Audio Headsets Testberichte

Im Test: Asus ROG Strix Fusion 300 7.1 Headset

Mit dem ROG Strix Fusion 300 bietet Asus dem Kunden ein Headset der 130-Euro-Klasse. Doch ist das Headset den stolzen Einstiegpreis wirklich wert? Wir haben genau hingehört und es auch gemessen. Licht und Schatten liegen wie immer dicht beieinander.

Mikrofon

Das ausklappbare Mikrofon ist bedingt flexibel, lässt sich aber nur schwer in eine optimale Position bringen und dort zum Verbleib bewegen. Abschalten kann man es wohl, nur mechanisch geht es nur durchs Hochklappen. Die Scharr- und Knärzgeräusche dabei bis zum Schaltpunkt möchte man seinem Gegenüber jedoch eher nicht antun. Die Umgebung kommt einigermaßen hörbar mit zu Wort und empfindlich geht trotzdem anders.

Mikrofon-Messung und Sound-Check

Zunächst messen wir den realen Frequenzbereich des Mikrofons, um dem Feedback der Leser entgegenzukommen. Dafür nutzen wir erneut unseren Messraum, kehren den Vorgang aber quasi um. Natürlich übersteigt eine echte Reziprozitätskalibrierung als Ausgangsbasis unsere aktuellen Möglichkeiten und der Aufwand überstiege den Nutzen bei Weitem. Deshalb haben wir einen Kompromiss gesucht.

Da wir aber über ein kalibriertes Messmikrofon verfügen, lässt sich durch eine Vergleichsmessung und das Herausrechnen der Unterschiede zumindest eine für unseren Zweck gut verwertbare Kurve erzeugen. Somit ist es also nicht der exakte Frequenzgang des Mikrofons, das würden wir uns gar nicht anmaßen, jedoch eine aussagekräftige Annäherung, die unseren subjektiven Eindruck zudem untermauert.

Mess- und hörbar kann man feststellen, dass es unter ca. 100 Hz einen stärkeren Pegelabfall gibt, der ausgeprägt genug ist. Die Anhebung der unteren Mitten und des Oberbasses lassen die Stimme eher warm und füllig erscheinen. Der Pegelunterschied von 22 dB (!) zwischen 300 Hz und ca. 5 KHz begründet dann auch, warum das Klangbild als überwiegend dumpf und eher muffig zu bezeichnen ist. Sibilanten? Zischlaute finden faktisch nicht statt und die Sprachverständlichkeit saust wie ein entkabelter Lift gerade das Empire State Building bis zum finalen Urknall hinab. Schade, hier hatten wir mehr erwartet.

Kopfhörer-Messung

Wie wir testen, haben wir im Grundlagenartikel „Gaming-Headsets: Mythos, Wahrheit und wie wir testen“ bereits sehr ausführlich und transparent dargelegt, denn mit dem üblichen Audio-Geschwurbel von Bassgewittern und Hochtonpeitschen kommt man nicht wirklich weiter. Man muss schon subjektiv gut zuhören können und parallel dazu auch messen. Beginnen wir zunächst mit Letzterem.

Wenn man die Kurve betrachtet, dann treibt einem der Pegelabfall von fast 20 dB bei ca. 370 Hz die Sorgenfalten auf die Stirn. Das ist nicht die typische Gamer-Badewanne, aber eine Berg- und Talfahrt der akustischen Gefühle par excellence, bei der zudem der Bassbereich etwas vernachlässigt wurde, um wohl etwas mehr Pegelfestigkeit zu bekommen. Unterm Strich sieht die Kurve also eher nach einem etwas misslungenen Sound-Design aus und nicht nach wohldurchdachter Absicht.

Die Umschaltung auf 7.1 Surround macht das alles nicht besser, sondern Dank eines zu ausgeprägten Nachhalls sogar noch etwas schriller. Im Übrigen konnte auch die Virtualisierung als solche nicht wirklich überzeugen.

Subjektives Hörerlebnis

Testen wir nun auch subjektiv, was man im Original am Ohr anliegen hat. Wir haben das Headset zuvor noch wie üblich zwei Tage lang an einer Quelle mit ordentlichem Pegel durchgehend betrieben, um auch den Einspiel-Fanatikern eine Chance zu geben.

Basswiedergabe

Den Tiefstbass in der Subkontraoktave (16,4 Hz bis 32,7 Hz) testen mit einer Aufnahme von Bachs Toccata und Fuge D-Moll (19 und 25 Hz) sowie der Festival-Ouvertüre 1812 von Tschaikowsky (10 Hz und 12,5 Hz). Das gleiche gilt auch für die unteren Bereiche der Kontraoktave (32,7 bis 65,4 Hz). Die große Basstrommel (Kick Drum), die in der U-Musik ein gern gesehener Begleiter und meist auf ca. 55 bis 60 Hz abgestimmt ist, wird diese Beurteilung dann abrunden.

