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Deutsche Ingenieurskünste gegen Intels LGA1700 Biege-Problem – Thermal Grizzly Contact Frame und Alphacool Apex Backplate im Praxistest

Testergebnisse und TIM-Abdrücke

Wie bereits erwähnt, fungiert primär meine älteste i9-12900K CPU als Hitzegenerator für den heutigen Test. Diese CPU ist mit Abstand am längsten in standardmäßigen LGA1700 Sockeln samt ILM betrieben (und verbogen) worden und stellt somit einen möglichst repräsentativen Testfall auch bzgl. der Langzeitnutzung dar. Dennoch werden die Ergebnisse zusätzlich mit einer 2022 produzierten i9-12900KS CPU mit anderem IHS-Fertigungsverfahren gegengecheckt. In jedem Fall lassen sich die Unterschiede zwischen zwei gegebenen Konfigurationen bis auf 0,8 °C mit den verschiedenen CPUs und Mainboards reproduzieren.

Wenn wir zunächst die Corsair iCUE H150i RGB PRO XT 360 mm All-in-One Wasserkühlung ansehen, sollte vorerst angemerkt werden, dass diese nicht für die Montage auf einem LGA1700 Sockel qualifiziert ist. Durch die flexiblen Gewinde in der Kunststoff-Backplate lässt sich diese aber zumindest mit dem 78×78 mm Lochabstand montieren und als Referenz für die anderen Kühler verwenden. Obwohl der Anpressdruck hier deutlich geringer ist als bei den anderen Kühlern, sieht der Abdruck der Wärmeleitpaste vielversprechend aus. Lediglich die unterschiedliche Wölbung der Bodenplatte zwischen links und rechts sticht ins Auge, die vermutlich auf den internen Aufbau der Block-Pumpen-Einheit zurückzuführen ist.

Wie wir bereits im vorherigen Test zum Washermod feststellen konnten, sind bei der H150i die unterschiedlich starken Biegungen der CPU relativ egal. Da die Bodenplatte des Kühlers wie eingangs gezeigt ohnehin schon extrem konvex ist, hat diese bereits ohne Modifikation guten Kontakt in der Mitte der CPU, der auch mit einer flacheren CPU nicht mehr wirklich besser wird. Insgesamt eignet sich diese AIO aber überraschend gut für die Kühlung einer 250 W Alder Lake CPU, ob mit oder ohne Modifikationen.

In jedem Fall muss aber nach Änderungen am ILM ein erneutes Memory Training ausgeführt werden, damit dieser weiterhin stabil bleibt. Das EVGA Z690 Dark Kingpin erkennt im Gegensatz zum Asus Maximus Z690 Apex hier nicht selbstständig, dass sich die Übergangswiderstände leicht geändert haben, und muss manuell zu einem neuen Training überredet werden. Dies würde auch die gelegentlichen Kommentare unter den Washermod-Artikeln erklären, die nach dem Mod instabilen RAM meldeten. Hier würde höchstwahrscheinlich auch ein erneutes Memory Training den RAM wieder stabilisieren. Am einfachsten zieht man hierfür einmal ein RAM-Modul, lässt das System ins Windows booten, fährt das System wieder herunter, steckt das RAM-Modul wieder ein und bootet das System erneut.

Da der Alphacool XPX Aurora Schwierigkeiten beim vollflächigen Kontakt mit der CPU hat, ist er ein besonders interessanter Kandidat für die getesteten Modifikationen. Hier bestätigt sich auch die in vorherigen Tests gemessenen Verbesserungen durch 1 mm dicke Unterlegscheiben von 4-6 °C. Der Thermal Grizzly 12th gen Frame kann beim XPX Wasserblock den Zugewinn der Unterlegscheiben sogar noch einmal verdoppeln, auf satte 10 °C Ersparnis. Beim Abdruckbild der Wärmeleitpaste lässt sich dies auch als vollflächiges gleichmäßiges Muster erkennen, während zuvor vor allem in der Mitte des IHS weniger Anpressdruck auszumachen war.

Interessanterweise bringen sowohl die Apex Backplate von Alphacool alleine und mit dem TG Frame zusammen nur eine Ersparnis, die mit den Unterlegscheiben vergleichbar ist. Hier scheinen sich die unterschiedlichen Lösungsansätze teilweise aufzuheben, was für mich bisher noch nicht wirklich erklärlich ist. Bei jeder Verwendung des Thermal Grizzly Frames muss zudem in jedem Fall penibel auf das korrekte Drehmoment bei der Montage geachtet werden bzw. wie hier in meinen Tests die Montage mehrmals versucht werden.

Der Corsair XC7 mit seinen fest installierten M3 Schrauben lässt sich leider nicht mit der Alphacool Backplate testen, sodass es wie bei der AIO nur Tests mit Unterlegscheiben und TG Frame gibt. Hier ist der Zugewinn jeweils etwas geringer als beim XPX Block, was vermutlich wieder auf die unterschiedliche Konvexität der Bodenplatte zurückzuführen ist. Auch hier sind die Ergebnisse aber wiederholbar und bei weitem nicht zu vernachlässigen.

 

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Termi

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Wie sieht es mit einer kombinierten Anwendung der Backplate und des Contact Frame aus?
Wurde die Kombi (inoffiziell) auch gestestet?

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Igor Wallossek

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Steht doch im Artikel. Die Backplate + Frame klappt nur beim XPX. Und diese werte sind ja drin. :)

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Termi

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37 Kommentare 27 Likes

Sorry, wohl doch zu früh für konzentriertes lesen in meinem Alter :rolleyes:.
Hole ich gleich nach.

