Wenn sich Intel zu Wort meldet, horcht man in Santa Clara neuerdings etwas leiser – doch diesmal ist das Echo lauter als gewohnt. Mit der Ankündigung, Diamond Rapids und Clearwater Forest 2026 auf den Markt zu bringen, will man zurück auf den Datenzentrums-Thron. Ein frommer Wunsch? Vielleicht. Ein ernsthafter Angriff? Wahrscheinlich. Ein technisches Himmelfahrtskommando? Durchaus möglich.
Diamond Rapids – das muskelbepackte Comeback
Was ist Diamond Rapids? Grob gesagt: Ein potenzieller Faustschlag gegen AMDs EPYC-Linie, wenn er denn trifft. Die Rede ist von einer Plattform auf Basis des neuen LGA9324-Sockets – einem Monster, fast fünfmal so groß wie der bekannte LGA1700. Wer glaubt, hier werden einfach ein paar mehr Pins verteilt, irrt: Das Ding ist gebaut für Mammut-Lasten, High-Bandwidth-IOs und schiere Power. Im Inneren werkeln mutmaßlich Panther Cove-X P-Cores, gefertigt im hauseigenen 18A-Prozess, der laut Intel bereits in High-Volume-Fertigung übergeht. Glaubt man dem Flurfunk, dann soll Diamond Rapids dem kommenden AMD EPYC „Venice“ (TSMC 2 nm) Paroli bieten – eine Ansage, die man in Santa Clara lange nicht mehr mit so viel Selbstbewusstsein gemacht hat. Aber wie so oft: Das Datenblatt ist geduldig, die Realität nicht. Wie effizient und skalierbar Intels neues Packaging mit Foveros Direct im HPC-Umfeld wirklich sein wird, ist offen. Der Sprung in die neue Fertigung plus 3D-Packaging ist kein Spaziergang – es ist eher wie barfuß über glühende Kohlen: beeindruckend, aber nicht ohne Schmerzen.
Clearwater Forest – das E-Core-Experiment auf Speed
Und dann wäre da noch Clearwater Forest, Intels Antwort auf alles, was Scale-Out schreit. Mit bis zu 288 E-Cores auf Basis der neuen Darkmont-Architektur setzt man nicht auf rohe Gewalt, sondern auf Core-Dichte. Der Einsatzbereich? Cloud-native Workloads, wo Parallelisierung Trumpf ist und Single-Core-Leistung eher ein nostalgischer Nebensatz. Auch Clearwater Forest basiert auf dem 18A-Prozess, nutzt Foveros Direct und soll „alles in-house“ abbilden. Die ursprüngliche Launch-Prognose für 2025 wurde jedoch laut Intel verschoben – offiziell wegen komplexer Packaging-Integration, inoffiziell wohl auch wegen anderer „Baustellen“. Das Packaging selbst ist ein zweischneidiges Schwert: technisch beeindruckend, logistisch ein Albtraum. Aber der eigentliche Knackpunkt: Sierra Forest, der aktuelle E-Core-Vorgänger, ist erst im Sommer 2024 gestartet – und ob sich der Markt schon jetzt nach einem Nachfolger sehnt, darf bezweifelt werden. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Intel eher durch das Marketingtempo als durch Kundenbedürfnisse getrieben wird.
Plattform | Architektur | Prozess | Kerne (geschätzt) | Packaging | Launch |
---|---|---|---|---|---|
Granite Rapids | P-Core (Redwood) | Intel 3 | ~128 | Multi-Die | Q3 2024 |
Sierra Forest | E-Core (Crestmont) | Intel 3 | bis 288 | Monolith/Chiplet | Juni 2024 |
Diamond Rapids | P-Core (Panther X) | 18A | ? | Foveros Direct | 2026 |
Clearwater Forest | E-Core (Darkmont) | 18A | bis 288 | Foveros Direct | H1 2026 |
Intel zieht damit eine glasklare Linie: E-Cores für Masse, P-Cores für Klasse. Ob diese Strategie aufgeht, hängt vom Tempo der Konkurrenz ab – und die schläft nicht. AMDs EPYC Venice auf TSMCs 2-nm-Prozess wird vermutlich früh 2026 launchen und könnte Clearwater Forest den Wind aus den Segeln nehmen, bevor dieser überhaupt Fahrt aufnimmt.
Analyse: Wenn Hoffnung zur Roadmap wird
Was bleibt? Intel hat mit diesen beiden Plattformen zwei Pfeile im Köcher – einer für Performance, einer für Parallelität. Doch die zentrale Frage ist nicht „Wie viele Kerne?“, sondern: Wie zuverlässig ist 18A? Wie skalierbar ist Foveros? Wie wirtschaftlich ist das alles für Hyperscaler? Die Realität im Datenzentrum ist gnadenlos. Kunden wollen keine Versprechen, sondern stabile Performance, kalkulierbare TCOs und Roadmaps, die nicht alle drei Monate implodieren. Die letzten Jahre waren geprägt von Durchhalteparolen und strategischen Rückziehern. Jetzt gilt: liefern oder untergehen.
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— HXL (@9550pro) May 27, 2025
Fazit
Intel steht vor dem vielleicht letzten echten Comeback-Versuch im Datenzentrumsmarkt. Mit Diamond Rapids und Clearwater Forest schickt man zwei grundverschiedene Konzepte ins Rennen – das eine für rohe Rechenleistung, das andere für hohe Core-Dichte. Ob daraus eine Erfolgsgeschichte wird oder ein weiteres Kapitel im „Was wäre wenn“-Roman der x86-Industrie, hängt davon ab, ob Intel diesmal nicht nur laute Töne spuckt, sondern auch leise, effiziente Serverchips liefert. Und zwar rechtzeitig.
Source: Investing, 9550pro
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