Der Bass ist anwesend, das muss man dem Headset attestieren. Sogar der Tiefstbass gelingt noch im bescheidenen Maße. Trotzdem ist alles irgendwie nicht ausgeprägt und souverän genug. Pegelfest ist das alles durchaus, aber man müsste am Equalizer gehörig nachregeln, wollte man eine etwas natürlichere Wiedergabe erzwingen. Dumm nur, dass man das Headset dafür analog anschließen müsste, um überhaupt per Software eingreifen zu können. Asus liefert nämlich für die USB-Lösung (hinter der wir einen einfachen C-Media-Chip vermuten) nichts mit.

Gaming-Bass geht noch ganz akzeptabel, aber Musik hören möchte man mit dem Headset wohl eher nicht. Das Einschwingverhalten ist Durchschnitt und die Urban Legend, dass man unbedingt 50-mm-Treiber bräuchte, um einen fetten Bass zu erhalten wurde bis dato eh schon durch viele gute Kopfhörer und Headsets widerlegt. Was allerdings dann auch die Frage offen lässt, warum hier nicht mehr kommt. Bass ist da, aber fulminant oder rabenschwarz gehen anders.

Der Oberbass bis 150 Hz, in dem auch die Große Oktave (65,4 bis 130,8 Hz) liegt, beherbergt die Sprachgrundfrequenz der männlichen Stimme und entscheidet sehr stark über die naturgetreue Wiedergabe männlicher Vocals.

Dieser Bereich klingt ebenfalls eher unnatürlich, was die Sprachwiedergabe nachteilig beeinflusst. Männliche Vokale sind bereits in ihrem Volumen stark beschnitten, was eigentlich sehr schade ist und Instrumente werden in dieser Tonlage ihres warmen Grundtones beraubt. Da wird dann oben hinaus kühl und fast schon metallisch klingen. Für die meisten Spiele reicht es allerdings, nur bei Film- und Musikwiedergabe muss der erfahrenere Hörer schon ein wenig tapfer sein.

Mitteltonbereich

Die unteren Mitten (auch Grundtonbereich) liegen bei ca. 150 bis 400 Hz. Zusammen mit dem bereits erwähnten Oberbass spielt dieser Bereich eine sehr wichtige Rolle für die subjektiv empfundene Wärme bzw. Fülle des Klangbildes. Die Sprachgrundfrequenz weiblicher Stimmen ist in diesem Bereich zu finden.

Apropos Tapferkeit… Weibliche Vocals sterben hier nun den sagenhaften Heldentod einer vereinsamten Walküre, denn da ist leider nichts, was eine gute und füllige Basis hergeben könnte. Interessanterweise fällt dies in Spielen eher weniger auf, wobei es dann meist am Soundmaterial liegt. Bei ca. 370 Hz ist dann auch das Akustik-Tauchboot auf den tiefsten Punkt des Tränenmeeres angelangt, denn der Pegel geht jetzt, schlapp daniederliegend, in den tonalen Orkus.

Die oberen Mitten zwischen 400 Hz bis etwa zwei KHz beinhalten bei einem KHz eine Marke, die immer noch als Referenz für viele Messungen gilt. Das merkt man leider auch oft bei günstigeren Geräten, da die Hersteller oft versuchen, gerade diese Frequenz etwas überzubetonen. Auch beim Gaming spielt dieser Bereich keine unbedeutende Rolle und eine ausgewogene Wiedergabe trägt nicht unwesentlich zu einer guten räumlichen Auflösung bei.

Das Ganze berappelt sich nun wieder und ab ca. 1 KHz ist auch der Pegel wieder dort, wo man ihn noch gut wahrnehmen kann. Die Bühne ist ziemlich schmal und man muss schon das Lederimitat durch die textilen Ohrpolster ersetzen, wenn man wenigstens noch etwas brauchbare Breite erzielen möchte. Die Ortung ist somit zwar noch ok, aber grandios ist das alles auch hier nicht. Sicher, es gibt tonnenweise schlimmere Gaming-Headsets, aber für den angedachten Preis wird das Fragezeichen sicher nicht verschwinden.

Über Musik möchte hier an dieser Stelle nichts mehr schreiben, denn ein ansonsten gut aufgestelltes Orchester schrumpft auf der Bühne des ROG Strix Fusion 300 so sehr räumlich zusammen, als würden alle Musiker eng zusammengedrängt auf dem schmalen 10-Meter-Brett des Hallenbades in Wanne-Eickel stehen und nur noch ängstlich auf den finalen Absprung warten.

