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Griffin Cove und der Abschied vom Monolithen: Intel versucht’s jetzt mit gesundem Menschenverstand

Während andere noch versuchen, mit KI-Logos und bunten Balken das Fehlen echter Innovation zu kaschieren, setzt Intel derzeit offenbar auf eine altmodische Tugend: Lernen aus Fehlern. Das ist neu. Ori Lempel, seines Zeichens Senior Principal Engineer im Core-Design-Team bei Intel, hat gegenüber KitGuru bestätigt, dass man inzwischen weit über Cougar Cove hinaus sei und an etwas arbeitet, das – man höre und staune – drei Generationen weiter vorne liegt. Griffin Cove lautet der Codename, und der stammt garantiert nicht aus einer Marketingabteilung.

Von Panthern, Löwen und anderen Raubtieren

Die Namensgebung folgt wie üblich dem Zoo-Prinzip. Nach Lion Cove kommt Cougar Cove, das in Panther Lake sein Debüt geben soll. Was dann folgt, ist – zumindest der Logik nach – Griffin Cove, mutmaßlich als Bestandteil von Razer Lake. Damit wäre dann auch ein weiteres Buzzword geboren, das in Folien mit fetten Lettern und noch fetteren Versprechen unterlegt werden kann. Doch abseits der zoologischen Spielwiese gibt es tatsächlich etwas Substanzielles zu berichten. Denn: Intel hat offenbar verstanden, dass man sich mit der konsequenten Nutzung der eigenen Fertigung, sprich IFS (Intel Foundry Services), selbst ein Bein gestellt hat. Das Eingeständnis kommt zwar spät, aber immerhin öffentlich. Laut Lempel sei das Core-Design-Team mittlerweile zu „99 % prozessknoten-agnostisch“. Das bedeutet übersetzt: Man schaut jetzt auch mal, was der Nachbar so kann. Und wenn’s besser läuft, nimmt man eben das.

Agnostisch statt dogmatisch: Der Realitätsabgleich bei Intel

Was sich nach technischer Raffinesse anhört, ist in Wahrheit die Rückkehr zum gesunden Ingenieursverstand. Warum sich auf einen Prozessknoten festlegen, der vielleicht in der Theorie gut klingt, aber in der Praxis weder Ausbeute noch Taktraten bringt? Richtig, ergibt keinen Sinn. Genau das hat Intel nun offenbar auch erkannt. Und so sollen zukünftige Designs wie eben Griffin Cove nicht mehr exklusiv für einen einzigen Fertigungsknoten optimiert werden, sondern flexibel bleiben. Mal TSMC, mal IFS, je nachdem, wer gerade liefert – oder wenigstens nicht ausfällt. Konkret heißt das: CPU-Designs werden auf mehreren Nodes gleichzeitig durchsimuliert und synthetisiert. Dann wird geguckt, wo’s am wenigsten kracht – bei Leistung, Effizienz, oder schlicht beim Zeitplan. Entscheidend ist also nicht mehr, ob es der hauseigene Node ist, sondern ob er überhaupt funktioniert. Das ist neu bei Intel und könnte – wenn man es denn ernst meint – tatsächlich etwas verändern.

Cougar Cove ist durch – jetzt kommt die Zukunft

Laut Lempel ist Cougar Cove bereits fertig und wird in Panther Lake zum Einsatz kommen – geplant für die zweite Jahreshälfte 2025. Wer also mit einem Desktop-Upgrade spielt, sollte sich noch etwas gedulden. Was dann folgt, ist eben jenes ominöse Griffin Cove, das weit genug entfernt ist, um noch beliebig viel Raum für Optimierungen (oder Ausreden) zu lassen. Interessant ist dabei ein Gerücht, das man derzeit besser noch mit Handschuhen anfasst: Razer Lake – mutmaßlich mit Griffin Cove – könnte komplett auf E-Cores verzichten. Eine reinrassige P-Core-Architektur also. Klingt vernünftig, vor allem angesichts der Tatsache, dass viele Anwendungen ohnehin lieber einen schnellen Kern statt vieler kleiner Möchtegern-Rechenwerke hätten. Aber wie gesagt: Solange nichts offiziell ist, bleibt das Kaffeesatz.

