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Großer Praxistest mit drei X570-Motherboards in einem geschlossenen PC – die Wahrheit über Spannungswandler, Lüfter, Temperaturen und den Onboard-Sound

Maximal mögliche CPU auf minimalstem Motherboard, am besten gleich noch noch alle Kühlkörper der Spannungswandler mit entfernen und fertig ist die Basis für die nächste Click-Bait-Orgie. Ganz konnte ich mich der Neugier über die möglichen Grenzen natürlich auch nicht entziehen, aber am Ende sollte man sich auch seiner Verantwortung als Medium bewusst werden und die Leser (und damit ja auch Käufer) nicht unberechtigt in Panik versetzen oder an den eigenen Entscheidungen zweifeln lassen.

Zusammenfassung und Fazit

Auch wenn so manche PR-Abteilung (und einige Medien) bestimmte Details als Sensation auszumachen glauben, kann man doch guten Gewissens jegliche thermische Probleme ausschließen, solange sich die Boards in Leistungsaufnahme-Bereichen für die CPU befinden, die man mit dem Ryzen 7 3700X als normaler Mitteleuropäer ohne finstere Mordabsichten überhaupt erreichen kann. Man muss am Ende wirklich ehrlich bleiben und den Preis sowie die Zielgruppe in Relation zum Ergebniss setzen. Und genau da kühlen nicht etwa einzelne Boards schlechter als andere, sondern einige besser als der Rest, denn kaputt geht ja nirgendwo etwas. Es ist also immer auch eine Frage der Sichtweise und des jeweiligen Marketings, das dafür bezahlt wird, Argumente zu produzieren.

Naja, mehr als 130 Watt bekommt man aus dem Ryzen 7 3700X auch nicht herausgequetscht, solange man nicht alle Mechanismen im BIOS aushebelt und Extrem-OC mit vermeintlichen Monsterkühlern und brutalstmöglicher Spannungsanhebung versucht. Dann bekommt man mit etwas gutem Willen ja eh alles geregelt, bis hin zum Throttling.  Aber was mir als Fazit wirklich am Herzen liegt ist der Umstand, dass man bei all dem verständlichen Jagen von Quoten und Reichweiten die eigene Verantwortung gegenüber den Konsumenten nicht vergisst. Denn genau diese Fälle mit verändertem Kühlaufbau und ohne jeglichen Realitätsbezug führen zu einer Verunsicherung, die niemandem nützt.

Ich finde es nämlich viel sinnvoller, wenn ich als Kunde weiß, dass nichts verglüht, solange ich mich an die sehr weit gesteckten Möglichkeiten beim OC halte, eine dem Board auch preislich angemessene CPU nutze und zudem erfahre, ob mein Headset an welchem Stecker wenigstens einigermaßen performt – oder eben auch nicht. Außerdem ist ein fehlender 20-Pin-Motherboard-Anschluss für z.B. das USB-3.1-Kabel des Front-Panels deutlich ärgerlicher, wenn man stattdessen etwas anderes kaufen muss. Da wirkt die potentielle Chance eines Throttelns bei unsachgemäßer Übertaktung schon reichlich albern.

Wer die Gaming-Benchmarks sucht, der wird hier mit Absicht nicht fündig. Alle Boards performen nämlich im Rahmen möglicher Messtoleranzen absolut identisch, was auch für die maximal möglichen Taktraten gilt. Wer manuell übertaktet wird auch von der unterschiedlichen Effizienz der Spannungsversorgung erst einmal nichts merken, denn die Unterschiede sind eher marginal und ebenfalls nicht im Rahmen sicher zu reproduzerender Ergebnisse. Nur die Temperaturen unterscheiden sich und die leichten Spannungswandler-Verluste schlagen dann am EPS durch. Nur wer PBO zum alleinigen Übertakten nutzt und die strikte Limitierung der Wattzahl auf 90 Watt beibehält, wird vielleicht sporadisch mal über 25 MHz weniger verfügen, was sich aber relativiert, wenn die CPU-Kühlung mit ins Spiel kommt. Da kann man viel mehr einbüßen, wenn die CPU zu heiß wird.

Asus TUF Gaming X570-Plus

Bisher gibt es für mein (reproduzierbares) technisches Problem noch kein neues BIOS, nur den im Video gezeigten Workaround mit der Nicht-UEFI Grafikkarte. Das ist aber am Ende auch keine Lösung, nur ein Pflaster. Lässt man diese Probleme mal außen vor, macht das TUF-Gaming keine schlechte Figur, wenn es um die Kühlung geht. Allerdings gefällt mir die Audio-Lösung auf diesem Board am wenigsten, denn sowohl hochohmige Kopfhörer werden es schwer haben, als auch angeschlossene Verstärker, weil der Ausgangspegel an der Rückseite der schwächste aller drei Boards ist.

