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GeForce RTX 3080 und RTX 3090 mit gebogenem Package – warum es Wasser- und Luftkühler so schwer haben | Investigativ

Man staunt natürlich nicht schlecht, wenn zum Beispiel drei vermeintlich gleiche Karten eines Herstellers komplett unterschiedliche Temperaturen bzw. Lüfterdrehzahlen aufweisen und sich das dann auch sehr ähnlich in den Reviews der Kollegen wiederspiegelt, die sich vermeintlich widersprechen. Nein, nicht die Redaktionen wissen nicht, was sie tun, sondern nur nicht, warum das alles so ist, wie es ist. Nur muss man da erst einmal dahinterkommen, was auch die nötigen Gerätschaften zum Messen bedingt, die man nun einmal nicht als selbstverständlich voraussetzen kann. Und auch die exakte Fertigung von Kühlblöcken kann sich plötzlich und unerwartet rächen, wenn man es als Hersteller mit den Spaltmaßen wirklich genau nimmt und dann staunt.

Wichtige Vorbemerkung

Da vor allem die Kollegen auf  YouTube und News-Aggregatoren gern einmal die Zusammenhänge und wichtigen Bemerkungen bei der Jagd nach dem schnellen Klick überlesen bzw. einkürzen, stelle ich diesmal eine extra Erklärung voran, die man wirklich dringend zur Kenntnis nehmen muss. Alle nachfolgend aufgeführten Werte wurden nämlich vorab zu NVIDIA kommuniziert und mit „als im Toleranzbereich“ befindlich kommentiert. Das bitte ich zu berücksichtigen.

Das geht erst einmal so in Ordnung, allerdings sind Toleranzbereiche ein sehr dehnbarer Begriff, denn man weiß nie, wann so eine Toleranzgrenze festgelegt wurde. Als Vorgabe an die Beteiligten in der Produktionskette bis hin zum fertigen Package oder erst nach den ersten Erfahrungen mit einer neuen Produktion, wo man dann die großen Spaltmaße zum neuen Standard erhebt und die Produktions-Kette auf das Package reagieren muss? Auch das ist eigentlich egal, denn es ist, wie es ist. Nur muss man es wissen und stets mit einplanen. Auch als kausale Kette, wenn mehrere Faktoren zusammenkommen.

Hier steht mir natürlich kein Urteil zu, denn ich bin kein Chip- oder Grafikkartenhersteller, allerdings muss auch die Gegenfrage eines an der Kühlkette Beteiligten erlaubt sein, warum man es ausgerechnet diesmal so großzügig angehen lässt, wo doch die Rahmenbedingungen von sehr viel abzuführender Energie durchaus eine andere Sprache sprechen. Der heutige Artikel beinhaltet also das, was mir persönlich aufgefallen ist und wo ich auch für die Kühlerhersteller sowie letztendlich auch den  Endanwender Probleme sehe. Die Problematik ist auch den Boardpartnern, Kühler-OEM und Wasserkühlungsproduzenten mittlerweile bewusst und vieles von dem, was ich heute beschreibe, ist verifiziert worden bzw. fußt sogar auch den initialen Meldungen der beteiligten Industrie.

Problemzone 1 – der konvexe Die

Wir sehen am Bild oben (RTX 3090 FE) anhand der Verteilung (und Menge) der Wärmeleitpaste, mit welche hohem Anpressdruck gearbeitet wurde. Die Mitte des resultierenden und ausgehärteten Abdrucks ist stark komprimiert und man kann sogar noch die Beschriftung des Chips lesen, während die Ecken stark abfallen. Wenn man davon ausgeht, dass so eine Schicht auch mal 0.1 mm oder dicker ist, dann lässt sich hier bereits eine konkave Oberfläche erkennen. Doch wie geht das eigentlich, denn der Die ist ja komplett plan (erzeugt worden)?

Hier ist die Ursache beim Packaging zu suchen, aber da komme ich gleich noch darauf zurück. Die konkave Wölbung gab es auch schon bei Turing, aber nicht so extrem und auch die Gesamthöhe das Packages war sehr viel einheitlicher. Um das jetzt auch zu belegen, haben wir einmal eine eher durchschnittliche Grafikkarte  bei 20 °C Raumtemperatur vermessen. Die Wölbung des Die liegt hier mit 0.068 mm (laut NVIDIA innerhalb der Spezifikationen) noch im erträglichen Bereich, allerdings hatte ich auch eine Karte mit etwas über 0.08 mm. Das lässt sich mit Wärmeleitpaste noch ganz gut beherrschen, wenn sie nicht zu flüssig ausfällt und unterscheidet sich am Ende auch nur wenig von Turing. Hier einmal der Formplot zur Ebenheit:

Parallel dazu habe ich einen Extremfall auch selbst in 3D hochauflösend gescannt. Hier liegt die Wölbung im Die allerdings bei stellenweise 0.08 mm und mehr, was durchaus Fragen aufwirft, wie so etwas entstehen kann.

 Soweit, so bekannt, auch wenn die Wölbung eher unschön ist. Aber sie ist noch gut beherrschbar, da laut NVIDIA immer noch im Rahmen der Spezifikationen. Es sei denn, die gesamt Platine (samt Package!) ist bereits so verzogen, wie auf meinem Scan der  GeForce RTX 3080 (das Schwarze stellt den Kühlerboden und die Ebene dar) , dann wird es etwas deutlicher.

In so einem Fall fällt es auch sehr schwer, eine genaue Zentrierung hinzubekommen und es klaffen statt der 0.08 mm des Die als solchem plötzlich auf einer Seite sogar 0.156 mm, was auch für viskose Wärmeleitpaste schon arg sportlich wird. Flüssigmetall wird hier noch vor dem BurnIn verlaufen und die Flutschinaut findet erst gar keinen Halt mehr. Die zweckmäßig gewählte Wärmeleitpaste muss also eine wichtige Rolle spielen und man ist mit nicht zu flüssiger Wärmeleitpaste samt hoher Wärmeleitfähigkeit bestens bedient. Flüssigmetall sollte auch bis zu den Ecken reichen, was natürlich besondere Sorgfalt voraussetzt und nicht immer zielführend sein muss.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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