensation für miese Kopfhörer eine passende Symptombekämpfung sein, aber es klingt schon arg schräg.

Das Argument mit dem Bass kann ich ja stellenweise sogar noch nachvollziehen, aber warum dann alles knödeln muss, als würde man einem Schlagerbarden missgünstig den Hals umdrehen, erschließt sich mir nicht. Der Story-Modus klingt da sogar noch brauchbarer. Denn eines darf man nie vergessen: Ortung und räumliche Positionierung der Quellen beginnt beim mechanischen Schallwandler, der Rest ist nur Botox für die Ohren. Symptomlinderung statt Ursachenbekämpfung eben.

Ohne EQ kann man sogar Musik hören und einigermaßen stressfrei auch Klassik genießen. Bloß HDR-Inhalte mit 20 bis 30 dB Dynamikumfang sollte man besser gar nicht erst probieren. Aber es wird ja fürs Gaming beworben und da geht die Range kaum mal über 10 dB SPL Range (in Bezug auf die 85 dB Wohlfühl-Druck, die man allgemein vorgibt)

 

Zusammenfassung und Fazit

Ja und nein. Wer auf eine sehr gut gelungene, virtuelle Surround-Bespaßung steht und über ein Headset mit 32 Ohm Impedanz und einer Empfindlichkeit von über 110 dB / Vrms verfügt, der darf gern zuschlagen, wenn ihm die schöne Optik und angenehme Funktionsweise der Touchsteuerung zusagt. Hier wird man also richtig liegen, auch wenn der Straßenpreis ab 150 Euro schon etwas großzügig ausfällt. Wer schön sein will, muss leiden und man zahlt ja auch fürs Brand kräftig mit.

Wer hingegen pure Leistung sucht, Freizeit-audiophil geprägt ist oder dem ungefilterter Musikgenuss mindestens genauso wichtig ist, wie der Spieltrieb, der steht definitiv am falschen Bahnsteig. Der Sennheiser GSX 1000 ist kein Puncher, sondern eher ein glattgegelter Schönling mit einem aufregenden Outfit und einer gewissen Aura des Luxuriösen.

Aber für eine tiefergehende Liebe ist das nichts, jedenfalls nicht bei mir. Das kann natürlich jeder anders sehen, denn ich bin ja auch nicht die finale Instanz. Und schon gar kein Hardcore-Gamer. Mag ja sein, dass ich das Produkt auch deshalb nicht so ganz verstanden habe, wer weiß. Aber es sieht schön aus und bedient sich easy. Immerhin. Deshalb auch kein Daumen, der nach unten zeigt. Aber für einen Award kommt da einfach zu wenig Leistung.

 

 

 

 

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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