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cunhell

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Ich kenne von Intel nur die Stellungnahme, works as designed.
Sind sie davon mittlerweile abgrückt und wollen die Halterung verbessern oder soll das so bleiben?
Gerade wenn man die hohen Verbrauchswerte der CPUs ansieht wäre es doch angemessen, hier tätig zu werden.

Cunhell

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P
Pokerclock

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Mal eine Frage in die Runde: Kann jemand einschätzen wie sehr solche Konstrukte wie der Contact Frame (negative) EInflüsse haben können bei Systemen, die häufig bewegt werden (Transporte im Auto oder Sprinter) bzw. im Extremfall per Paketversand? Wenn ich mir schon dieses zielgenaue Treffen der Verschraubung des Contact Frames ansehe, würde ich fast behaupten, einmal einstellen und möglichst danach nix mehr bewegen.

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Igor Wallossek

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10,193 Kommentare 18,806 Likes

Wenn das festgeschraubt ist, brauchst Du schon einen Hammer. Oder mit dem Sprinter mal drüberfahren. Diese "Konstrukte" machen die Hardware eigentlich sogar sicherer. Nur gehört Intel mit solchen unreflektierten Aussagen leider zu den Firmen, die Fehler nie eingestehen, sondern sogar noch zum Feature erheben. Motto: Dumm sind immer die anderen. :D

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Tombal

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Eine einzige Katastrophe, was Intel hier mit seinen Boardpartnern abliefert. So einen Prozessor kann man doch nicht kaufen und ernsthaft in seinen Rechner einbauen. Ich hoffe ja inständig, dass uns ein solches Desaster im Herbst mit dem Ryzen 7000 erspart bleiben wird.

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Besterino

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Wenn ich das richtig verstanden habe, hilft eine möglichst direkte Auflage dafür aber ggf. kleinere Auflagefläche des Kühlers (=am heißen Spot wenig WLP/dünne WLP-Schicht) direkt über den heißen Stellen der CPU mehr als eine größe Auflagefläche zu lasten einer dickeren WLP-Schicht über'm Hotspot. Richtig?

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skullbringer

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absolut richtig zusammengefasst! :D

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cunhell

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Sofern ich das richtig verstanden habe in den früheren Tests zu dem Problem, bleibt ja die Durchbiegung der CPU erhalten selbst wenn man es später "repariert".
Man muss also quasi gleich zu Beginn die Maßnahmen ergreifen. Später sind sie dann nicht mehr so wirkungsvoll, richtig?

Cunhell

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Besterino

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6,730 Kommentare 3,326 Likes

@skullbringer Prima & danke, dann ist meine Faustregel aus grauer Vorzeit immer noch zutreffend. :D

2. Faustregel: konvexe CPU-Kühler meiden wie die Pest.

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cunhell

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Kommt halt auf den zu kühlenden Prozessor an und die Form des HS. Wenn der nächste Prozessor in die andere Richtung beult, hast du nur minimalen Kontakt mit dem HS. War es nicht eine Weile so das Intel in die eine und AMD in die andere Richtung tendiert haben.

Cunhell

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Martin Gut

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Das hatte ich früher auch schon gelesen.

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skullbringer

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Wenn ich meine älteste Alder Lake CPU ausgebaut anschaue, ist sie noch immer konkav. Der TG contact frame biegt die CPU also nicht permanent wieder in den Originalzustand zurück, dafür ist der Anpressdruck auch zu gleichmäßig. Solange die CPU aber im Sockel ist, wird sie zumindest gerade gehalten.

Elastische vs. plastische Verformung... ;)

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Martin Gut

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7,776 Kommentare 3,572 Likes

Das sehe ich auch so. Die Wärme soll auf möglichst kurzem Weg vom Chip zu den Heatpipes. Natürlich breitet sich die Wärme auch ein wenig aus. Der Weg erst zur Seite und dann zum Kühler ist aber weiter und hat dadurch mehr Wärmewiderstand. Darum trägt das bedeutend weniger zur Ableitung der Wärme bei, als der direkte Wärmefluss. Wenn der direkte Weg schlecht leitet weil da der Kontakt schlecht ist, kann das die Fläche weiter aussen nicht ausgleichen.

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cunhell

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Muss man halt mit der Flex ran..... ;-)

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F
Furda

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663 Kommentare 370 Likes

Danke für den Nachtest!
Habe vor rund 3 Monaten auf Alder Lake gewechselt und nach lesen Eurer damaligen Artikel gleich zu Beginn den Washer Mod gemacht.
Gemessen mit dickem Haarwinkel, längs, breits und quer, gegenbeleuchtet mit Lampe. Die neue CPU war perfekt flach. Im Sockel eingespannt, dann der mittig deutliche konkave Bauch. Mit Washer Mod war der Bauch viel kleiner, aber immer noch da. Deutlich weniger WLP nötig.
Die Temps sind gut. Vergleich zu Ohne-Mod habe ich nicht. Der gemessene Bauch, und Eure Artikel als Anstoss, haben mich dazu bewegt, von Beginn an zu modden. Danke dafür.

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Tronado

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3,717 Kommentare 1,949 Likes

Hab mir aus Spaß mal den sehr ähnlichen "Contact Frame" von Thermalright bestellt. Über AliExpress für 10,42€ :D
Soll die Woche ankommen. Mal schauen wann ich den in einem neuen System ausprobieren kann, bis jetzt waren fast alle CPUs plan.

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Igor Wallossek

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10,193 Kommentare 18,806 Likes

Ich wäre vorsichtig, weil die billige TR-Kopie keine Drehmoment-Einstellungshilfe bietet. Es ist eine nette Kopie, aber ohne genauen Druck eigentlich fast völlig wertlos. Wenn schon abgekupfert wird, dann sollte man auch das Problem verstanden haben. Zu fest oder zu locker sind schlechter als Unterlegscheiben oder das Original. :D

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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