Weniger Glaube, mehr Physik

Wenn Intel nun endlich verstanden hat, dass Fortschritt nicht allein durch Marketing und hauseigene Fertigung erzwungen werden kann, dann ist das kein Technologiesprung, sondern ein Schritt Richtung Realität. Die prozessknoten-agnostische Herangehensweise ist – nüchtern betrachtet – keine Innovation, sondern eine überfällige Reaktion auf jahrelange Selbstüberschätzung. Ob Griffin Cove dann wirklich der große Wurf wird oder nur ein weiterer Codename auf dem Weg ins Ungewisse, bleibt abzuwarten. Aber der Ansatz, Designs nicht mehr um jeden Preis auf die eigenen Nodes zu zwängen, ist zumindest ein realistischer. Man darf Intel gratulieren: nicht zu einem Meilenstein, sondern zur Erkenntnis, dass Physik, Ausbeute und Takt nicht verhandelbar sind – egal wie oft man es versucht hat. Bis dahin bleibt alles, wie es ist: AMD macht weiter Druck, Apple rechnet konsequent, und Intel hofft, dass die Zukunft diesmal wirklich besser wird. Man arbeitet ja schon daran. Angeblich.

Source: Youtube

Kommentar

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RX480

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???
Das die e-cores ganz wegfallen sollen finde ich nicht ideal.
Das Hintergrundrauschen könnte man ruhig weiterhin mit 4x e-cores abrubeln.

für Gaming-Midrange 8p+4e, .... wäre sicherlich net schlechter als der 235 6p+8e derzeit

die 8p-cores ohne SMT, ... mehr Takt rules
und bitte wieder bessere Latenzen

das man zukünftig 8p braucht scheint durch RT in manchen Games das Minimum zu sein

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eastcoast_pete

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Diese Umorientierung würde auch im Zusammenhang mit dem neuen Intel CEO Sinn machen. Lip Bu-Tan war ja vorher viele Jahre CEO von Cadence, und die Firma ist mit führend in VLSI Design Software. Wenn man Chips zunächst unabhängig von dem am Ende genutzten Knoten zu entwickeln will, geht ohne solche Lösungen gar nichts.

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RazielNoir

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Ich liebe Kaffee . Und in dem Fall sogar Kaffeesatz aus P-Cores...

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Yumiko

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Leider kann das System nicht verlässlich kontrollieren was auf welchem Core läuft. Immer wieder gelangen bei Spielen der Haupt-Thread oder ein Rendering-Thread auf einen e-Core. Ebenso auch bei Single-Thread lastigen Apps.

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RX480

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klingt nicht gut

Könnte Intel nicht die Threadzuweisung für AAA-Games whitelisten?
unter W11 gibts doch schon spezielles Zeugs für einige Games von Intel

bei unsicheren Kandidaten dann irgendwie die e-cores gar nicht nutzen
auch wenns den Verbrauch hochtreibt

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Rantanplan

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Nur P-Cores - vielleicht wird ja auch weiter verbessert, wie die starken Kerne mit niedrigerem Verbrauch genutzt werden können? Und so eine Aufteilung dann nicht mehr lohnt?
Ähnlich dem dicken 8-Zylinder mit Zylinderabschaltung, so dass er meist nur mit 4 Zylindern rumzuckelt. Also eine E-Core Funktion im P-Core berücksichtigen?
"Geringer Idle-Verbrauch" wird sicher sukzessive mit jeder neuen Version mehr Stellenwert erhalten haben, nach all' den Jahren, in welchen hauptsächlich das Volllastergebnis ein Verkaufsargument war. So wollten wir es mehrheitlich ja auch lange Zeit.

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RX480

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praktisch laufen in Games maximal 4 Threads mit vollem Takt, weitere 4 Threads reichen mit 80%
insofern war die Idee mit e-cores@2/3 Takt gar nicht so verkehrt

die e-cores auf ne getrennte GCD setzen, damit die nicht ausversehen genommen wird (x)
kann dann auch ein anderer preiswerter Fertigungsprocess sein

(x) wenns AMD beim 9950x3D hinbekommt, sollte doch auch Intel in der Lage sein
Games auf der Main-GCD laufen zu lassen

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RazielNoir

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Es steht und fällt mit dem MS Scheduler und seine Sicht auf die Hardware. E-Cores für kleine, sparsame NAS bis hin zu Miniservern find ich gut. Ein ATOM C3578 ist/war für seinen Zielgruppenbereich und dem Strombedarf top. Ich hatte mal so einen auf einem Supermicro ITX-Board. Und hab es nahezu ohne Wertverlust verkauft, weil diese SoC-Boards preislich völlig daneben sind aktuell. Aber in einem PC mit den Task-Scheduling-Problemen möchte ich lieber wenige, dafür bei Bedarf hochtaktende vollwertige Kerne. Fürs Gaming reichen doch normal 8-12, für andere Sachen meinetwegen 16-32 Kerne, wenn es die Software hergibt. Für alles andere sind wir beim Server und/oder Workstation-Bereich.

