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Deutsche Ingenieurskünste gegen Intels LGA1700 Biege-Problem – Thermal Grizzly Contact Frame und Alphacool Apex Backplate im Praxistest

Nachteile beim RAM OC?

Bei unseren vorherigen Artikeln zum Washermod gab es zahlreiche Kommentare, dass dieser angeblich zu Einbußen beim RAM OC geführt haben soll. Bei meinen Tests konnte ich dies zwar nie reproduzieren, aber vielleicht war auch meine RAM-Konfiguration bisher nicht nah genug am Grenzbereich. Deshalb werden die heutigen Tests zusätzlich mit DDR5-7000 CL30 1T auf Stabilität getestet, um auch diesbezüglich die Modifikationen bewerten zu können. Da soll noch einer sagen, ich würde bei meinen Tests den RAM nicht ausreizen – ha! 😀

Als Testplattform hierfür dient uns ein EVGA Z690 Dark Kingpin Mainboard, das mit seiner steifen Platine und Backplate zudem die Kräfte mehr in Richtung IHS (Integrated Heat Spreader) der CPU weitergibt und so ein ideales Testszenario für die Biegungs-Lösungsansätze bieten sollte. Ein dediziertes Review zu dem Board kommt natürlich auch noch bald, also haltet die Augen offen.

Jede Konfiguration muss es zunächst schaffen, den RAM fehlerfrei in einem Durchlauf von Testmem5 mit dem Profil „Extreme1@Anta777“ zu betreiben. Falls es hier zu Fehlern kommt, wird zunächst ein erneutes RAM-Training versucht, wobei die CPU die diversen Parameter für die Kommunikation mit den DDR5-Modulen erneut aushandelt. Sollte dies die Instabilitäten noch immer nicht beheben, wird die CPU nochmal komplett neu im Sockel montiert, um etwaige Ungleichmäßigkeiten beim Anpressdruck zu beseitigen.  

Paste. Lücke? Paste!

Des weiteren hatte ich bei den vorherigen Tests auch immer die Wärmeleitpaste nur als „Wurst“ mittig auf dem Heatspreader aufgetragen und auf Verstreichen verzichtet. Da letzteres aber angeblich zu reproduzierbareren Ergebnissen führen soll, bin ich für diesen Tests nun auch dazu übergegangen, die Wärmeleitpaste mit einem Spatel über den ganzen IHS in einer dünnen Schicht zu verstreichen.

Leider führt dies beim Alphacool XPX Block zu großen Problemen, auch mit den speziellen LGA1700 Montage-Anpassungen mittels 2 mm Unterlegscheiben unter den Federn. Denn zumindest ohne weitere Modifikationen liegt der Block nur an den Rändern der CPU auf und die dünne Schicht Wärmeleitpaste reicht einfach nicht aus, um die Lücke zwischen Bodenplatte und IHS zu überbrücken. Die „Wurst“-Methode schafft es zwar die Distanz zu schließen, dafür ist die Verteilung aber alles andere als optimal.

Es muss also zumindest in diesem Fall eine Art Hybrid-Ansatz gewählt werden, damit der Block seine tatsächliche Kühlleistung abliefern kann und fair repräsentiert wird. Im Zweifel wird dann die überschüssige Wärmeleitpaste nach außen über die Ränder hinaus gedrückt, wo dann mein Krepp-Band den Sockel vor Verunreinigung schützt. Sieht vielleicht etwas unorthodox aus, aber funktioniert überraschend gut. Diese und auch alle anderen Konfigurationen wurden wiederholt getestet, um das jeweilig bestmögliche Ergebnis zu erreichen und damit einen wirklich fairen Vergleich zu ermöglichen.

CPU Einstellungen und restliche Hardware

Als CPU fungiert eine Intel Core i9-12900K bei 5,0 GHz auf den P-Kernen und 4,8 GHz auf dem Cache bzw. Ring. Die E-Kerne wurden deaktiviert, da wir bereits in vergangenen Tests keinen ausschlaggebenden Einfluss auf die Wirksamkeit von Sockel-Modifikationen messen konnten. Rund 250 W genehmigt sich die CPU dann im Prime95 Stresstest mit Small FFT Preset, was eine wirkliche Extrem-Last und damit einen perfekten Testfall für Washermod und co. darstellt. TJmax wurde für die Tests zudem auf 115 °C angehoben, damit auch die schwächsten Konfigurationen noch ohne Drosselung auskommen.

Gemessen und protokolliert werden über 10 Minuten die Temperaturen der P-Kerne und der Kühlflüssigkeit und daraus das Delta gebildet. Das maximale Delta der Kerne im Durchschnitt dienen uns dann als Metrik, um die Konfigurationen zu vergleichen. Glücklicherweise kann die H150i AIO über USB ebenfalls ihre Wasser-Temperatur an HWinfo übermitteln, sodass wir auch hier zumindest mit dem selben Kühler verlässliche relative Vergleichswerte generieren können. Als Wärmeleitpaste in allen Tests kommt Alphacool Subzero zum Einsatz.

