Grundlagenartikel Kühlung Testberichte Wärmeleitpaste und Pads

Mit falschen Daten aufs Glatteis geführt – EKL Alpenföhn Blitzeis Wärmeleitpaste im Test

Die Alpenföhn Blitzeis Wärmeleitpaste wird vom Hersteller vollmundig mit einer angeblich extremen Wärmeleitfähigkeit von 15,2 W/m·K beworben. Diese beeindruckende Zahl soll natürlich suggerieren, dass es sich um die ideale Wahl für alle handelt, die maximale Leistung anstreben. Doch wie so oft klaffen Anspruch und Wirklichkeit mal wieder weit auseinander. In der Praxis zeigt sich nämlich, dass die Paste in Bezug auf die Wärmeleitfähigkeit zwei Gesichter hat und bei Erwärmung sogar dazu neigt, diverse Gase freizusetzen (outgassing), was zu einer Blasenbildung in der aufgetragenen Schicht führt. Diese Blasenbildung beeinträchtigt die Haltbarkeit erheblich und kann die Kühlleistung des gesamten Systems auf Dauer auch negativ beeinflussen. So wird aus dem vermeintlichen Hochleistungsprodukt schnell ein Risikofaktor für die Systemstabilität. Und genau darüber muss ich heute schreiben, denn aktuell wird diese Paste in diversen Foren gehypt. Da muss man einfach handeln.

Zumal die aufgerufenen Preise ab 12 Euro (inklusive Versand) für nur zwei Gramm schon an Wegelagerei grenzen, wenn man sich die soliden Mitbewerber im Performance-Mittelfeld anschaut. Denn es geht deutlich günstiger und auch besser. Foren-Influencing ist immer so ein Ding. Einer haut Einen raus und alle rennen dann hinterher…

Verstöße gegen rechtliche Vorschriften

Eigentlich müsste ich diesen Absatz bei fast allen Pasten voranstellen, aber es ist einfach mal wieder an der Zeit, da es hier ein deutscher Anbieter ist: Die Inverkehrbringung von Wärmeleitpaste in Deutschland und der EU erfordert die Einhaltung strenger rechtlicher Vorgaben, insbesondere im Rahmen der REACH-Verordnung (EG Nr. 1907/2006). Eine der zentralen Anforderungen ist die Bereitstellung von Sicherheitsdatenblättern, die detaillierte Informationen zu den chemischen Eigenschaften, möglichen Gefahren und Sicherheitsmaßnahmen eines Produkts enthalten müssen. Das Fehlen solcher Sicherheitsdatenblätter stellt nicht nur einen Verstoß gegen die gesetzlichen Vorgaben dar, sondern birgt auch potenzielle Gefahren durch unsachgemäßen Umgang.

Gemäß der CLP-Verordnung (EG Nr. 1272/2008) ist eine eindeutige Kennzeichnung von chemischen Produkten vorgeschrieben, um Nutzern auf den ersten Blick Informationen über Gefahrenklassen und Vorsichtsmaßnahmen bereitzustellen. Die fehlende Kennzeichnung erschwert es den Anwendern, die potenziellen Risiken zu erkennen und angemessen zu reagieren, was sowohl die Sicherheit als auch die Rechtssicherheit gefährdet. Die Registrierung von Stoffen und Gemischen in relevanten Datenbanken, wie etwa dem Europäischen Chemikalienregister (ECHA-Datenbank), ist ebenfalls vorgeschrieben. Diese Datenbank ermöglicht die Nachverfolgung chemischer Stoffe, ihre Klassifizierung und die Einhaltung der REACH-Anforderungen. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) ist die zuständige Behörde in Deutschland, bei der Unternehmen Chemikalien registrieren und Informationen einreichen müssen. Eine fehlende Registrierung oder unvollständige Angaben in diesen Systemen können nicht nur zu empfindlichen Strafen führen, sondern auch den Vertrieb eines Produkts rechtlich unmöglich machen.

Dazu kommt, dass sich auf der Verpackung ein gefälschtes CE-Kennzeichen befindet. Den Aufdruck mit dem Recycling… Ich hoffe, man hat auch die Verpackung ordnungsgemäß angemeldet. Ein häufiges Merkmal eines unkorrekten CE-Kennzeichens ist eine Abweichung im Design, insbesondere bei den Proportionen und Abständen der Buchstaben „C“ und „E“. Nach den offiziellen Vorgaben der EU sind die Buchstaben durch spezifische geometrische Vorgaben definiert. Hier ist der Querstrich im E außen bündig und die Buchstaben stehen weiter auseinander. Es steht wohl eher für “China Export”, was zum Verwechseln ähnlich aussieht.

Solch nettes Zubehör wie Spatel, Alkohol-Pads für die Reinigung oder gar Folien zum Bepasten gibt es  auch und sie sehen denen einer bereits getesteten Paste sehr ähnlich. Aber auf solche Dreingaben, die im Einkauf fast nichts kosten, kann man gern verzichten, wenn dann wenigstens Performance und Haltbarkeit stimmen. Hier gibt es allerdings viel Klimbim für fast nichts. Genau das gilt es heute herauszufinden und auch zu belegen, auch wenn ich ja bereits eine gewisse Einschränkung weiter oben gespoilert habe.

