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Großer Praxistest mit drei X570-Motherboards in einem geschlossenen PC – die Wahrheit über Spannungswandler, Lüfter, Temperaturen und den Onboard-Sound

Maximal mögliche CPU auf minimalstem Motherboard, am besten gleich noch noch alle Kühlkörper der Spannungswandler mit entfernen und fertig ist die Basis für die nächste Click-Bait-Orgie. Ganz konnte ich mich der Neugier über die möglichen Grenzen natürlich auch nicht entziehen, aber am Ende sollte man sich auch seiner Verantwortung als Medium bewusst werden und die Leser (und damit ja auch Käufer) nicht unberechtigt in Panik versetzen oder an den eigenen Entscheidungen zweifeln lassen.

Asus TUF X570-Plus

Die Spannungswandler-Bestückung, die durchgängig auf PowerStages von Vishay setzt, lässt da schon einmal keine Probleme vermuten. Die Platine fühlt sich allerdings recht leicht und dünn an, aber das ist eine eher subjektive Empfindung. Fakt ist, dass sich Asus aufgrund der aufwändigen Bestückung mit Powerstages durchaus an die Spitze setzen kann, was die Temperaturen betrifft.  Allerdings sind die Unterschiede zum zweitpatzierten Board gar nicht so groß, wie uns das Marketing gern suggerieren mag.

Kleinreden darf man diese Performance natürlich nicht, denn es ist eigentlich das einzige Board, auf dass ich guten Gewissens auch eine Ryzen 9 3950X setzen würde, wenn man denn dafür unbeding ein Board aus diesem Preissegment kaufen müsste. Das ist dann natürlich immer auch eine Frage der eigenen Ansprüche, was die restlichen Features betrifft. Wobei mir bei einer einfachen Render-Maschine auch der Satz in den Kopf kommt, dass ja auch nichts kaputt gehen kann, was gar nicht erst verbaut wurde.

Die Werte der Rückseite sind frei von jeglichen Rätseln und korrespondieren mit denen der Frontseite.

Beim 130-Watt Setting spielt diese Bestückung natürlich ihre Stärken erst richtig aus

Und auch die Rückseite ist deutlich kühler als bei den Mitbewerbern.

Gigabyte X570 Aorus Elite

Der Aufwand, die CPU-Phasen weit aufzuteilen und zudem mit PowerStages zu bestücken, hat sich durchaus gelohnt.  Die knapp 59 °C im Vollastbetrieb von GPU und CPU mit dem 90-Watt-Standardsettings rechnet sich allemal. Dass wir hier kaum Hotspots sehen, liegt einerseits natürlich an der flächenmäßigen Entzerrung der thermischen Last durch möglichst viele Spannungswandler und andererseits an deren deutlich sichtbaren Effizienz. Die PowerStages von Vishay vereinen alle Komponenten der Spannungswandler wie High- und Low-Side, sowie Schottky-Diode und Treiber in einem einigen Package.

Hier bieten sich mit Sicherheit noch Reserven, auch finanzieller Art, denn man kann nun natürlich etwas an den Kühlkörpern sparen, die weniger abführen müssen. Am Ende steht immer die Frage, welche Einsparungen bei den VRM zu welchen Kühlerkosten führen und umgekehrt. Das Aorus Elite ist hier ein recht gut gelungener Kompromiss, der im Vergleich zu dem Asus TUF auf etwas kleinere Modelle von Vishay setzt und die SoC-Phase diskret gestaltet. Der einzelne 8-Pin-EPS reicht für das, was das Board am Ende leisten kann (und muss) eigentlich völlig aus.

Die Rückseite ist deutlich kühler, was zum Einen an der sehr massiven Platine und zum Anderen auch an den Kühlkörpern der VRM liegt, die in diesem Leistungsbereich noch sehr ordentlich performen. Da muss beim Board von MSI deutlich mehr Arbeit geleistet werden.

Die Übertaktung auf satte 130 Watt, also den Anstieg um immerhin 40 Watt merkt man frontseitig zwar durchaus, aber das sind am Ende eher Peanuts. Richtig heiß geht anders und der Anwender darf nachts mehr als nur beruhigt schlafen. Das kann man also locker so stehen lassen, zumal es sehr viel Spielraum für mehr lässt.

Die Rückseite ist einen Tick wärmer als die Front, was einigermaßen verblüfft allerdings ist dieser Umstand auch ein Beleg für eine thermisch ziemlich gleichmäßig durchsättigte Platine ohne echte Hotspots, was kein Makel ist. Im Gegenteil.

