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Intel Core i9 vs. AMD Ryzen 9: Wie konvex oder konkav sind die aktuellen Heatspreader wirklich und was sind die Folgen? | Labortest

Der Testaufbau: tricky aber funktionell

Um einen Abdruck an den höchsten Stellen zu erzeugen, die nach oben stehen, habe ich deswegen eine dünne Metallfolie mit Ruß geschwärzt. Normales Kohlepapier ist leider zu dünn beschichtet und scheidet deshalb aus. Diese Folie habe ich mit der sauberen Rückseite nach unten auf den Heatspreader der CPU gelegt. Dann kommt die Auflage in Form eines dünnen Stücks Papier. Hier habe ich normales, weißes 80-g-Papier verwendet, das ich jedoch an der Auflageseiten mit 1000er Feinschliffpapier leicht angeraut hatte.

Danach folget der simulierte Kühlerboden, von dem ich mir mit der CNC mehrere sehr dicke Plexiglasböden fräsen ließ, die am Ende dann auch auf jeden Sockel passten. Diese Plexiglasböden sind absolut plan, zudem aufgrund ihrer Dicke von 12 mm auch absolut verwindungssteif und liegen damit perfekt auf. Festgezogen habe ich das Ganze dann immer schön diagonal über Kreuz in kleinen Schritten mit einem guten Drehmomentschrauber, den ich auf 0,45 Nm eingestellt hatte. Über die so erlangten Ergebnisse in Form der Heatspreader-Abdrücke sprechen wir gleich noch.

Die leicht raue Papieroberfläche nimmt die abgedrückten Rußpartikel besser auf und hält sie vor allem fest, denn man könnte sonst leicht alles verschmieren oder wieder wegblasen. Gerade beim An- und Anschrauben der Platte besteht ja immer die Gefahr des (wenn auch nur leichten) Verrutschens.  Leider ist das mit dem Ruß ja ein wenig handmade und damit auch flockig, was die etwas gröberen Einsprengsel auf den Bildern erklärt. Aber man erkennt trotz allem sehr gut, wo bei der jeweiligen CPU der Casus Knacktus liegt.

Die Wahrheit: Heatspreader-Abdrücke der 3 CPUs

So, nun wird es ernst. Beginnen wir zunächst mit Intel und dem großen Core i9-9980XE. Wir sehen sehr schön, dass alle vier Ecken nach oben stehen, während die Längsseiten bis auf eine (links) eher plan sind. Doch auch in der Mitte findet sich dort, wo der Die sitzt, noch eine leichte Wölbung, deren Höhe aber nicht ganz so deutlich ausfällt wie die der Ecken. Das hätte ich so nicht erwartet, ließ sich aber mit einem Core i7-7920X genauso reproduzieren.  Wieder etwas dazugelernt.

Der Core i9-9900K zeigt ähnliche Symptome an zwei Ecken, ist auf der gegenüberliegenden Seite aber eher plan, was den großflächigen Abdruck erklärt. Würden diese beiden hohen Ecken nicht stören, würde der Kühlerboden wirklich plan aufliegen und die gesamte Fläche wäre dunkel., dort, wo es hell ist, ist der Druck deutlich niedriger. Die wenigen schwarzen Krümel können wir auf dem Bild vernachlässigen, hier hatte sich sicher Ruß abgelöst.

Der AMD Ryzen 9 3900X  bräuchte eine andere Therapie, denn das mit der konvexen Wölbung stemmt so ziemlich genau mit dem überein, was ich schon auf dem Schema der vorherigen Seite gezeigt hatte. Da aber die Chiplets (in diesem Fall rechts) seitlich liegen, wäre die Kühlung mit nicht optimal ausfüllender Wärmeleitpaste eher schlecht. Es fällt aber ins Auge, dass hier Ecken und Kanten keine Rolle spielen. Was aber nun wirklich besser ist, das müssen wir gleich noch klären.