Der Betriebstemperaturbereich wird zwischen -20 und 130 °C angegeben, was eher untypisch erscheint, denn Silikonöl, wie es in Wärmeleitpasten verwendet wird, hat typischerweise eine maximale Temperaturbeständigkeit bis etwa 250 °C und mit sehr hochwertigen Formulierungen auch noch bis  maximal 300 °C, abhängig von der chemischen Zusammensetzung und den spezifischen Additiven. Aber das werden wir ja eh nie erreichen. Die Angaben zur Wärmeleitfähigkeit wurden, falls überhaupt, im Eimer gemessen oder nur ausgewürfelt.

Gut, das muss jetzt an Einführung reichen, denn ich hatte schon während des Testens einen recht dicken Hals. Nicht nur anatomisch gesehen…

Test-Setup und Methoden Materialanalyse und Mikroskopie Grundlagenwissen
Hier erfahrt Ihr, warum effektive Wärmeleitfähigkeit und Bulk-Wärmeleitfähigkeit in der Praxis komplett unterschiedlich sein können, welche Rolle der Kontaktwiderstand zwischen den Flächen und der Paste spielt und wie man Wärmeleitpaste exakt messen kann. Dazu gibt es die genaue Beschreibung des Equipments, der Methodik und der Fehlertoleranzen. Ihr erfahrt hier, wie die Laser-induzierte Plasmaspektroskopie funktioniert und mit welchen Vorteilen und auch Einschränken man bei den Messungen leben muss. Dazu gibt es eine hochauflösende Digitalmikroskopie und die Analyse der Partikelgrößen. Diese Informationen dienen auch der Abschätzung der Langzeitkonstanz eine Paste. Wer schon immer einmal wissen wollte, was in so einer Paste drin ist bzw. was nicht und wie man diese Pasten herstellt, der wird hier noch einmal fündig. Der Grundlagenartikel dient zum besseren Verständnis dessen, was oft für viel zu viel Geld und mit manchmal auch abenteuerlichen Versprechen wirklich verkauft wird.

Alpenföhn Blitzeis Wärmeleitpaste, 2g (84000000216)

Procooling1-3 Werktage8,90 €*Stand: 12.02.25 21:36
nullprozentshop.deSofort ab Lager8,90 €*Stand: 12.02.25 21:43
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*Alle Preise inkl. gesetzl. MwSt zzgl. Versandkosten und ggf. Nachnahmegebühren, wenn nicht anders beschriebenmit freundlicher Unterstützung von geizhals.de

 

Kommentar

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GamePat96

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Finde die Tests immer sehr interessant, auch hier wieder gerne durchgelesen.

Was eine Enttäuschung, gut das ich bis vor dem Test noch nie von der Paste gehört habe😅 Wird es eigentlich auch einen Test zur neuen Thermal Grizzly Paste (Duronaut) geben? Suche grade nach einer geeigneten Paste für meine CPU, die so an die 2 Jahre ihren Job macht, ohne direkt nen Abflug Richtung Feierabend/Rente zu machen. Aber bin mir maximal unsicher welche ich nehmen soll, muss keine Weltrekorde brechen, da sowieso Custom WaKü, aber schon gerne was Ordentliches fürs Geld.

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Igor Wallossek

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Duronaut gabs hier mal als Paste X. War aber nur ein Prototyp :)

Ich warte auf Retail-Warte.

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GamePat96

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31 Kommentare 6 Likes

Verständlich, hoffe mal die kommt bald an :)

Freue mich schon auf den Test, und hoffe die taugt was. Danke für die schnelle Antwort

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Fortuba

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Ahh die Bekannte Paste X ist also die Duronaut. Dann bin ich mal auf den zweiten Test gespannt ob die gemessenen Werte von damals mit der Duronaut übereinstimmen

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RedF

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Irgendwie habe ich Alpenföhn als schlechten Billigheimer im Hinterkopf, da wundert mich das Ergebnis nicht.

Die sind bei mir auf der nicht kaufen liste.

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konkretor

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352 Kommentare 365 Likes

Gefälschtes CE Zeichen? Abmahnung in 123....

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Tronado

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Nach dem Alpenföhn Olymp und dem Himalaya 2 (sehr guter hoher 140mm Singletower) ging es abwärts.
Miese Lüfter, laut und ineffizient und die Kühler seit 2014 nicht mehr weiterentwickelt.

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e
eastcoast_pete

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2,201 Kommentare 1,405 Likes

Wenn "Blitzeis" aufs Glatteis führt 😜! Und, der hohe Preis ist geschickt gemacht, denn so denken einige mögliche Opfer (Kunden), daß das Zeug eben doch was besonderes ist. Was auch stimmt - allerdings besonders schlecht!
Und, Frage an @Igor Wallossek : haben denn jetzt schon die eine oder andere Seite einen Link auf Deine Datenbank eingerichtet? Denn sie ist in der Form doch einmalig.