Die SSD-Performace ist hingegen sehr gut und auch die Anzahl und Ausführung der Anschlüsse kann überzeugen. Nur der Chipsatzlüfter ist nervig und zudem suboptimal platziert. Das ist so ein Punkt, über den man sicher auch diskutieren könnte (und sogar müsste). Der kleine Durchmesser und die Platzierung direkt unterhalb der Grafikkarte sind nämlich durchaus kritikwürdig. In der Summe aller Eigenschaften ist dieses Board jedoch gut bis sehr gut, was diese Preisklasse angeht, auch wenn man vor allem Bluetooth vermissen mag und über das BIOS grübeln muss

Gigabyte X570 Aorus Elite

Auffällig unauffällig. Das muss kein Mangel sein, im Gegenteil. Man hat bei Gigabyte einfach hart kalkuliert und ein sehr ausgewogenes Board ohne echte Fehler oder Nachteile auf die Beine gestellt. Das Ganze kommt bewusst unaufgeregt daher und es fehlen bis auf Diagnose-LED seigentlich auch keine wichtigen Features. Es ist quasi der Golf in der Standard-Ausstattung unter den X570-Motherboards. Ein wenig langweilig vielleicht, ok, dafür verlässlich und am Abend eines langen Tages noch immer irgendwie ansehnlich.

Wer mehr Wert auf Konnektivität legt, muss sich einen WLAN-Stick oder eine Steckkarte nachrüsten, je nach Wunsch oder Anforderung. Der Rest ist komplett. Ach ja, leuchten geht an den vielen RGB-Headern auch. Das Board findet meines Erachtens auch zu wenig Aufmerksamkeit, weil es definitiv kein schlechtes Produkt ist. Leider geht es etwas in der Masse unter, obwohl man bei Gigabyte nichts falsch gemacht hat.  Check.

MSI MPG X570 Gaming Edge WIFI

Ich kann die ganze mediale Aufregung um dieses Board nicht verstehen. Die Spannungswandler sind nicht weltmeisterlich, tun aber, was sie müssen. Thermisch geht alles noch voll in Ordnung , man sollte also wirklich mal auf dem Boden bleiben. Diese Einsparungen, die der Funktion übrigens im Normalgebrauch keinerlei Abbruch tun, lassen nämlich dem Kalkulator mehr Spielraum für zusätzliche Features. Und so kommt es als einziges Board dieser Preisklasse bereits mit intergriertem WLAN-Modul (Intel) und Bluetooth 4.2 zum Kunden.

Hier ist der Konnektivitäts-Fanatiker also gut bedient. Ansonsten gibt es keine weiteren Höhen und Tiefen, auch wenn sie das Board haptisch noch mit am besten anfasst, was auch am relativ hohen Gewicht liegen dürfte.

Fazit

Es ist die typische 200-Euro-Klasse, bei der man vieles erhält, aber nicht alles und eingiges auch nicht so komplett, wie man es vielleicht gern hätte. Trotzdem sind diese Boards besser als ihr Ruf, auch wenn natürlich noch so einige Fragen offen bleiben. So etwas bekommt man natürlich auch, nur eben zum Teil auch deutlich teurer. So gesehen kann man das schon so lassen, denn es geht auch deutlich bescheidener. Und doch gibt es Dinge, die mich stören, weil sie nicht viel kosten und einfach besser lösbar gewesen wären.

Beim Audio ist nämlich überall Schmalkost angesagt, leider. Und anstelle Kühlkörper zu enfernen und sich über diverse Hotspots bei gewaltsam konstruierter Überlast zu mokieren, hätten die Protagonisten des gepflegten Bashings dann doch mal lieber ein Headset aufgesetzt. Hier liegen nämlich die wahren Reserven verborgen, die die Hersteller seit Jahren geflissentlich ignorieren. Oder man hätte mal nachsehen können, ob auch wirklich alle Header am Motherboard vorhanden sind, nach denen moderne Gehäuse so verlangen.

Die sonstige Performance sieht doch wirklich ok aus. Das betrifft übrigens auch die verbauten Corsair-Komponenten vom Gehäuse und das vollmodulare Netzteil, über die AiO-Kompaktwasserkühlung und die Lüfter, bis hin zum RAM und der SSD. Gerade beim Arbeitsspeicher war das Zusammenspiel von Motherboard und der Vollbestückung bei DDR4 3600 ein erstaunlicher Fortschritt gegenüber der Vorgängerversion der CPU. Hier ist alles auf Anhieb kompatibel, bei der flinken SSD sowieso.

Am Ende möchte man den Rechner fast gar nicht wieder auseinander nehmen, denn echte Mängel habe ich keine gefunden, im Gegenteil. Deshalb wird uns dieser PC auch in Zukunft sicher noch ab und an begegnen, denn ich werde ihn am Foto- und Webseiten-Arbeitsplatz nutzen. Dann allerdings mit einer angepassten Grafikkarte, aber das ist dann schon wieder ein anderes Thema. Dann geht es eher um Monitore, Eingabegeräte und Ergonomie. Denn mit iCue kann man bedarfsweise das Licht auch ganz abschalten. So Long!

MSI MPG X570 Gaming Edge WIFI (7C37-001R)

GIGABYTE X570 AORUS Elite

ASUS TUF Gaming X570-Plus (90MB1180-M0EAY0)

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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