Wie wir in vorangegangenen Tests zum Washermod ebenfalls bereits feststellen konnten, hat das Mainboard mit der Flexibilität der Platine und das verwendete ILM-Fabrikat auch eine geringe Auswirkung auf das Ausmaß der Biegung und damit die Kühl-Leistung. Entsprechend haben wir die Temperatur-Ergebnisse zusätzlich mit dem MSI Pro Z690-A DDR4 gegengetestet. Da dieses Mainboard eine Platine mit geringerem Layercount, keine Backplate und ein anderes ILM-Fabrikat verwendet, können wir damit zumindest die Plausibilität der gemessenen Ergebnisse eingrenzen. Die restliche verwendete Hardware folgt wie immer als Tabelle:

Testsysteme

Hardware:
  • CPU:
    • Intel Core i9-12900K (5,0 GHz P-Core, E-Cores disabled, 4,8 GHz Cache)
    • Intel Core i9-12900KS (5,0 GHz P-Core, E-Cores disabled, 4,8 GHz Cache)
  • Mainboard:
    • Asus Maximus Z690 Apex (90MB18I0-M0UAY1, 2022-01, BIOS 1503)
    • EVGA Z690 Dark Kingpin (BIOS 1.09)
    • MSI Pro Z690-A DDR4 (BIOS 115U6)
  • RAM-Kits:
    • Teamgroup T-Force DETLA DDR5-6000 CL40 2x 16 GB Kit
    • Teamgroup T-Force VULCAN DDR5-5200 CL40 2x 16 GB Kit
    • G.Skill Trident Z Royal DDR4-4000 CL16 2x 16 GB Kit
  • Netzteil: Superflower Leadex Gold 1600 W
  • SSD: Crucial MX500 2 TB (SATA 3, OS)
  • Grafikkarte: Nvidia GeForce RTX 3090 Founders Edition (Game Ready Driver 512.59)
  • Betriebssystem: Windows 11 Pro 64-bit (up-to-date)
Kühlung:
  • CPU: Corsair iCUE H150i RGB PRO XT 360 mm AIO, Corsair XC7 RGB Pro, Alphacool Eisblock XPX Aurora 
  • CPU-TIM: Alphacool Subzero
  • Radiatoren: Alphacool NexXxoS ST30 480 mm + HardwareLabs Black Ice GTX 240 mm + Watercool MO-RA3 360 Pro
  • Lüfter: 4x Phobya NB-eLoop 120 mm 1600 rpm + 2x Noiseblocker NB eLoop B12-4 120 mm + 9x XPG Vento Pro 120 mm
  • Pumpe: 2x Alphacool D5 VPP655
Gehäuse:
  • Open Benchtable
Peripherie:
  • Monitor: EVGA XR1 Lite, Benq XL2720
  • Tastatur: KBC Poker 2 (Cherry MX Brown)
  • Maus: Zowie FK1
Messgeräte:
  • Thermometer: Elmorlabs KTH (kalibriert)
  • Leistungsmessgerät: Elmorlabs PMD 
  • USB-to-I2C Adapter: Elmorlabs EVC2
  • Durchfluss-Messgerät / Thermometer: Aqua Computer high flow NEXT

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Termi

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Wie sieht es mit einer kombinierten Anwendung der Backplate und des Contact Frame aus?
Wurde die Kombi (inoffiziell) auch gestestet?

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Igor Wallossek

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Steht doch im Artikel. Die Backplate + Frame klappt nur beim XPX. Und diese werte sind ja drin. :)

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Termi

Mitglied

37 Kommentare 27 Likes

Sorry, wohl doch zu früh für konzentriertes lesen in meinem Alter :rolleyes:.
Hole ich gleich nach.

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cunhell

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Ich kenne von Intel nur die Stellungnahme, works as designed.
Sind sie davon mittlerweile abgrückt und wollen die Halterung verbessern oder soll das so bleiben?
Gerade wenn man die hohen Verbrauchswerte der CPUs ansieht wäre es doch angemessen, hier tätig zu werden.

Cunhell

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P
Pokerclock

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Mal eine Frage in die Runde: Kann jemand einschätzen wie sehr solche Konstrukte wie der Contact Frame (negative) EInflüsse haben können bei Systemen, die häufig bewegt werden (Transporte im Auto oder Sprinter) bzw. im Extremfall per Paketversand? Wenn ich mir schon dieses zielgenaue Treffen der Verschraubung des Contact Frames ansehe, würde ich fast behaupten, einmal einstellen und möglichst danach nix mehr bewegen.

