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Hohe Speichertemperaturen bei vielen RDNA4-Karten und was genau dahintersteckt – Ursachenforschung und Hintergründe

Da ich die Sapphire Nitro+ für den Launchtest ohnehin bereits zerlegt hatte, war es für mich naheliegend, bei dieser Gelegenheit gezielt an der thermischen Performance zu arbeiten – insbesondere mit Blick auf die Speichertemperaturen. Mein Ziel war es, die Zieltemperatur des VRAMs von den werkseitigen 95 °C auf rund 85 °C abzusenken. Damit wollte ich mich dem thermischen Verhalten einer XFX Mercury annähern, die von Haus aus mit einem konservativeren Profil arbeitet. Um das zu erreichen, habe ich mich für eine Kombination aus Thermal Putty und dem originalen PTM7950 entschieden.

Zunächst hatte ich die Karte ja  komplett zerlegt und die Kontaktflächen – sowohl auf den Speicherchips als auch auf der Kühlerseite – gründlich gereinigt. Ich habe dafür Isopropanol und fusselfreie Tücher verwendet, um alle Rückstände der Originalpads zu entfernen. Mir war wichtig, dass die Flächen so plan und sauber wie möglich sind, damit die neuen Materialien optimal anliegen. Das PTM7950 habe ich dort eingesetzt, wo es eine plane und ausreichend definierte Auflagefläche gibt, also in meinem Fall auf dem Heatsink des Kühlers und nicht auf der GPU, da das Pad so auch besser haftet. Da das Material bei etwa 45 °C in einen weichen, fast flüssigen Zustand übergeht, ist der Wärmeübergang dort besonders effizient. Allerdings ist es recht dünn und verzeiht keine ungleichmäßige Auflage oder Spaltmaße.

Für eher kritische Fällen, also bei den VRAM-Modulen mit leichtem Höhenversatz  und den ganzen MOSFETs der Spannungswandler habe ich hochwertiges Thermal Putty verwendet und kein Pad. Es gleicht mechanische Toleranzen besser aus und bleibt auch bei häufigen Temperaturzyklen formstabil. Ich habe darauf geachtet, dass ich nur so viel verwendet habe, wie notwendig war, um einen sicheren Kontakt zum Kühlkörper herzustellen, ohne dabei unnötig Luft einzuschließen.

Nach dem Aufbringen der Materialien habe ich den Kühlkörper gleichmäßig aufgesetzt und jeweils längsseitig verschraubt. Dabei war mir wichtig, dass der Druck gut verteilt ist, besonders auf den äußeren VRAM-Modulen. Einen Probelauf mit anschließender thermischer Kontrolle habe ich eingeplant, um sicherzugehen, dass alles korrekt anliegt. Das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen. Die Peak-Temperaturen des Speichers sind unter Dauerlast jetzt deutlich gesunken – ich liege im Mittel bei etwa 85 °C. Damit habe ich genau den Bereich erreicht, den ich angestrebt habe. Besonders erfreulich ist, dass ich dies ohne ein aggressives Lüfterprofil geschafft habe, ich habe lediglich rund 150 RPM mehr eingestellt. Die Karte bleibt leise, und die thermische Stabilität ist spürbar besser als im Originalzustand.

Mit diesem Umbau habe ich die Nitro+ thermisch auf das Niveau der XFX Mercury gebracht – nur eben mit dem Vorteil, dass ich über die Materialwahl eine dezentere Regelung erreiche und weniger Lüfterdrehzahlen zugeben musste als befürchtet. Das war für mich ein durchaus lohnenswerter Eingriff, den ich bei vergleichbaren Karten jederzeit auch wieder durchführen würde.

Fazit und Zusammenfassung

Nachdem ich meine Beobachtungen zur relativ hohen VRAM-Temperatur an Sapphire weitergegeben hatte, wurde mein Hinweis offenbar intern aufgenommen und ernsthaft geprüft. Inzwischen zeichnet sich ab, dass bei neueren Produktionschargen der Nitro+ tatsächlich ein angepasstes Temperaturziel für den Speicherbereich implementiert wird. Anstelle der bisherigen 95 °C will man künftig offenbar ein Limit unterhalb von 90 °C ansetzen – vermutlich im Bereich von etwa 88 bis 89 °C. Damit geht Sapphire auf direktem Weg einen Kompromiss zwischen thermischer Entlastung und moderatem Lüfterverhalten ein.

Bemerkenswert ist auch, dass darüber hinaus über eine mögliche BIOS-Anpassung für bereits ausgelieferte Karten nachgedacht wird. Es steht im Raum, den betroffenen Nutzern einen offiziellen BIOS-Flash zur Verfügung zu stellen, der diese neue Zieltemperatur ebenfalls übernimmt. Eine endgültige Entscheidung dazu scheint zwar noch nicht getroffen worden zu sein, aber die Bereitschaft, auf diese Weise nachzusteuern, ist deutlich erkennbar.

