Grafikkarten Hardware Testberichte

Heißes Eisen im Test: AMD Radeon VII – mit viel Anlauf und Wind auf Augenhöhe zur Geforce RTX 2080

Bei der Platine hat sich AMD wirklich so richtig angestrengt und es komponententechnisch echt krachen lassen. Das muss man vorab positiv anmerken. Das gesamte Layout wirkt auf den ersten Blick übersichtlich und durchdacht, der Hersteller setzt, auch aufgrund des 2-Slot-Designs, auf sehr niedrige Bauelemente und Komponenten, um möglichst viel Volumen für den Kühler zu erhalten.

Die externe Spannungsversorgung erfolgt über zwei 8-Pin-Anschlüsse, die am oberen Ende der Platine sitzen, wie es für Consumer-Karten üblich ist. Man hätte die Buchsen zwar um 180° gedreht verbauen können, um noch weiteren Platz zu sparen, aber es passt auch so.

Die sogenannte Topologie der Stromversorgung ist diesmal doch ein wenig komplexer ausgefallen und einfach mal so Spulen zu zählen hilft einem nicht, die ganze Wahrheit zu erfahren. Denn AMD generiert jede Menge Teilspannungen, die man erst einmal richtig zuordnen muss.

Die genaue Erklärung habe ich diesmal sogar als Video aufgezeichnet, denn es war wirklich ein wenig arg vertrackt. Und damit ich mir keinen Wolf schreiben muss, gebe ich dann doch lieber den Erklärbär vor der Kamera. Anschauen lohnt sich auf jeden Fall (und hilft auch etwas unserem YouTube-Kanal)!

Für die Generation Füllfederhalter fasse ich den YouTube-Betrag natürlich auch noch einmal kurz zusammen. Für die Erzeugung von VDDCR_GFX (im Bild unten rot), also der Spannung der GPU, werden mit Hilfe eines IR35217 (befindet sich auf der Rückseite der Platine) von International Rectifier 5 Ausgangsphasen erzeugt. Mit Hilfe von jeweils einem IR3599 (ebenfalls International Rectifier) pro Phase, einem Phase Multiplier Chip („Doubler“),  werden dann an jeder dieser 5 Phasen zwei Spannungswandlerkreise angebunden, die leicht phasenversetzt arbeiten. So erhält man am Ende also 10 Spannungswandler.

Dafür setzt man dann auf 10 Power Stages TDA21472 von Infineon, also hochintegrierte Lösungen, die einen kompletten Spannungswandler einschließlich High- und Low-Side, des Gate-Drivers und der Schottky-Diode, sowie einen Kontroll-MOSFET in einem gemeinsamen Package vereinen. Wie schon bei Nvidias Lösung, setzt auch der TDA21472 auf eine echte MOSFET-DCR und nicht mehr auf die deutlich ungenauere (und billigere) Inductor DCR. Diese Werte für den Stromfluss und die Temperaturen dienen dann dem Arbitrator für eine smartere Regelung der Abläufe.

Da der IR35217 jedoch ein echter Multi-Phase-Controller ist, der bis zu 6 + 2 Phasen bereitstellen kann, wird der zweite Teil des Controllers für die unabhängige Bereitstellung der VDDCI_Mem genutzt. Die Erklärung, was VDDCI_Mem ist, gibt es im Video. Man setzt als Spannungswandler auf einen IR35401M, der ein etwas einfacher gehaltener PowIRstage ist.

Beim Speicher wir es dann aber jetzt arg tricky. Man findet auf der Vorderseite der Platine nämlich einen weiteren PWM-Controller vom Typ IR35217. Dieser erzeugt zum einen die beiden echten (und nicht gedoppelten) Phasen für VDDCR_HBM, also die Spannungsversorgung der vier HMB2-Module auf dem Package. Auch hier kommen zwei TDA21472 zum Einsatz die jeweils direkt vom Controller angesprochen werden. Der Controller sorgt auch für die VDDCI_SoC (blau). Hier wird jedoch nur eine Phase erzeugt, die sich dann mittels eines IR3599 auf zwei phasenversetzt arbeitende Spannungswandler mit jeweils einem TDA21472 aufteilt.