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Igor Wallossek

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10,107 Kommentare 18,597 Likes

Wenn das festgeschraubt ist, brauchst Du schon einen Hammer. Oder mit dem Sprinter mal drüberfahren. Diese "Konstrukte" machen die Hardware eigentlich sogar sicherer. Nur gehört Intel mit solchen unreflektierten Aussagen leider zu den Firmen, die Fehler nie eingestehen, sondern sogar noch zum Feature erheben. Motto: Dumm sind immer die anderen. :D

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T
Tombal

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106 Kommentare 24 Likes

Eine einzige Katastrophe, was Intel hier mit seinen Boardpartnern abliefert. So einen Prozessor kann man doch nicht kaufen und ernsthaft in seinen Rechner einbauen. Ich hoffe ja inständig, dass uns ein solches Desaster im Herbst mit dem Ryzen 7000 erspart bleiben wird.

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B
Besterino

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Wenn ich das richtig verstanden habe, hilft eine möglichst direkte Auflage dafür aber ggf. kleinere Auflagefläche des Kühlers (=am heißen Spot wenig WLP/dünne WLP-Schicht) direkt über den heißen Stellen der CPU mehr als eine größe Auflagefläche zu lasten einer dickeren WLP-Schicht über'm Hotspot. Richtig?

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skullbringer

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absolut richtig zusammengefasst! :D

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cunhell

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Sofern ich das richtig verstanden habe in den früheren Tests zu dem Problem, bleibt ja die Durchbiegung der CPU erhalten selbst wenn man es später "repariert".
Man muss also quasi gleich zu Beginn die Maßnahmen ergreifen. Später sind sie dann nicht mehr so wirkungsvoll, richtig?

Cunhell

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B
Besterino

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6,671 Kommentare 3,266 Likes

@skullbringer Prima & danke, dann ist meine Faustregel aus grauer Vorzeit immer noch zutreffend. :D

2. Faustregel: konvexe CPU-Kühler meiden wie die Pest.

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cunhell

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Kommt halt auf den zu kühlenden Prozessor an und die Form des HS. Wenn der nächste Prozessor in die andere Richtung beult, hast du nur minimalen Kontakt mit dem HS. War es nicht eine Weile so das Intel in die eine und AMD in die andere Richtung tendiert haben.

Cunhell

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Martin Gut

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Das hatte ich früher auch schon gelesen.

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skullbringer

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296 Kommentare 297 Likes

Wenn ich meine älteste Alder Lake CPU ausgebaut anschaue, ist sie noch immer konkav. Der TG contact frame biegt die CPU also nicht permanent wieder in den Originalzustand zurück, dafür ist der Anpressdruck auch zu gleichmäßig. Solange die CPU aber im Sockel ist, wird sie zumindest gerade gehalten.

Elastische vs. plastische Verformung... ;)

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Martin Gut

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7,724 Kommentare 3,538 Likes

Das sehe ich auch so. Die Wärme soll auf möglichst kurzem Weg vom Chip zu den Heatpipes. Natürlich breitet sich die Wärme auch ein wenig aus. Der Weg erst zur Seite und dann zum Kühler ist aber weiter und hat dadurch mehr Wärmewiderstand. Darum trägt das bedeutend weniger zur Ableitung der Wärme bei, als der direkte Wärmefluss. Wenn der direkte Weg schlecht leitet weil da der Kontakt schlecht ist, kann das die Fläche weiter aussen nicht ausgleichen.

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cunhell

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Muss man halt mit der Flex ran..... ;-)

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F
Furda

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663 Kommentare 370 Likes

Danke für den Nachtest!
Habe vor rund 3 Monaten auf Alder Lake gewechselt und nach lesen Eurer damaligen Artikel gleich zu Beginn den Washer Mod gemacht.
Gemessen mit dickem Haarwinkel, längs, breits und quer, gegenbeleuchtet mit Lampe. Die neue CPU war perfekt flach. Im Sockel eingespannt, dann der mittig deutliche konkave Bauch. Mit Washer Mod war der Bauch viel kleiner, aber immer noch da. Deutlich weniger WLP nötig.
Die Temps sind gut. Vergleich zu Ohne-Mod habe ich nicht. Der gemessene Bauch, und Eure Artikel als Anstoss, haben mich dazu bewegt, von Beginn an zu modden. Danke dafür.

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Tronado

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3,659 Kommentare 1,918 Likes

Hab mir aus Spaß mal den sehr ähnlichen "Contact Frame" von Thermalright bestellt. Über AliExpress für 10,42€ :D
Soll die Woche ankommen. Mal schauen wann ich den in einem neuen System ausprobieren kann, bis jetzt waren fast alle CPUs plan.

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Igor Wallossek

1

10,107 Kommentare 18,597 Likes

Ich wäre vorsichtig, weil die billige TR-Kopie keine Drehmoment-Einstellungshilfe bietet. Es ist eine nette Kopie, aber ohne genauen Druck eigentlich fast völlig wertlos. Wenn schon abgekupfert wird, dann sollte man auch das Problem verstanden haben. Zu fest oder zu locker sind schlechter als Unterlegscheiben oder das Original. :D

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Danke für die Spende



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Xaver Amberger (skullbringer)

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