Auf der Computex 2025 in Taipeh ließ sich Nvidia-CEO Jen-Hsun Huang nicht lumpen und in einer gemeinsamen Veranstaltung mit Foxconn-Chef Liu Yangwei erklärte Huang unmissverständlich: Das Mooresche Gesetz sei beendet. Stattdessen setzte er auf eine Mischung aus 3D-Chip-Packaging, NVLINK, Flüssigkeitskühlung und Softwarearchitektur als neue Triebfedern der KI-Industrie. Und wenn es nach ihm geht, ist das Entwicklungstempo der Branche bald nur noch durch die Stratosphäre begrenzt.
Moores Gesetz: Vergangenheit mit Ansage
Huang diagnostiziert nüchtern: Die Zeiten, in denen sich die Transistorendichte auf einem Chip im Zweijahrestakt verdoppelt, sind vorbei. Die physikalischen Grenzen sind erreicht – zumindest im klassischen Sinn. Steigende Fertigungskosten, schleppende Energieeffizienzgewinne und ein stagnierender Zuwachs bei der Taktfrequenz zwingen zu strukturellen Veränderungen. Die Antwort aus Santa Clara lautet: neue Architekturen, neue Systeme, neue Denkweisen.
Drei Technologien, eine Strategie
Der erste Baustein von Nvidias Zukunftsmodell ist das 3D-Chip-Packaging. Statt monolithischer Dies werden mehrere kleinere Chips vertikal gestapelt und zu komplexen Einheiten kombiniert. Das reduziert Latenzen und steigert die Rechenleistung bei vergleichsweise moderatem Energiebedarf – zumindest auf dem Papier. Als zweites verweist Huang auf die eigene NVLINK-Technologie. Diese High-Speed-Verbindung erlaubt es, einzelne Chips so eng zu vernetzen, dass sie aus Sicht der Software wie ein einziger, großer Prozessor wirken. Damit nähert man sich einem „Superchip“-Konzept, ohne auf die Nachteile riesiger Dies hereinzufallen. Der dritte Hebel: vollständige Integration auf Systemebene. Mechanische Komponenten, Flüssigkeitskühlung, Software und Rechenarchitektur werden als Einheit gedacht und gebaut. Das Ziel: ein hocheffizienter, spezialisierter KI-Serverschrank, optimiert von der Hardware bis zum letzten Softwaremodul.
KI-Architektur: von der GPU zur Infrastruktur
Huang betont, dass Nvidia inzwischen weit mehr sei als ein Grafikkartenproduzent. In drei Jahrzehnten habe sich das Unternehmen zur Plattformanbieterin für komplette KI-Infrastrukturen gewandelt – inklusive Chips, Software, Rechenzentren und Betriebssysteme. Dieser Wandel sei kein Zufall, sondern Ergebnis einer gezielten Neuausrichtung: weg von reiner Rechenleistung, hin zur ganzheitlichen Systemintegration. Ein zentrales Element dieser Strategie ist die Optimierung der Informationsflüsse innerhalb neuronaler Netzwerke. Statt Daten über externe Schnittstellen zu schleusen, wird nun möglichst viel Kommunikation intern geregelt – direkt auf dem Chip oder zwischen eng vernetzten Bausteinen. Das reduziert Latenzen und spart Energie.
Wachstum ohne Limit?
Besonders bemerkenswert ist Huangs Prognose zur Entwicklungsgeschwindigkeit: Aktuell verdopple sich Nvidias Leistung alle sechs Monate. In naher Zukunft, so Huang, könnte dieser Zyklus auf drei Monate schrumpfen. Damit rückt das klassische Mooresche Wachstum nicht nur in den Hintergrund, sondern wird von einem exponentiell beschleunigten Takt abgelöst. Natürlich bleibt offen, ob solche Aussagen langfristig belastbar sind. Denn auch bei Nvidia ist man nicht frei von physikalischen Zwängen – etwa in Bezug auf thermische Belastung, Stromversorgung und Materialkosten. Dennoch steht fest: Das Unternehmen bereitet sich mit Macht auf eine Welt vor, in der KI-Infrastruktur das zentrale Rückgrat der digitalen Ökonomie darstellt.
Zwischen Himmel und Boden: Planung mit Maß
Trotz aller Visionen verliert Huang nicht den Bezug zur Realität. Rechenzentren lassen sich nicht über Nacht errichten – es braucht Grundstücke, Stromanschlüsse, Kühlkapazitäten und eine stabile Lieferkette. Hier will Nvidia mit detaillierten Infrastrukturplänen Abhilfe schaffen, damit Unternehmen weltweit zielgerichtet investieren können. Auch politische und wirtschaftliche Faktoren spielen eine Rolle. Die Aussagen auf der Computex erfolgen in einem angespannten geopolitischen Klima, in dem Taiwan, China und die USA ein zunehmend komplexes Spannungsfeld bilden. Dass Nvidia ausgerechnet hier seine Zukunftsvision skizziert, dürfte kein Zufall sein.
Das Ende eines Gesetzes, der Beginn eines Systems
Mit der Ansage, dass nur noch der Himmel Grenzen setzt, verabschiedet sich Huang endgültig vom Mooreschen Paradigma – zumindest rhetorisch. Was an seine Stelle tritt, ist ein Systemdenken, das Rechenleistung als Ergebnis intelligenter Architektur, effizienter Integration und softwareseitiger Optimierung begreift. Ob diese Strategie dauerhaft aufgeht, bleibt abzuwarten. Doch klar ist: Nvidia positioniert sich als Treiber der nächsten Entwicklungsphase – nicht nur mit Chips, sondern mit einem Gesamtpaket, das Hard- und Software untrennbar miteinander verzahnt. Und das – frei nach Huang – irgendwo zwischen Erde, Cloud und Kosmos angesiedelt ist.
Source: Money
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