Die restlichen Teilspannungen mit 1.8V, 0.85V und 0.75V werden separat von einfacheren Buck Controllern erzeugt. Interessant ist, dass AMD alle 12V-Rails mit ordentlichen LC-Gliedern abschließt, was die Spikes ordentlich glätten dürfte, da neben den üblichen Längsspulen auch noch die passenden Kondensatoren zum Einsatz kommen. Die nachfolgende Tabelle enthält noch einmal die wichtigsten Komponenten:

GPU- und SoC-Spannungsversorgung

PWM-Controller IR35217 (10 + 2)
International Rectifier
5-Phasen (doubled) GPU, 1 Phase (doubled) SoC
   
Phase Multiplier
IR3599 (5 + 1)
International Rectifier
5x GPU, 1x SoC
VRM TDA21472 (10 + 2)
Infineon
Smart Power Stage, MOSFET DCR
5x GPU, 1x SoC
Spulen Encapsulated Ferrite Choke
190mH (10 + 2)

HBM-Spannungsversorgung VDDCR und VDDCI

PWM-Controller IR35217 (10 + 2)
International Rectifier
2 Phasen VDDCR_HBM, 1 Phase VDDCI_HBM
   
VRM VDDCR_HBM
TDA21472 (2)
Infineon
Smart Power Stage, MOSFET DCR
Spulen Encapsulated Ferrite Choke
220mH (2)
VRM VDDCI_HBM IR35401M (1)
International Rectifier
PowIRstage
Spulen Encapsulated Ferrite Choke
820mH (1)

Sonstige Komponenten

EEPROM 25WPo80
EEPROM
Single-BIOS
 
Filter 1x Spule (Glättung) + 2 Caps pro 12V-Rail (LC-Filter)

Weitere Details

Sonstige
Merkmale
– 2x 8-Pin PCI-Express Anschlüsse zur Spannungsversorgung
– Filterspulen im Eingangsbereich

Kühler und Backplate im Detail

Der eigentliche Kühleraufbau allein wiegt einschließlich der Abdeckung und Lüftern über ein Kilo. AMD setzt, wie Nvidia auch, auf eine übergroße Vapor-Chamber. Diese bildet dann auch den Heatsink für die direkte Kühlung der GPU, wobei AMD, wie auch schon bei der Radeon Pro WX8200, auf spezielle Graphit-Pads setzt. Wer glaubt, mit normaler Wärmeleitpaste bessere Ergebnisse erreichen zu können, der irrt gewaltig. Lediglich das Nutzen von Diamant-Paste (IC Cooling) in einer ultradünnen Schicht (Bügeleisen und Silikonmatte) brachte nach dem Zusammenbau zumindest gleiche Ergebnisse.

Der eigentliche Aluminium-Kühler mit den vertikal angeordneten, engstehenden Kühlfinnen, sitzt auf der Vapor-Chamber und fünf flachen, zusätzlich abgesenkten 1cm-Heatpipes, die eine Verlängerung der Hauptkammer darstellen. Gekühlt wird dieses Konstrukt mit dem Luftstrom der drei 7,5-cm-Lüfter, die jeweils in einer 8,2-cm-Öffnung sitzen. Die Spannungswandler der GPU, der Speichers und des SoC werden mittels dicker Wärmeleitpads über den schwarzen Kühl- und Montageframe gekühlt, auf dem der Kühler sitzt und der andererseits auch zur Verschraubung und Stabilisierung der Platine dient.

Was jedoch einen thermodynamischen Unfug darstellt, ist die Kühlerabdeckung mit dem Radeon Schriftzug auf der Oberseite. Hier wird die austretende heiße Abluft nicht unwesentlich ausgebremst. Ich hatte wirklich nicht wenig Lust, an dieser Stelle meine Fräse anzusetzen und diesen kontraproduktiven Air-Stopper einfach zu eliminieren. Aber was soll’s, der Kunde kann es ja auch nicht. AMD hat auch die Lüftersteuerung angepasst, doch dazu später noch mehr.

Die dicke Backplate aus Aluminiumguss ist optisch ein Hingucker, erfüllt aber keine Kühlfunktion. Zumindest hat AMD die thermisch relevanten Bereiche offen gelassen, um so ein Minimum an Airflow zu gewährleisten.

Das Kühlsystem noch einmal kurz zusammengefasst im tabellarischen Überblick:

Kühlsystem im Überblick
Art des Kühlers: Luftkühlung
Heatsink: Vapor-Chamber. Kühlung des Packages aus GPU und HBM2
Kühlfinnen: Aluminium, horizontale Ausrichtung
engstehend
Heatpipes 5x 10mm abgeflacht
VRM-Kühlung: über Kühl-/Montageframe
Lüfter: 3x 7,5 cm Lüfter, 9 Rotorblätter, auf hohen Durchsatz optimiert
semi-passiv geregelt
Backplate Alu-Guss, keine Kühlfunktion

 

 

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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