Test-Ergebnisse
Test-System und -Methodik sind identisch zu der aus dem vorherigen Artikel, den ihr zum Nachschlagen noch mal hier findet. Aber nochmal kurz zusammengefasst: Der 3DMark Port Royal Benchmark wird im Loop Modus für jeweils 10 Minuten ausgeführt und die Monitoring-Daten mittels HWinfo erfasst. Zudem wurde die Grafikkarte basierend auf das Maximum übertaktet, das mit dem Founders Edition Standard-Kühler stabil war und anschließend die selben Einstellungen im modifizierten Zustand verglichen. So ist auch hier wieder die OC-Einstellung + 100 MHz GPU, + 1000 MHz Memory, + 15 % Power- und 90 °C Temperatur-Limit.
Wenn wir uns zunächst die gesamte Leistungsaufnahme der Grafikkarte ansehen, fällt der Mod sofort ins Auge. Wo zuvor noch 115 % von 350 W mit effektiven 400 W das harte Limit war, kann nun nahezu ungehindert Strom fließen und damit Leistung verbraucht werden. Ohne eine Einstellung im MSI Afterburner geändert zu haben, genehmigt sich die Karte nun automatisch 80 W mehr.
Durch den Shunt-Mod ist sogar noch einiges an Luft nach oben bei der Übertaktung frei geworden, sodass noch einmal 50 MHz mehr an der GPU und 400 MHz mehr am Speicher stabil laufen. Mit dieser „extra OC“ Einstellung genehmigt sich die RTX 3090 im ITX-Format allerdings schon knappe 500 W. Und das ist wohlgemerkt nur der Durchschnitt, die Spikes dürften sich weit jenseits der 600 W abspielen.
Kurz zur Erklärung, wie ich auf die Leistungsdaten mit Shunt-Mod komme, wo ja das Monitoring der GPU laut HWinfo weitaus weniger Verbrauch anzeigt: Die Berechnung der Stromstärke und Leistungsaufnahme anhand des bekannten Shunt-Widerstands-Wertes lässt sich nun natürlich auch rückwärts anwenden. Und so finden wir im Log zwar eine durschnittliche TGP von 279 W, wissen aber es mit dem Faktor 5/2,92 zu multiplizieren um die reale Leistungsaufnahme zu erhalten. Das Ergebnis sind dann die 478 W, wie sie im Diagramm rosa hervorgehoben sind.
Bei den Taktraten gibt es neben einem beachtlichen Sprung nach oben auch einen bemerkenswerten Ausreißer in die andere Richtung, auf den ich zunächst eingehen möchte. Während die RTX 3090 ohne den Shunt-Mod im Idle-Betrieb minimal auf 1695 MHz auf der GPU zurück taktet um Strom zu sparen, sinkt die Minimal-Taktrate mit Shunt-Mod auf winzige 210 MHz. Nach ein wenig Recherche konnte ich herausfinden, dass die 210 MHz eigentlich für Ampere Karten das korrekte Verhalten im Idle ist, und die 1695 MHz wie ich sie out of the box gemessen hatte, eigentlich fehlerhaft bzw. so von NVIDIA nicht vorgesehen sind.
Der Grund für diesen Fehler ist anscheinend ein Bug im Grafiktreiber bei Topologien mit mehr als einem angeschlossenen Monitor, wobei die Grafikkarte niemals aus dem 3D-Modus in den 2D-Modus wechselt und deswegen nie den wirklichen Idle-Betrieb erreicht. Durch den Mod kann nun die Karte also im 2D-Modus bleiben, auch mit 2 Monitoren. Wenn ihr eine Ampere Karte besitzt und mehr als einen Monitor angeschlossen habt, würde mich interessieren, ob ihr das selbe Phänomen beobachten könnt. Lasst es mich gerne im Forum wissen. Mit dem Shunt-Mod haben wir also sogar den Idle-Modus mit maximaler Energie-Ersparnis wiederbelebt – ein positiver, wenn auch unterwarteter Nebeneffekt.