Für mich persönlich ist das ein sehr erfreuliches Signal. Zum einen zeigt es, dass fundierte Rückmeldungen durchaus Wirkung entfalten können – und zum anderen, dass Sapphire bereit ist, auch nachträglich technische Feinjustierungen vorzunehmen, um die Praxiswerte an die Erwartungen der Nutzer anzupassen. Sollte der BIOS-Flash tatsächlich veröffentlicht werden, wäre das ein sinnvoller Schritt zur Verbesserung der thermischen Charakteristik, insbesondere für Anwender, die ihre Karte dauerhaft unter Last betreiben.

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carrera

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234 Kommentare 159 Likes

@Igor Wallossek - tatsächlich sehr wertvoller Artikel - danke

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Karsten Rabeneck-Ketme

Moderator

110 Kommentare 47 Likes

Sehr interessant. Danke

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RX480

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2,107 Kommentare 1,022 Likes

Hochinteressant!
Bitte dran bleiben, weil flashen ohne Programmer ideal wäre, ... evtl. auch für viele Andere.

btw.
Schade das es keine Thermographie dazu gibt. Beim Mercury-review waren die äußeren Vramtemps deutlich kleiner als 84°C.
(könnte sein, das AMD ne höhere innere Vramjunction ausliest, = worst Einzelwert an Stelle X bei Modul Z, wie man Das von der 3080 kennt?)

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Walter

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19 Kommentare 8 Likes

Sehr spannend!

Schade, dass es offenbar keine 9070XT gibt, die von Haus aus leise und kühl bleibt.

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Pheenox

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116 Kommentare 72 Likes

Igor, vielen Dank für diesen sehr wertvollen Test und Bericht. Es zeigt einmal mehr, wie gut sich Boardpartner verhalten und mit konstruktiver Kritik umgehen können. Bedeutet dann auch für: Auch meine nächste Karte wird eine Sapphire Nitro+. Ich unterstütze so ein Verhalten Kunden und Hardwareprofis gegenüber.

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F
Falcon

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156 Kommentare 165 Likes

Hab ne XT RedDevil hier.
Die ist eine der leisesten, kühlsten Karten die ich je in den Fingern hatte.

Klar geht die VRAM Temp auf 90°C im Gamingbetrieb, aber das ist weit weg von den 108°C die in der Spec stehen.

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Igor Wallossek

1

12,114 Kommentare 23,918 Likes

Dass es keine Thermografie von der Nitro gibt, liegt an deren Kühlerdesign. Die Platine muss mit der Backplate verschraubt sein, wenn man den Druck beibehalten möchte, den man braucht. Dann aber "sehe" ich nichts.

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Pokerclock

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758 Kommentare 734 Likes

In ein bis zwei Jahren werden diese Werte sehr interessant, wenn Karten und Kühlung älter werden. Und man wird dann auch mal wirklich sehen wie lange PTM eigentlich hält...

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Igor Wallossek

1

12,114 Kommentare 23,918 Likes

Dazu hatte ich bereits mehrere Artikel. Wenn die Platine auf der Rückseite nicht durch was anderes aufgeheizt ist, dann sind es rund 20K Differenz zum Substrat. Den Artikel gibt es auch auf Deutsch.

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Yumiko

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1,045 Kommentare 477 Likes

Einfach auf Silent-Bios stellen.

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Walter

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19 Kommentare 8 Likes

Dann sind die Karten zwar leise, aber sehr warm.

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bitracer

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676 Kommentare 309 Likes

Das ist schon ein sehr schöner, weil wichtiger Aufklärungsartikel. Jedoch: Die Diskussion über Temperaturen und "Geräusch" hilft nur dann, wenn ich beides in Zusammenhang setze. Was leider (bewußt?) fehlt, das sind die tatsächlich erzielten Umdrehungszahlen bei einem gemessenen Geräuschpegel und die dazugehörige erreichte Temperatur.
"noise-normalized-testing" nennt das ein Kollege. Ich als Kunde will schließlich wissen: wer baut den besten Kühler, nicht: wer kann (stupide) die Lüfter lauter drehen lassen?

Und es kann doch nicht angehen, daß es die Hersteller selbst von den Luxusausgaben nicht "gebacken" bekommen, die Kühler so zu wählen und/oder nachzubessern, daß gesunde Temperaturen sowie Geräuschemissionen für alle relevanten Verbraucher auf dem Board in Einklang gebracht werden?

Dann besser bei max 250Watt bleiben/einkaufen, dann hat man noch etwas mehr "Luft", wenn einem Lebensdauer (vor allem im Angesicht der Preisspiralen der letzten Jahre) wichtig ist.

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RaptorTP

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452 Kommentare 209 Likes

Leider ziemlich lächerlich.
Lüfterdrehzahl anheben.

Einfach Fan Control nutzen um am besten gleich Desrhoud und richtige Lüfter drauf.

Genau aus diesem Grund ging die 9070 zurück.

