Nach dem “planmäßigen” Ende meiner Unicomp Model M, einer Tastatur, die genau kurz nach Ablauf der Garantie durch einen Elekronikschaden am Controller, eine internen Total-Verklebung und nicht greifbaren Ersatzteilen im Elektronikschrott endete, suchte ich nach einer robusteren, nachhaltigen Alternative. Die Reparatur der Model M erwies sich mangels modularer Bauweise und proprietärer Technik leider als unwirtschaftlich, was angesichts ihres klassischen Designs doppelt enttäuschend war. Also richtete sich mein Blick auf ein Modell, das noch aus echter Ingenieurszeit stammt: die IBM Model F122. Und bevor wir diese Woche in den neuen Grafikkarten-Irrsinn starten, machen wir zum Wochenstart einfach noch einmal was mit mehr Krach. Und keine Angst, dass es ab jetzt nur noch Tastaturen gibt, aber der hier musste heute einfach mal raus.
Ich entschied mich, aus den eingangs genannten Gründen, für eine der aufwendig reproduzierten Versionen von Model F Labs und investierte insgesamt rund 530 Euro, inklusive Versand und Zollgebühren (90 Euro incl. Einfuhrumsatzsteuer und DHL). Was dann folgte, war eine mehrmonatige Wartezeit, also fast schon symbolisch für die geduldige Rückkehr in eine Epoche, in der man für Qualität eben länger zu warten bereit sein musste. Als langjähriger Nutzer mechanischer Tastaturen und jemand, der sich seit Jahren mit Eingabegeräten aus Enthusiastensicht beschäftigt, war es nur eine Frage der Zeit, bis ich mich an die IBM Model F122. als einen der Urväter (oder sagt man heute besser Urmütter?) der mechanischen Keyboards heranwage. Fasziniert von ihrer Geschichte, ihrer Technik und dem legendären Tippgefühl, entschied ich mich für eine der modernen Reproduktionen, und zwar mit nicht unerheblichen Erwartungen. Und ja, am Ende auch mit einer gewissen Ernüchterung. Aber dazu komme ich gleich noch, denn ich will auch objektiv bleiben.
Entwicklungsgeschichte beider Tastaturgenerationen
Die Geschichte der IBM-Tastaturen ist eng mit der Entwicklung der Buckling-Spring-Technologie verknüpft. Ursprünglich als mechanisches Prinzip zur Signalauslösung entwickelt, wurde der Buckling Spring erstmals in den frühen 1980er-Jahren serienreif von IBM in der Model-F-Serie eingesetzt. Dabei handelt es sich um eine Federmechanik, bei der die Stahlfeder unter Druck einknickt (“buckled”) und über eine Hammermechanik ein kapazitives Signal auslöst. Diese Technologie ermöglichte eine sehr präzise Abfrage mit hoher mechanischer Langlebigkeit, allerdings auch mit einem ausgeprägt lauten akustischen Feedback. Die Model F122 wurde als Terminaltastatur für professionelle Umgebungen konzipiert, in denen Lautstärke keine primäre Rolle spielte. Sie war Teil eines größeren Peripherie-Ökosystems für die IBM 3270-Terminalserie und setzte mit ihrem massiven Stahlgehäuse, der kapazitiven Matrix und der robusten Mechanik neue Standards für industrielle Nutzung. All das war mir natürlich bekannt, als ich mich auf das Abenteuer Model F eingelassen habe.

Mit der Einführung der Model M Mitte der 1980er-Jahre vollzog IBM eine strategische Wende: Die Buckling-Spring-Technik wurde beibehalten, jedoch mit einer membranbasierten Auswertung kombiniert. Dies erlaubte eine deutliche Kostensenkung, einfachere Produktion und kompaktere Bauformen. Die Model M wurde schnell zum Bürostandard – insbesondere, weil sie das typische Tippgefühl bewahrte, aber insgesamt leiser und für den Dauerbetrieb an Schreibplätzen angenehmer war. Die Lautstärke nahm ab, das akustische Feedback wurde gedämpfter und weicher, auch durch geänderte Geometrie der Hammer- und Dämpfungszonen.

