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Gehört, zerlegt und mit Bravour bestanden: Beyerdynamic A20 als (nahezu) perfekter Kopfhörerverstärker

Sound-Check

Eins schnell noch vorab: 32-Ohm-Kopfhörer ungewisser Herkunft und mit unklaren technischen Daten sollte man besser nicht auf Volllast am A20 betreiben, sonst klopft die abgefetzte Membran vielleicht schneller ans Trommelfell, als es einem lieb sein könnte. Und das pult sich dann auch immer so umständlich wieder aus dem Ohr. Doch Sch(m)erz beiseite, es ist wirklich ein Kopfhörerverstärker, bei dem einem pure Leistung bis hin in den Hochohmbereich glatt das Gehirn wegpusten kann. Ein Spielzeug sieht somit anders aus.

Ich habe den A20 zunächst mit dem Beyerdynamic T 90, einem Sennheiser HD650 und dann mit dem Amiron Home getestet, den ich ja auch letzte Woche im Einzeltest („Beyerdynamic Amiron Home im Test – Entspannter Hi-Fi-Kopfhörer nicht nur fürs Wohnzimmer“) näher analysiert hatte. Egal, ob nun Sennheisers sehr warme (und etwas dunklere) Interpretation oder die beiden Tesla-Hörer, bei denen der Amiron Home das klarste und deutlich hellere Bild abgibt – alles ab 250 Ohm Impedanz wird definitiv nicht in der Bedeutungslosigkeit versinken, denn genau für solche Kopfhörer (oder noch hochohmigere) ist der A20 ja gemacht.

Es ist faktisch der Nachbrenner für jede brustschwache Analogquelle, an der man keinen Kopfhörer dieser Ohm’schen Dimensionen vernünftig betreiben kann. Das betrifft dann sogar die Edel-Motherboards mit extra beworbenem und sauber eingepreistem Audio-Klimbim, denn vernünftige Pegel habe ich mit keinem der hier verfügbaren Teile auch nur ansatzweise hinbekommen können. Die aktuell verwendeten DACs sind mittlerweile ja schon richtig gut, aber Endstufen findet man keine. Gain-Schalter auch nicht. Womit sich das Thema eigentlich am PC erledigt hätte, wenn man nicht auf separate Soundkarten der gehobenen Preisklasse setzt, die auch solche Pegel abliefern können.

Und genau hier kann der A20 dann elegant zum Sprung ansetzen. Egal ob als Potenzverstärker für den PC, als Einzelkämpfer beim Plattenspielerdirektanschluss oder als sinnvolle Ergänzung der heimischen Anlage, bei der die Kopfhörerausgänge auch fast immer nur auf Kompromiss-Level dahinvegetieren – es ist am Ende der Genussfaktor, der die beleidigt grummelnde Vernunft mit Schmackes in die Ecke schickt. Doch ich will nach so vielen Allgemeinplätzen auch mal auf die Details eingehen, die mir wirklich als echtes Unterscheidungsmerkmal aufgefallen sind.

Zunächst wäre da erst einmal eine wirklich kritikfreie Dynamik, die sich von den leisesten Nuancen, bis hin zum krawalligen Finale Furioso spannt, ohne auch nur den Hauch von Kratzigkeit zu produzieren. Klirr kann man sich maximal noch einbilden, aber wenn wirklich was spratzt und scheppert, war es bestimmt schon so in der Aufnahme drin. Die Pegelfestigkeit ist hervorragend und vor allem sehr variable Klangteppiche mit einem sehr breitbandigen Gemisch aus verschiedensten Quellen mit sehr unterschiedlicher Intensität sind schlichtweg ein Genuss beim Konsumieren.

Gerade der Amiron Home mit dem etwas vorlauten Beyer-Peak ist der ideale Test-Kopfhörer für den Hochtonbereich. Und genau dort leistet sich die diskret bestückte AB-Endstufe des A20 samt der doch recht starken Gegenkopplung nun überhaupt keine hörbare Schwäche. Im direkten Vergleich mit allen drei Kopfhörern zur ohnehin schon guten externen Asus Xonar Essence STU sind der Zugewinn bei Pegelfestigkeit und Detailtreue, sowie die erstaunlichen Nuancierungen auch in schwierigen Passagen eindeutig hörbar. Vom Maximalpegel und der Dynamik mal ganz zu schweigen. Der Tiefstbass ist nicht nur klarer und sauberer, sondern in der Endkonsequenz auch kämpferischer.

Und mittendrin? Bei der Impulstreue, den unteren und oberen Mitten herrscht dann irgendwie Gleichstand, denn so schlecht ist die Essence STU ja nun auch wieder nicht. Universeller einsetzbar und zudem deutlich konnektiver ist sie auch. Nur klanglich fehlt halt der (aller)letzte Kick. Den habe ich jetzt beim A20 gefunden, immerhin. Am PC habe ich übrigens wieder den Onboard-Sound für mich neu entdeckt, denn der vebaute DAC ist (wie bereits erwähnt) brauchbar. Der A20-Nachbrenner ist dann jedoch unumgänglich und es geht damit natürlich auch Gaming jenseits der 16- oder 32-Ohm-Tröten…

Zusammenfassung und Fazit

Allerdings kann auch der A20 nicht retten, was die Kopfhörer selbst dann gar nicht können. Womit wir auch wieder elegant den Bogen zur Zielgruppe gefunden hätten. Denn ein mindestens ebenbürtiger Kopfhörer ist hier schon Pflicht. Dass man dann in der Summe schon am vierstelligen Bereich kratzt oder bereits drin liegt, geschenkt. Nur will ich nicht schon wieder mit den Grafikkarten anfangen, bei denen ja offensichtlich jede Summe akzeptabel scheint. Vergesst einfach mal die bunte Pixelgrütze und denkt auch an eure Ohren und die fernere Zukunft! Denn eines ist auch sicher: man hat hier im Langzeitbetrieb auch nach 10 Jahren noch den gleichen Spaß! Versucht das mal mit Grafikhardware, viel Freude dabei…

Schnickschnack bietet der A20 nicht, einen DAC und digitale Eingänge hat man auch weggelassen. Damit ist das ist analoger Purismus pur, den man gut oder schlecht finden kann, je nachdem. Mir hat diese sehr solide Interpretation der Einfachheit, die ja wie immer so schwer so schwer zu lösen ist, jedenfalls zugesagt. Wer einen guten Kopfhörer besitzt und analoge Signale ausreichend sind: es ist lecker angerichtet. Der Rest wird eh wie immer auswärts essen gehen.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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