Phasenwandelnde Wärmeleitmaterialien wie das PTM 7950 von Honeywell haben sich in den letzten Jahren zunehmend als leistungsfähige Alternative zu klassischen Wärmeleitpasten etabliert – insbesondere dort, wo es auf eine dauerhafte, stabile thermische Kopplung bei hoher mechanischer Belastung ankommt. Trotz ihrer prinzipiellen Anwenderfreundlichkeit birgt die Anwendung solcher Materialien jedoch zahlreiche Fallstricke, die in gängigen Online-Anleitungen häufig nicht oder nur unzureichend berücksichtigt werden.
Der vorliegende Artikel befasst sich im Detail mit der korrekten Vorbereitung und Applikation des PTM 7950 und legt dabei besonderes Augenmerk auf praktische Aspekte, die in der öffentlichen Diskussion bislang wenig beachtet wurden. Neben dem richtigen Zuschneiden des Pads, der thermisch bedingten Adhäsion und der Auswahl der optimalen Kontaktfläche werden konkrete Empfehlungen zur Handhabung und Vorbereitung gegeben, die auf technischen Grundlagen beruhen und typische Anwendungsfehler vermeiden helfen. Ziel ist es, eine belastbare und nachvollziehbare Anleitung zu schaffen, die nicht nur das Verständnis für die Wirkweise des Materials vertieft, sondern auch eine zuverlässige Umsetzung im praktischen Einsatz ermöglicht.
Adhäsion – Wissenswertes zu den “Klebeeigenschaften” dieser Pads
Das PTM 7950 von Honeywell besitzt ausgeprägte adhäsive Eigenschaften, die in mehrfacher Hinsicht sowohl vorteilhaft als auch potenziell problematisch sein können, je nach Anwendungssituation und Handhabung. Diese Klebewirkung ist kein Zufallsprodukt, sondern eine bewusste Materialeigenschaft, die aus der spezifischen Zusammensetzung und der Phasencharakteristik des PTMs resultiert. Im festen Zustand, also bei Raumtemperatur oder im unbenutzten Auslieferungszustand, zeigt das Pad bereits eine gewisse Haftwirkung, die vor allem beim Kontakt mit raueren Oberflächen wie der Bodenplatte eines Kühlers spürbar ist. Diese Haftung beruht primär auf Van-der-Waals-Kräften und mechanischer Verklammerung in Mikrovertiefungen, da das Material eine leicht wachsartige Oberfläche aufweist. Die Adhäsion ist jedoch in diesem Zustand noch eher schwach ausgeprägt und dient hauptsächlich dazu, das Pad vor der Montage auf einer Oberfläche temporär zu fixieren, ohne dass zusätzliche Klebstoffe notwendig wären.
Erst im erwärmten Zustand, bei Temperaturen ab etwa 50 °C, verändert sich die Adhäsionscharakteristik deutlich. Das Material geht in eine niedrigviskose Phase über und beginnt, sich in kleinste Unebenheiten der Kontaktflächen einzufügen. Während dieses Phasenwechsels nimmt die effektive Kontaktfläche erheblich zu, und es entsteht eine quasi-kohäsive Verbindung zwischen Chip, Pad und Kühler. Diese Verbindung ist nicht reversibel im Sinne eines klassischen Klebstoffs, aber stark genug, um nach Abkühlung mechanischen Widerstand gegen Ablösen oder Verschieben zu bieten.
Diese adhäsive Wirkung bringt mehrere Vorteile mit sich: Zum einen verbessert sie die mechanische Kopplung der Kontaktflächen, was der thermischen Ankopplung zugutekommt. Zum anderen minimiert sie die Gefahr, dass das Material bei Vibrationen oder Transportbewegungen verrutscht, was insbesondere bei mobilen oder vertikal montierten Systemen ein relevanter Aspekt ist. Zudem gewährleistet sie, dass sich das Material unter Anpressdruck nicht seitlich verdrängt, sondern sich gezielt entlang der Wärmesenke verteilt.
Gleichzeitig ergeben sich jedoch gewisse Herausforderungen: Nach dem vollständigen thermischen Zyklus haftet das PTM 7950 so stark an beiden Kontaktpartnern, dass es sich nur mit erheblichem Aufwand entfernen lässt. Das Pad reißt dabei in der Regel auf oder bleibt in dünnen Schichten an der Oberfläche zurück. Insbesondere auf porösen oder fein strukturierten Oberflächen wie unbehandeltem Kupfer oder offenem Silizium kann die Entfernung ohne Rückstände nur durch mechanische Bearbeitung mit einem geeigneten Kunststoff- oder Holzwerkzeug erfolgen, idealerweise unterstützt durch isopropanolhaltige Reinigungsmittel.
Es ist deshalb nicht vorgesehen, das Pad mehrfach zu verwenden. Selbst wenn die optische Integrität noch gegeben scheint, ist die ursprüngliche Mikrostruktur nach einem Wärmedurchlauf in der Regel verändert, und die Adhäsionsfähigkeit nimmt bei erneuter Montage unkontrollierbar ab. Die Ränder können ausgehärtet sein oder ungleichmäßig verteilt, was zu Hotspots oder unvollständiger Abdeckung führt.
Vorab lässt sich also sagen, dass die adhäsiven Eigenschaften des PTM 7950 und ähnlicher Produkte integraler Bestandteil seines Wirkprinzips sind. Sie tragen zur Effizienz und mechanischen Stabilität bei, setzen aber eine korrekte einmalige Applikation voraus und schließen eine Wiederverwendung in seriösen Anwendungen aus. In Internetforen wird dieser Punkt oft vernachlässigt oder es wird gar empfohlen, das Pad mehrfach zu verwenden – ein Ratschlag, der mit den physikalischen Eigenschaften des Materials nicht in Einklang steht. Und es gibt auch noch andere Urban Legends, mit denen man mal aufräumen sollte, denn auch wenn sie im Kern richtig sind, ist die Ausführung fast immer falsch. Doch dazu gleich mehr.
Fakt ist: die Pads bringen, einmal richtig aufgetragen, eine echten Mehrwert, an den eine normale Paste kaum herankommt. Ob einem dann der ganze Aufwand wert ist, muss man mit sich sekbst ausmachen. Weit über 6 W/mK sind jedoch eine Ansage.
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