Betrachten wir noch einen Ryzen 9 3900X nach dem BurnIn mit einem Phasenwechsel-Material, das zunächst als elastisches Pad aufgelegt wird und dann oberhalb von ca. 55° plastisch aushärtet. Die abgesplitterten Bereiche sind beim Abnehmen entstanden, also zu vernachlässigen. Die Schichtstärke von ca. 0.2 mm vor dem BurnIn und von unter 0.1 mm nach dem BurnIn gleichen die Unebenheiten gut aus. Was man aber perfekt sieht, ist die Wärmeverteilung. Wir können gut erkennen, dass beide Chiplets rechts liegen und dass das obere Chiplet mehr Hitzespuren hinterlassen hat als das untere (bei dem aber nur 4 Kerne aktiv waren).

Eigene Experimente mit extrem dünnen dünnen Graphitfolien haben zudem gezeigt, dass diese mehrmals verwendbaren Folien auf Intel-CPUs durchaus einigermaßen performen können, aber vor allem auf den Ryzens der dritten Generation deutlich Federn lassen müssen, weil die Hohlräume nicht perfekt ausgefüllt werden können.

Schlussfolgerung für den Auftrag und die Menge an Wärmeleitpaste

Auch wenn die Fläche der Ryzen-CPUs in ungefähr der Fläche einer CPU für den Sockel 2066 von Intel entspricht, müsste man bei der Paste eigentlich anders vorgehen. Nutzt man eine sehr flüssige Paste („Flutschinaut“), dann käme man mit dem Klecks sicher bei beiden CPUs zurecht. Allerdings ist das mit der Menge so ein Problem. Zu wenig würde zu einer sehr ungleichmäßigen Schicht führen, zu viel zu einer partiell viel zu dicken Schicht. Ich muss nämlich innerlich immer über diejenigen schmunzeln, die hochpreisige Wärmeleitpaste mit mehr als 10 W/mK kaufen, die dann aber so dick draufpappen, dass eine dünne Schicht eine Industriepaste mit nur 3 W/mK am Ende sogar den geringeren Wärmewiderstand hätte. Warum das so ist, habe ich ja in dem bereits verlinkten Artikel erklärt und sogar vorgerechnet.

Als Schlussfolgerung daraus benutze ich für alle Ryzen-CPUs nur noch relativ flüssige Paste und einen sehr elastischen Spatel mit sauberer Kante. Dann zieht man den Klecks aus der Mitte mit dem Spatel noch außen zu den Kanten und vermeidet es am besten, danach ganzflächig von Kante zu Kante über die Mitte hinweg zu streichen. In der Mitte kann man die Paste sogar so dünn halten, dass sie fast durchscheinend ist, es wird immer noch locker reichen.

Der große Core i9 kann beides vertragen, Klecks- und Spatelmethode. Wobei man mit dem Spatel hier auch ganz gut hinkommt, wenn man durchgängig von Seite zu Seite streicht. Der Die sitzt nun mal in der Mitte und Hohlräume an den Kanten fallen da eher weniger ins Gewicht. Doch auch hier gilt: weniger ist oft mehr! Die CPUs für den Sockel 1151 sind am unkritischsten, zumal die Fläche ja auch deutlich kleiner ausfällt. Klecks und glücklich sein. Wer ehr die viskose Paste mag, sollte diese warm machen (ca. 50 + 60 Grad) und dann mit dem Spatel verstreichen.

Und was ist nun besser? Das kann man sie nicht einmal eindeutig beantworten, da die Unebenheiten sogar noch von CPU zu CPU abweichen und sehr unterschiedlich ausgeprägt sein können. Am einfachsten zu handhaben ist das noch der kleine Heatspreader der Sockel-1151-CPUs, der aber auch am kleinsten ist. Ansonsten ist es eher ein Unentschieden mit leichten Vorteilen für Intel. Der Rest versinkt sowieso in der fast immer viel zu dick aufgetragenen Wärmeleitpaste der Kleckser-Fraktion.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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