Hochtonbereich

Zwischen zwei bis etwa 3,5 KHz ist das menschliche Gehör am empfindlichsten, zumal dieser Bereich der unteren Höhen für die gute Oberton-Wiedergabe der menschlichen Stimme zuständig ist. Dieser Frequenzbereich ist nämlich entscheidend für die Wiedererkennung einer Stimme oder eines Instrumentes; man spricht in diesem Zusammenhang auch von der jeweiligen Klangfarbe.

Genau in diesem Bereich findet sich wieder eine unlustige Delle, die vor allem die Stimmerkennung deutlich erschwert. Chorwerke vermatschen zu einer einzigen Soße und auch beim Gaming bekommen komplexere Klangteppiche unschöne Löcher. Es wäre sicher verschmerzbar, würde der Bolide weniger als 75 Euro kosten, aber so? Die Klangfarbe fast aller Quellen, egal ob nun Instrument, Stimme oder Killergeräusch, ist blass und ohne prägnanten Pep.

Die mittleren Höhen (3,5 bis sechs KHz) entscheiden über das Ge- oder Misslingen der Sprachwiedergabe als Gesamtbild, denn die S- und Zischlaute (Sibilanten) fallen in diesen Bereich. Die oberen Höhen reichen dann bis ca. zehn KHz, um in den Superhochton überzugehen.

Je höher die Tonleiter in den akustischen Himmel ragt, um so schriller und blecherner wird das klangliche Grundgerüst. Die Sibilanten werden schnell zu kleinen, fiesen Sägezähnchen an den eh schon gebeutelten Gamer-Nervensträngen von Kevin-Klaus. Die Ausblasgeräusche vieler Instrumente treten zu sehr in den Vordergrund, nur Schüsse klingen irgendwie gemeiner und fetziger. Gaming-mäßig passt das sogar, wenn sich nicht gerade der Protagonist in eine Elfe verliebt hat und versucht, ihr einen motivierenden Schwur ins Spitzohr zu hauchen. Der käme dann nämlich mit brutalen Windspitzen und die Gute würde komplett durch- und weggepustet.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Gaming durchaus funktionieren kann, wenn man nicht gerade Elfengeschwurbel mit romantischer Musik-Kulisse spielt. Für Musik ist der Auftritt generell nicht geeignet, es sei denn, man ist abgestumpfter als ein Ork nach zwei Fässern Grog und steht auf Kampfsound aus Tante Helgas Partykeller-Ebay-Boxen. Der Ork-Liebhaber wiederum hat sicher seine Freude beim Haudrauf-Kampfgetümmel, weil die Teile stellenweise sogar fies laut gehen. Nur ein tiefergründiges Snipern wird eher nichts, weil die Ortung filigraner Quellen zur unlösbaren Quest wird. Das Teil ist nicht unbrauchbar, aber kein akustischer Kampfstier. Maximal der Bürohengst aus der Buchhaltung nebenan.

 

Zusammenfassung und Fazit

Die 130 Euro UVP und ein Straßenpreis von ca. 110 Euro lassen uns in einem ärgerlichen Zwiespalt zurück. Würden die Teile nämlich auch so gut klingen, wie es Haptik und Materialanmutung im Vorfeld auf einem hohen Niveau vormachen, dann wäre das ROG Strix Fusion 300 eine voluminöse Empfehlung.

Der klangliche Einbruch kommt allerdings auch nicht vom Sound-Chip, denn analog klingt es auch nicht besser. Die Gründe liegen wohl eher in den verbauten Treibern und einem Sound-Design, welches vielleicht alles Mögliche beabsichtigt haben mag, dies jedoch nie erreicht hat.

Guter und straffer Sitz einer guten Mechanik gegen matschige Musik im Tunnel-Feeling also. Spielen geht übrigens im Vergleich dazu noch ganz ordentlich, wenn man nicht gerade auf eine gute Ortung angewiesen ist. Der Sniper von Welt spielt natürlich mit guten Kopfhören, womit die Zielgruppe für das heute getestete Produkt eher bei der Infanterie oder den Panzerfahren zu suchen sein dürfte.

Für ca. 75 Euro könnte man noch damit leben, aber 35 Euro Zulage für eine rote LED-Beleuchtung und eine extra zu installierende Software? Solche Schnäppchen traut sich noch nicht mal VW auf deren schier ausufernden Aufpreisliste. Womit wir zwar keine Nichtkaufempfehlung aussprechen, aber schon reichlich enttäuscht dreinblicken. Beim Auspacken sah das alles noch richtig gut aus…

Danke für die Spende



Du fandest, der Beitrag war interessant und möchtest uns unterstützen? Klasse!

Hier erfährst Du, wie: Hier spenden.

Hier kannst Du per PayPal spenden.

About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

Folge Igor auf:
YouTube   Facebook    Instagram Twitter

Werbung

Werbung