Kommen wir jetzt zum Elefanten im Raum, der Taktrate unter Volllast. Während hier die GPU ohne Shunt-Mod noch hoch und runter zuckte und permanent am Leistungs-Limit kratzte, liegt nun mit dem Shunt-Mod eine nahezu perfekt konstante Taktrate an. Ohne eine Einstellung zu ändern und mit den selben + 100 MHz Offset erreicht die GPU nun nach wenigen Sekunden Anlauf-Phase 2085 MHz über die gesamte Dauer des Benchmark-Laufes. Das sind rund 100 MHz mehr als vor dem Mod mit dem Alphacool Eisblock, der selbst ja schon durchschnittlich 100 MHz vor dem Founders Edition Kühler liegt. Mit dem gewonnenen Freiraum nach oben lassen sich sogar 2160 MHz als „extra OC“ stabil betreiben.
Wenn wir die tatsächlichen Benchmark-Ergebnisse des 3DMark Port Royal betrachten, ist der Zugewinn an Performance ebenfalls direkt erkennbar. Für die 80 W mehr Leistungsaufnahme bekommen wir nun rund 500 Punkte mehr im Benchmark-Score. In Prozent sind das 3,6 % mehr Performance für 20 % mehr Leistungsaufnahme. Nun ja, effizient ist anders und hier wird gut sichtbar, warum NVIDIA bei ihren Grafikkarten ein Leistungs-Limit für den Boost-Algorithmus setzt, um die Effizienz deutlich zu verbessern. Wenn man aber maximale Performance um jeden Preis sucht, schafft man es mit dem „extra OC“ bei GPU und Speicher sogar noch die 15000 Punkte-Marke zu knacken.
Natürlich muss die zusätzliche Leistungsaufnahme nun auch in Form von Wärme wieder von der Grafikkarte abgeführt werden. Hier zu sehen ist das zuvor rosa hinterlegte Setting mit „nur“ + 100 MHz auf der GPU und + 1000 MHz auf dem Speicher, wie es auch bereits mit dem Founders Edition und Alphacool Eisblock GPX-N Kühler alleine getestet wurde. Hier steigt das Delta von GPU- zu Wassertemperatur nun auf durschnittlich 20 °C, GPU-Hotspot und Speicher pendeln sich bei 33 °C, respektive 45°C ein. Wenn man bedenkt, dass hier nun knapp 480 W abgeführt werden, der Loop mit 65 % Pumpen-Geschwindigkeit aber nahezu unhörbar ist, leistet der Alphacool Eisblock auch trotz Shunt-Mod sehr gute Arbeit!
Fazit
Insgesamt 11,3 % Leistungszugewinn hat die Umrüstung auf den Alphacool Eisblock in Kombination mit dem Shunt-Mod nun maximal erbracht. Auf der Seite der Gegenargumente stehen der 25 % höhere Leistungsaufnahme und natürlich das Rest-Risiko durch Beschädigungen bis hin zum Komplett-Defekt der GPU. Vernünftig ist das natürlich nicht, aber die Vernunft hat sprichwörtlich schon beim Kauf der RTX 3090 Founders Edition den Chat verlassen. Wenn man also diesen Schritt schon gegangen ist, mit dem Ziel der maximalen Gaming-Performance, sind die Modifikationen als zusätzliche Investitionen on-top so gesehen gar nicht mehr so abwegig.
Letztendlich muss natürlich jeder Enthusiast für sich selbst entscheiden, wie viel Zeit und Ressourcen man investieren und wie weit man die Suche nach maximaler Performance treiben möchte. Ein Must-Have für Jedermann ist eine solche Modifikation keines Falls, eine interessante Machbarkeits-Studie aber schon, zudem sich mit dem geänderten und effizienteren Verhalten im Idle-Betrieb doch auch noch eine unerwartete Konsequenz offenbarte.
Für mich als Gamer und Hardware-Tüftler, der Spaß daran hat immer die absolut maximale mögliche Leistung aus seinem System herauszuquetschen, war der Shunt-Mod schon seit dem Launch der Ampere-Grafikkarten eine reizvolles Thema. Und für euch als Community war es hoffentlich ein interessante Einblick in die Elektrotechnik hinter der Boost-Magie moderner Hardware und ein wenig Unterhaltung obendrein.
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