Der Unterschied in der Lautstärke zwischen beiden Serien ist bis heute deutlich: Während die Model F mit ihrem hellen, metallischen Klick an ein Miniatur-Relais erinnert und jeden Tastenanschlag deutlich im Raum vernehmlich macht, bleibt die Model M vergleichsweise zivilisiert. In modernen Arbeitsumgebungen ist das ein nicht zu unterschätzender Faktor, denn die Model F kann durchaus als störend empfunden werden, wenn man sie nicht gerade alleine betreibt oder gezielt ein akustisches Feedback schätzt. Für viele Enthusiasten liegt genau darin der Reiz, aber für den Alltag aber ist die Model M oft praktikabler.
Die Besonderheiten des F122-Controllers
Die Tastatur basiert auf einem modernen RP2040-Mikrocontroller, der eine leistungsfähige und zukunftssichere Plattform bietet. Dank der vollständigen Kompatibilität mit QMK und VIAL lassen sich nahezu alle Tastaturfunktionen flexibel anpassen – von Makros bis hin zu komplexen Layout-Definitionen. Das Design der Platine berücksichtigt die originalen Befestigungs- und Anschlussstrukturen der historischen Model F- und Beam-Spring-Tastaturen, wodurch sie sich ohne größere Modifikationen integrieren lässt. Darüber hinaus bietet sie Unterstützung für Solenoid-Treiber, mit denen sich das klassische mechanische „Klack“-Feedback der IBM-Terminals nachbilden lässt. Optional ist auch eine PS/2-Kompatibilität über eine ergänzende Tochterplatine möglich, wodurch selbst ältere Systeme weiterhin unterstützt werden.
Der „Leyden Jar“-Controller ist eine moderne, quelloffene Ersatzplatine für IBM Model F- und Beam-Spring-Tastaturen. Er wurde von einem Entwickler mit dem Pseudonym „Rico“ entworfen, nicht von „rpiguy9907“. Das Projekt wurde initiiert, um eine Alternative zum bestehenden Xwhatsit-Controller zu bieten, insbesondere angesichts von Lieferengpässen bei Mikrocontrollern. Die Entwicklung des „Leyden Jar“-Controllers begann im April 2022. Die erste Revision wurde erfolgreich in verschiedenen Tastaturmodellen getestet, darunter das Model F77 und Beam-Spring-Varianten. Die dritte Revision brachte Verbesserungen wie den Verzicht auf externe EEPROMs und die Integration zusätzlicher Spalten für zukünftige Tastaturmodelle wie das F122. Der „Leyden Jar“-Controller bietet eine moderne und anpassbare Lösung für Enthusiasten, die ihre klassischen IBM-Tastaturen mit aktueller Technik ausstatten möchten.
Lieferumfang
Im Lieferumfang enthalten war die Tastatur selbst, lose beigelegte Tastenkappen, ein USB-Kabel und etwas Dokumentation. Es fehlte jegliches Zubehör zur Höhenverstellung, denn Aufsteller besitzt die Model F traditionell nicht, da sie für geneigte Einbauplätze konzipiert war. Das Gehäuse wies kleinere Lackunreinheiten und Ausfransungen der Gusselemente auf, die für eine Reproduktion zu einem Endpreis von über 530 Euro (inklusive Versand und Einfuhrabgaben) nur schwer vermittelbar sind. Auch musste Karsten (Danke für die Montage) mehrere Tasten entnehmen und die darunterliegenden Federn nachjustieren, da einzelne Tasten hingen oder prellten. Dazu gibt es im nächsten Kapitel noch das “Bautagebuch”
Technische Daten der Model F122 (Reproduktion)
Merkmal | Spezifikation |
---|---|
Layout | 122 Tasten (122-Key Terminal Layout, ANSI-Variante) |
Tastenabstand | 19,05 mm (Standard-Tastenraster) |
Tastentechnologie | Buckling Spring mit kapazitiver Abtastung |
Controller | RP2040 (Leyden Jar), QMK- und VIAL-kompatibel |
Gehäusematerial | Stahl, pulverbeschichtet (verschiedene Varianten verfügbar) |
Tastenkappen | PBT, Dye-Sublimation, IBM-kompatibles Sculpted-Profil |
Anschluss | USB-C (interner USB-A-Anschluss am Daughterboard) |
Kompatibilität | Windows, Linux, macOS (QMK/VIAL erforderlich) |
Abmessungen | ca. 49 × 21 × 5 cm (je nach Ausführung leicht variabel) |
Gewicht | ca. 3,7 kg |
Herkunft | Entwicklung in den USA, Fertigung bei chinesischem OEM |
Lieferumfang | Tastatur, lose Tastenkappen, USB-Kabel, Basisdokumentation |
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