MSI MPG X570 Gaming Edge WiFi

In irgendeinem Review hat man mal die Spannungswandler dieses Motherboards publikumswirksam bis zur Weißglut gebracht. Der Praxiswert solcher Show-Einlagen (bei denen aber trotzdem nichts kaputt gegangen ist) liegt natürlich weit unter Null, denn wer nimmt schon die VRM-Kühler ab und steckt dann gleichzeitig einen Ryzen 9 3900X drauf, der mit ausgehebelten BIOS-Limits und AVX fröhlich durchs Dorf geprügelt wird? Niemand mit Verstand. Beschönigen darf man die etwas arg günstige VRM-Bestückung allerdings auch nicht, denn dass MSI hier ordentlich gespart und nicht sonderlich kostenintensive MOSFETs verbaut hat, ist nun mal ein Fakt.

Mit nur vier Phasen schafft man das Ziel natürlich noch locker, aber Effizienz und Hochleistungs-OC-Potential gehen schon ein wenig in die Knie, wenn man wirklich einmal die Extreme auslotet. Allerdings ist das alles immer noch Jammern auf recht hohem Niveau, denn bei den kleinen Grafikkarten um die 130 Watt TDP regt sich komischerweise auch niemand über vier oder fünf Phasen auf. Aber irgendwo muss man ja das Geld für WiFi und Bluetooth wieder reinholen. MSI ist ebenso wenig Mutter Theresa, wie alle anderen auch. Die Kalkulation solcher Motherboards ist bei allen Herstellern nämlich ähnlich knapp.

Solange man sich innerhalb der Spezifikationen bewegt, ist dieser Part allerdings fast schon zu vernachlässigen, aber OC ist nun mal erklärter Volkssport Nummer Eins. Betrachten wir deshalb zunächst Vorder- und Rückseite der Platine bei 90 Watt zugeführter Leistung (BIOS Default-Settings). Die Hotspots samt etwas höherer Abwärme ergeben sich aus der etwas ungünstigeren Leistungsverteilung auf weniger MOSFETs, die zudem High- und Low-Side nicht als PowerStage in einem Package vereinen, sondern diskret realisiert sind und der etwas niedrigeren Effizienz dieser verbauten Spannungswandler-Lösung. Nur sind die maximal gemessenen 67 °C nach ca. 30 Minuten Volllast von CPU und GPU im geschlossenen Gehäuse nichts, was man wirklich kritisieren müsste, zumal der Durchschnitt aller Wandler bei ca. 62 °C liegt (VRM Sensor in HWInfo ca. 61 °C).

Die Rückseite ist signifikant kühler, was auf die recht dicke und massive Platine zurückzuführen ist. Zumindest hier hat MSI nicht gespart, immerhin. Die Doubler bzw. Gate Driver sind hier noch am heißesten, wobei nichts auch nur annährend in Bereiche gerät, über die man sich Sorgen machen müsste. Die Platine ist allerdings wärmer als bei den beiden anderen Mitbewerben. Wobei es Jammern auf hohem Niveau bleibt.

Doch was passiert, wenn man übertaktet und mit 130 Watt immerhin fast 45% über der von AMD vorgegebenen CPU-Norm liegt und immerhin noch 25 Watt über der ausgewiesenen CPU-Power von 105 Watt des Boards?  Der Spitzenwert einer Phase steigt als Hotspot bis auf fast 84 °C an, wobei der Durchschnitt bei reichlich 75 °C liegt (Sensorwert via HWInfo64 76 °C). Doch selbst das ist noch vertretbar, wenn man bedenkt, dass selbst jetzt noch 20 Grad Reserve bis zum Throttling verbleiben und auch das Platinenmaterial erst oberhalb von ca. 100 °C anfängt, verstärkt auszugasen. Bending-Probleme wird man auch keine finden.

Die Rückseite ist mit 77 °C deutlich kühler und es ist eigentlich fast schon vergleichsweise kühl, wenn man die Vorderseite als Vergleich hernimmt.

Zwischenfazit

Man muss so ehrlich bleiben und auf die Nachteile der eher simplen Spannungswandler-Lösung auf dem MSI-Board hinweisen. Eine Einschränkung der CPU-Performance, Funktionalität, Stabilität oder Lebensdauer stellt dies jedoch nicht dar, sondern es ist lediglich ein gewisser thermischer Nachteil, der bei einem Ryzen 9 3900X und dauerhaften Wattzahlen von über 200 Watt und voll ausgelasteter Grafikkarte zum unausweichlichen Throtteln führen dürfte. Für wie relevant das jeder für sich hält, ist ihm dann selbst überlassen.

Man ist bei allen drei Boards also fernab jeglicher Sensation, wenn es um den Betrieb innerhalb oder etwas oberhalb der Spezifikationen geht. Wer das Extrem-OC der großen CPUs sucht, wird sowieso andere Hardware bevorzugen, die dafür auch ausgelegt wurde. Nicht ganz so zufällig sind diese Boards dann aber auch deutlich teurer. Na sowas aber auch.

ASUS TUF Gaming X570-Plus (90MB1180-M0EAY0)

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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