Dröseln wir das Ganze doch einmal chronologisch auf, bevor sich wieder jemand über vermeintlich unterdrückte Inhalte echauffiert: Ich habe letzte Woche bereits klargestellt, dass es kein Recht auf Samples gibt – aber eben auch keines auf Veröffentlichung und kostenlose Werbung für ein Produkt. Und daran halte ich mich. Nur dass ich in diesem Fall die sogenannten Samples selbst beschafft habe, aus eigenem Interesse und mit der ehrlichen Absicht, einen vollständigen, unabhängigen Test rechtzeitig zum offiziellen Embargo zu veröffentlichen. Ein Irrtum mit Ansage, wie sich heute gezeigt hat.
Denn ja, ich hatte ein NDA auf den 5. Juni um 15:00 Uhr MESZ. Korrekt bestätigt, mental abgehakt, Projekt abgeschlossen. Das perfide Detail: Der tatsächliche Launchtermin wurde selektiv vorverlegt und ausschließlich einem kleinen Kreis eingeweihter Tester kommuniziert, die sich auf die „von AMD geführten Reviews“ eingelassen hatten. Zitat wörtlich. Der Rest durfte sich mit einem Einzeiler begnügen, in dem höflich um Bestätigung der Sperrfrist für den 5. Juni gebeten wurde – kein Hinweis auf einen früheren Termin, keine Klarstellung, kein Kontext. Wer den Termin nicht auf dem kurzen Draht zugeschoben bekam, war raus.
Du erhältst weitere Informationen und die Treiber für die Karten direkt von AMD.
Dazu würden wir Dich bitten, uns die Sperrfrist bis Donnerstag, 5. Juni um 14:00 Uhr BST/15:00 Uhr MESZ per Mail zu bestätigen.
Ich hatte mir den heutigen Nachmittag freigehalten, um noch ein Video zum Artikel aufzunehmen. Gestrichen. Stattdessen kontaktierte mich gegen 15:30 Uhr der Mitbewerber und fragte freundlich, warum ich denn noch nicht online sei. Ironie des Schicksals, wenn man sich an das Theater um die RTX 5060 erinnert, wo man mit Treiberversionen und Veröffentlichungsfenstern jonglierte wie ein Zirkusartist auf Extasy. Während NVIDIA also mit der Softwarelotterie spielt, bringt AMD nun das NDA-Versteckspiel auf ein ganz neues Niveau. Die Lernkurve ist steil, aber leider in beide Richtungen falsch gekrümmt.
Ich gerate also kurzerhand in den Panikmodus, überprüfe nochmal alles, kann keine Änderung finden, veröffentliche also sicherheitshalber, denn könnte ja doch ein Kommunikationsfehler gewesen sein. Keine 15 Minuten später dann der Anruf von AMD: ich möge mein Review bitte umgehend offline nehmen. Was ich, zähneknirschend und entgegen meiner Überzeugung, auch gemacht habe. Fünf Tage Arbeit, über 44.000 Wörter, 111.000 Zeichen, 16 Seiten – für einen Artikel, der für den Papierkorb freigegeben wurde, weil ich nicht Teil des inneren Zirkels war. Content für die Tonne. Danke für nichts.
Und dabei hatte ich sogar MSRP-Karten im Labor, bereit zum Test. Nur wäre das genauso sinnlos gewesen. AMD hatte explizit klargestellt, dass nur „geführt getestete“ Karten und Reviews zum vorgezogenen Embargo zugelassen werden. Alles andere? Quasi illegal – selbst wenn man wie ich das Material selbst beschafft hat. Man lernt also schnell, nur eben das Falsche.
Und dann noch diese MSRP-Farce. 310 Euro netto (369 Euro brutto) klingen gut, machen sich hervorragend in einer Pressemitteilung, aber sind betriebswirtschaftlich völlig realitätsfern. Ich kenne die Kalkulationen der Partner, ich kenne die FOBs. Diese Preise sind nicht nur nicht kostendeckend, sie setzen sicher auch gezielte Subventionen voraus. Realistisch wird es erst ab etwa 345 Euro netto, also rund 410 brutto. Und selbst dann ist die Marge ein Schatten ihrer selbst. Die Stückzahlen? Symbolisch. Die Marktverfügbarkeit? Selektiv. Der MSRP ist ein Etikett, das auf den Karton passt, nicht auf die Rechnung. Aber da kennen wir ja schon aus der grünen Ecke.
Deshalb habe ich die vermeintlichen Einstiegskarten auch nicht getestet und werde es jetzt auch nicht mehr tun. Ich mache keine Alibiberichterstattung auf Basis von Preisen, die es real so gar nicht gibt. Und ich beteilige mich nicht an einem Veröffentlichungszirkus, bei dem schon die Einladung selektiv vergeben wird und der Ausgang ohnehin feststeht. Wer sich durch Exklusivität Reichweite erkaufen will, sollte wenigstens die eigenen Bedingungen offenlegen. Den Rest gibt es dann NDA-konform morgen um 15.00 Uhr, aber nicht eine Karte mehr. Das Ding ist für mich genauso durch wie die RTX 5060. Charakterfrage.
Zwischen Anspruch, Erwartung und Realität: Eine Debatte um Sampling, Einfluss und Unabhängigkeit
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