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Alter.Zocker

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460 Kommentare 326 Likes

Interessant aber auch bissl Erschreckend, v.a. der EIndruck der sich mir in dem Zusammenhang aber auch schon in anderen Fällen gerade aufdrängt: Die HErsteller überlassen das Testen und Optimieren ihre Produkte "unabhängigen" Testlabs mit großer Reichweite (Igor z.B.) und reagieren erst dann mit entspr. Anpassungen. Erstlieferungen der Produkte kommen im eher nur rudimentär ausgetesteten Zustand auf den MArkt und solange niemand mit großer Reichweite den Finger auf die wunden Punkte legt, wird nix gemacht...

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RX480

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2,107 Kommentare 1,022 Likes

Naja, lass mal die Kirche im Dorf.

die 3080er und 7900er sind auch nicht kaputt gegangen

btw.
Das man evtl. mit besserer Vramtemp. ein mue mehr OCen kann ist ne ganz andere Sache, ... und
soundso nicht garantiert, da kann der Hersteller sich auch für weniger Lautstärke entscheiden.

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ansleylara047

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19 Kommentare 14 Likes

Warum schmiert man im Fazit dem Hersteller Honig um den Mund?
Das ist einfach ein Bananenprodukt was mit dem Rotstift auf den Cent genau kalkuliert wurde. Nicht mehr als nötig und fertig. Wenn da ein Hersteller nachbessert zeigt das einzig das die Verkaufszahlen nicht passen. Jetzt investiert man noch mal 1Cent mehr in die Karten um sich dadurch einen Vorteil oder eher Gleichstand gegenüber der Konkurrenz zu schaffen. Die Banane reift also wie immer Stück für Stück beim Kunden. Hauptsache erst mal den Markt mit billigem Schund fluten, im Regelfall kommen die Hersteller ja durch da praktisch alle nicht mehr liefern als sie müssen. Von den Spezifikationen ist alles im grünen Bereich, was will man mehr als Hersteller. Die nächste unreife Banane wird folgen, zu 100%, der Rotstift der Hersteller schreibt leider ewig ;-)
So als Info noch ... warmer (nicht heißer) Speicher ist schneller als kalter! Als extrem BSp. die 0 Kelvin, da passiert dann eben gar nichts mehr.
Man sollte sich mal vom Wahn des Zwangshaften alles muss kühl bleiben verabschieden. Etliche Chips zucken unbeeindruckt mit den Schultern auch bei 100 Grad. Man drückt auch nicht wirklich die Innentemperatur durch äußere Maßnahmen, man sorgt einzig dafür das die Temeprarur schneller weg kommt. Die Temp-Spitzen auf "Atomeben" bleiben aber weiter bestehen. Das ganze kaschiert man eigentlich nur die eine im Vergleich ewig verzögerte Abfrage von Schätzsensoren. Als ich mein Geld noch bei Infineon verdient hatte, hatten wir etliche versuchsaufbauten. Für so manches hätte man bessere Ergebnisse erzielt mit aktiver Erwärmung! Du kannst nämlich leichter und viel schneller aktiv punktgenau direkt erwärmen als kühlen. Wenns drauf ankommt is tdas A und O einer Schaltung eine absolut konstante Temperatur über alle Lastzustände. Das schaffst du aber nicht im geringsten mit externer indirekter Luft oder Wasserkühlung. Kühlen ist immer träger als erwärmen, da kannste auch den PC in der Kühltruhe versenken, die Nachregelung braucht viel zu lange. Ideale wäre das aufwärmen per Infrarotlicht, das dringt direkt in den Chip ein und wirkt! Theorie, Praxis, Dauwissen und Wissenschaft kann man eben nicht in einen Topf packen. Der Kunde will es Kühl also soll der Kunde es auch Kühl bekommen ;-)

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b
bitracer

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676 Kommentare 309 Likes

kannst Du aus Deiner Erfahrung auch einen Temperaturbereich eingrenzen (grob), den man anvisieren sollte?
liest sich interessant. Jetzt haben wir nur noch den Zielkonflikt:
Thermische Ausdehnungs-Spannungen sind wohl der Tod eines Chips auf dem PCB. Also im Sinne von: Der Chip überlebt zwar, löst sich dann aber eher mal vom PCB ab: Karte "tod".

Das ist eigentlich das, worum es sich hier dreht: man weiß als einfacher, dummer Kunde halt nicht, was man hier priorisieren sollte (außer vielleicht der eigenen Geldbörse).

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M
Master-W-Steve

Mitglied

84 Kommentare 30 Likes

Kann ich bestätigen. Habe ebenfalls die 9070 XT Red Devil und die ist bei mir weder beim Gaming noch bei Furmark mit 100% Last und zusätzlich noch Prime95 (um die Gehäusetemperatur anzukurbeln) zu hören.

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olligo

Veteran

365 Kommentare 134 Likes

Sehr interessanter Artikel Igor!

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Danke für die Spende



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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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