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Steffdeff

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Vielleicht sollte Alpenföhn über das beimischen geringer Mengen von Streusalz nachdenken, damit die Marketingabteilung nicht ausrutscht.😉😃

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z
zwerg05

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Ich nutze im Moment die polartherm x10 warte bis die Dow paste in de verfügbar sind hoffe das ist bald eventuell hölle ich mir die neue duronout aber da warte ich noch auf guten test

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Igor Wallossek

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11,672 Kommentare 22,609 Likes

Nein, die Kollegen sind da sicher (noch) futterneidisch :D

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h
hellm

Moderator

718 Kommentare 952 Likes

OMG :eek:

..wobei ich mir nicht mehr sicher bin ob am Ende nun Blitzeis oder TFX auf meiner GPU gelandet ist. Wie auch immer, der Hub beträgt nur 20-30 Kelvin, Wasserkühlung. Nach einem Jahr, OK, ich hab kaum Games gezockt welche die GPU belasten, aber im Moment ist noch alles fit.

Wann kommt nun diese Duronaut? Honeywell und 5888 weiß ich nachher eh nicht ob ich auch bekommen hab was bestellt wurde, wenn ich mir von irgendwo her etwas bestelle, also wie war das noch mit den Geschmacksrichtungen bei TG?

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Dragokar

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40 Kommentare 20 Likes

Das ist wieder sehr aufschlussreich.

Gab es hier auf der Seite nicht auch mal einen Vergleich über die Vorgehensweise beim Auftragen der WLP? Gibt da ja regelrecht Religionen die X, versus Klecks versus verstreichen debattieren.

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B
Besterino

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7,264 Kommentare 3,811 Likes

Steht wahrscheinlich schon irgendwo, aber ich erinnere es nicht mehr: was sind denn so die typischen Abstände zwischen CPU/GPU und Kühler? Reden wir da von eher 25, 50, 100, 150 oder noch mehr µm?

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Martin Gut

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8,494 Kommentare 4,108 Likes

Wenn ich das richtig im Kopf habe, hat Igor früher die Wurstmethode empfohlen. Heute verstreicht er die Pasten aber.

Mit weicheren Pasten kann man eigentlich alles machen. Bei viskoseren muss man aber fast verstreichen und wenn nötig auch etwas erwärmen. Nur durch den Druck verteilen sich zähe Pasten zu wenig. Dazu kann sich eine Paste die unter Druck zur Seite gequetscht wird auch teilweise entmischen.

Grob gesagt: Je viskoser eine Paste um so grösser der Aufwand sie aufzutragen aber dafür ist sie auch langlebiger weil sie dann so bleibt.

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Igor Wallossek

1

11,672 Kommentare 22,609 Likes

Marketing-Bubbles:

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p
passivecool

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67 Kommentare 37 Likes

Im Bayern habe einst die Schönwetterlage 'Föhn', also von Süden über den Alpen schwappenden Winden - die hier als wohl unerträgliches, schönes Wetter ankommt - betörend und verwirrend gar als mildernden Umstand in Mordprozesse gegolten haben. Ob dies heute noch bei der betrügerischen Werbung von Wärmeleitpasten gilt, entgeht leider meine Kenntnisse. ABER! Die Idee, die CPU-Paste mit dem Jahres-Skipass glattzustreichen ... das hat schon was, das muss ich zugeben. ;)

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D
Daves085

Mitglied

11 Kommentare 14 Likes

Hm wenn ich mir jetzt nur die kurz die Anmerkung und Empfehlung anschaue denke ich mir joa kann man nutzen ist ja grün bei CPU.
Wenn ich mir den Test durchlese denke ich nur Finger weg.
Klar , in der Anmerkung steh dass es mit der Zeit an Leistung verliert aber so ganz passt das noch nicht zusammen. Evtl noch ein farbiges Feld für Haltbarkeit?

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_roman_

Veteran

157 Kommentare 47 Likes

Schön - man sieht verschiedene Auftragunsstärken zwischen Hitzequelle und Kühlkörper verändert massiv das Ergebnis

Da wird der Hersteller es massiv mechanisch mit einer Aperatur zusammengequetscht haben für sagenhafte Werte. Ich bezweifle diese Schichtstärken sind nur irgendwie relatitätsnah so wie ich es vermutlich in Verwendung habe.

Die Paste wird nur für 5 Minuten benutzt und schneidet immer Super ab. Im Langzeittest zu Hause nach Wochen kommt dann die große Enttäuschung. Oh Wunder - Oh Wunder. Ein systemmatischen Messfehler von den vielen Webseiten die irgendwelche Wärmeleitpasten testen.

Die Hersteller sollen ehrlich sein und irgendetwas drauf schreiben wie: Lagerdauer 12 Monate. Alle 3 Monate Wärmeleitpaste ersetzen bei üblicher Nutzung des PCs von 2 Stunden am Tag.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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