Aber diese BIGLittle-Technik aus der Linux/Android-Sparte bringt IMHO unter Windows nix, solange der Scheduler Hardware und Software nicht besser managen kann. Oder auf welchem Tile der 3D-Cache ist.

Ich wäre eher aufgeschlossen einer Idee, die in zukünftigen Architekturen einen oder zwei Sparsame Kerne oder Co-Prozessoren als fix reservierten Bereich fürs OS vorhält, welche die Apps gar nicht erst sehen. Ähnlich der integrierten eigenen Schaltungen für die Encodierung von H264/265 in den Core i ...

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Yumiko

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Ja, es gibt bei Intel entsprechende Features - da geht es aber eigentlich nur um Benchmarks. Generell kann eine Applikationen sich aber "leistungsstarke" Kerne wünschen.
Bringt aber nichts, wenn die P-Cores schon recht voll sind - denn inzwischen wünschen sich viele Apps/Tools diese - sie wollen ja nicht als lahm oder ruckelnd bewertet werden.
Manuell per Registry oder Process Lasso (kostenpflichtig) kann man das natürlich mit entsprechendem Aufwand managen.
Benchmarks werden auf entsprechend Konfigurierten und "leeren" PCs durchgeführt, da tritt das kaum auf, wenn überhaupt.
CIG hat mit Intel geredet (Star Citizen ist extrem CPU lastig), aber kritische Threads auf e-Cores kommt dort leider auch noch vor.
Im häufigen Ernstfall hilft nur die e-Cores im Bios auszuschalten - dann braucht man die aber auch nicht einbauen hat sich Intel wohl gedacht 😁

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Pheenox

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Was würde ich mir wünschen, dass Intel endlich wieder in die Spur findet und nicht so einen, sorry, Schrott abliefert wie die letzten Generationen. Ich bin seit jeher eigentlich Intel-Kind gewesen, aber das war irgendwann nicht mehr trag- und vertretbar viel mehr Geld für weniger Leistung und deutlich mehr Stromverbrauch zu bezahlen.
Hoffentlich lesen wir bald mal wieder: AMD muss sich strecken um die Krone zurück zu erobern.
Oder
Intel schlägt AMD und NVIDIA ein Schnippchen in der gehobenen GPU Mittel- und Oberklasse.
Das wäre schön. 😅

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eastcoast_pete

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Zumindest bei Arrow Lake ist das mit der Kombination - neueste Versionen von Firmware+Windows und Treiber Updates hat sich da scheinbar einiges getan. Zumindest sind die E-Core Cluster nicht mehr so "klebrig" wenn's um das Zuweisen von Threads geht, welches ja davor die Leistung in Spielen oft deutlich schlechter als die der Raptor Lakes machte.

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RazielNoir

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Wofür sind die E-Cores gedacht. Fürs Grundrauschen vom OS im IDLE. Warum braucht es dann 8-16 E-Cores in Arrow Lake
Apple hat das beim M4 erkannt und die E-Cores auf 4 reduziert, dafür mehr P-Cores implementiert. Auch beim Snapdragon X Elite sind es nur 4 E-Kerne. Wenn schon der Ansatz mit kleinen Kernen, dann doch OS-Exklusiv und die P-Cores für die Applikationen.

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Yumiko

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Naja, AMD hat gerade den 2nm Deal mit TSMC unterschrieben. Vielleicht wenn Intel auch mal eine Ingenieurin an der Spitze hat, statt Zahlen- oder Penisschieber, wird wieder Fokus auf die Technik gelegt. Momentan wird in den Medien abgefeiert, das Intel in 3 ( ! ) Generationen sich offen hält möglicherweise auch woanders zu produzieren - wow :rolleyes:

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Rooter

Veteran

215 Kommentare 79 Likes

Ein paar Korrekturen muss ich hier mal anbringen.

Nach Cougar Cove folgt Coyote/Panther Cove, der in Nova Lake-S auch für den Desktop kommt.

Razer Lake ist ein Chip mit P+E Kernen. Die E-Kerne nennen sich Golden Eagle. Richtig interessant wird es nach Razer Lake.

Griffin Cove ist nach aktueller Planung der letzte Cove von der Core Architektur aus Israel. Danach übernimmt Intels Austin Team, die derzeit die E-Kerne mit großen Fortschritten designen. Das Austin Team arbeitet unter Leitung von Stephen Robinson an einem unified Kern auf Atom (E-core) Basis, der ab Titan Lake zum Einsatz kommen soll (wenn alles planmäßig verläuft).

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RazielNoir

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Unified Kern klingt allerdings sehr nach einer Abkehr von P+E….

Dann wirds wieder spannend

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Samir Bashir

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