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Deepcool Captain 240 Pro im Test – Der Trick mit der Blase

Temperaturmessungen

Da mit Sicherheit fast alle Anwender auch die Lüfter nutzen werden, die der Hersteller original beilegt, verzichte ich bewusst auf das Messen mit vermeintlichen Referenzlüftern. Dies wird nämlich schnell zur Farce, da die Radiatoren sehr unterschiedlich aufgebaut sein können. Dann aber ist nicht sichergestellt, ob so ein Vergleichslüfter überhaupt auf dem betreffenden Radiator bei einer gewissen Drehzahl auch optimal performt. Das wissen die Hersteller meist besser als ein Tester und würde man es richtig machen wollen, müsste man mit mindestens zwei Referenzen arbeiten, nämlich einmal mit viel statischem Druck und einmal mit viel Durchsatz. Allerdings rechtfertig der mögliche Erkenntnisgewinn dann den zeitlichen Aufwand nicht mehr.

Das ganze Messen an der CPU ist etwas tricky, deshalb habe ich mir für den internen Gebrauch ein kleines Programm geschrieben, mit dem ich die Prozessorlast kontinuierlich erhöhen kann. Zusammen mit dem Monitoring der zur CPU insgesamt zugeführten Leistung kann man so ziemlich exakt auch die Abwärme einstellen, also die Leistung, die die Kühlung ja letztendlich wieder abführen muss. Ich protokolliere dazu insgesamt 4 Temperaturen, die sich in die maximale Kerntemperatur, die Temperatur des CPU-Packages, sowie die Wassertemperaturen am Radiator bei der Zuführung (Intake) und dem Auslass (Outtake) aufteilen.

Die Wassertemperaturen messe ich mit der Infrarotkamera direkt am Blech gegenüber den beiden Anschlüssen, da dieser vor allem beim Intake am höchsten ist. Außerdem nutze ich die Makrolinse, um die Wirkung der Lamellen beim Wärmefluss zu überprüfen. Die native Auflösung von 640 x 480 Pixeln beim Bolometer für ca. 4 cm² überprüfte Fläche ist da wirklich ausreichend. Ich habe allerdings keine Fehlstellen finden können; die Verarbeitung passt also perfekt.

Kommen wir nun zur Performance, die ich abgestuft in 25-Watt-Schritten ermittelt habe. Die Range von 50 Watt bis 250 Watt sollte mehr als ausreichend sein. Zunächst überlasse ich dem Referenzmainboard des Testaufbaus die Steuerung der Lüfter. Auch das ist der normale Use-Case, den der Anwender ja überwiegend nutzen wird. Die Temperaturen der CPU und des Wasser lesen wir links auf der Primär-Achse ab, die Geschwindigkeit der Lüfter (grüne Kurve) auf der rechten Sekundär-Achse.

Wir sehen, dass die Kühlperformance völlig ausreicht, um einen 18-Kerner von Intel bei 250 Watt noch locker zu kühlen und zudem noch Reserven für mehr zu besitzen. Das kann man so stehen lassen, denn viel besser geht es mit dieser Kühlfläche nicht mehr, ohne dass einem die Ohren abfallen. Über die reichlich 1500 U/min werden wir aber gleich noch diskutieren. Die Wassertemperuren bleiben auch am Intake noch deutlich unter 40 °C, was richtig gut ist.

Das Bild mit dem IR-Weitwinkelobjektiv zeigt sehr deutlich die Bereiche, in denen die stärkste Abkühlung erfolgt. Die Kissentzerrung der IR-Froschlinse erfolgte übrigens später am PC. Die gemessenen reichlich 37 °C am Intake sind ein guter Wert und das Delta von 4,5 Grad zwischen In- und Outtake kann man bei dieser kleinen Wassermenge und Kühlerfläche auch nicht kritisieren.

Doch was ist, wenn man es eher leise mag und lieber feste Lüfterdrehzahlen möchte? Um dauerhaft und sicher auch mit schwächeren Kühlern die komplette Range testen zu können (für spätere Vergleiche), setze ich den Wert auf 1000 U/min fest. Bei der Captain 240 Pro hätten es bis 200 Watt sicher auch 800 U/min noch locker getan, aber so viele Messreihen schafft kein Mensch. Trotzdem ist auch die Kurve mit den 1000 U/min bereits ein sehr verlässlicher Helfer für eine Abschätzung.

Die knapp 80 °C fürs Package sind bei 250 Watt ebenfalls noch gut, aber für meinen persönlichen Geschmack dann auch die Obergrenze. Mehr muss man nicht haben. Das Wasser wird bis zu 41 °C warm, das Delta bleibt gleich. Das ist in Ordnung, denn ich hatte auch schon AiO-Kühllösungen mit über 50 °C (und mehr) in Tests. Hier sollte die Blase für den Druckausgleich also erst einmal nichts zu tun bekommen.

Im Übrigen habe ich auch nachweisen können, dass die RGB-Beballerung nicht bei der Kühlung hilft. Schade, aber es ist nun mal die Realität. Sogar bei eisigem Blaulicht. Und man entlässt noch weitere knapp 6 Watt an Abwärme ins Gehäuse. Aber es sieht nun mal schön aus für all diejenigen, die so etwas mögen.

 

Geräuschentwicklung („Lautstärke“)

Gemessen habe ich das alles im Abstand von 50 cm lotrecht zum Radiator. Der Abstand ist praxisnah und allemal ausreichend, damit der Luftstrom nicht direkt auf die Membran des Messmikrofons auftrifft und die Ergebnisse verfälscht. Der Wert in der Audio-Chamber bei ausgeschalteten Lüftern lag übrigens bei unter 29 dB(A), der Ausgangswert komplett ohne eingeschaltete Technik lag bei unter 25 dB(A). Das lässt sich mit einem normalen Schallpegelmessgerät nicht mehr messen, so dass ich gern auf die gedämmte Chamber und das Messmikrofon zurückgreife.

Um die Kurven gut vergleichen zu können, habe ich sowohl bei der Geräuschentwicklung, als auch bei den Drehzahlen die jeweiligen Anfangs- und Endwerte der Messungen auch für die Achsenbeschriftung genutzt. Und siehe da, es deckt sich wunderschön im Rahmen der üblichen Messtoleranzen!

Man kann somit auch sehr einfach ablesen, bei welcher Verlustleistung welche Drehzahlen anliegen und in welcher Geräuschemission das Ganze dann endet. Die ca. 34 dB(A) beider Lüfter bei 1000 U/min sind ein guter Wert, der auch belegt, dass Deepcool bei den Lüftern ganz gut aufgeholt hat.

 

Zusammenfassung und Fazit.

Lässt man mal alle Punkte beiseite, die vielleicht für den einen oder anderen Anwender prinzipiell gegen eine All-in-One-Wasserkühlung sprechen, ist die Deepcool Captain 240 Pro eine richtig runde Sache. Der Radiator mit der Druckausgleichsblase ist eine nette Innovation, das kann gefallen. Ansonsten ist die gesamte AiO zwar nichts bahnbrechend Neues, wohl aber eine sehr konsequente Evolution der Vorgängemodelle.

Das macht Deepcool eigentlich sogar sehr überlegt, denn man erhält ein jahrelang erprobtes und nur in wichtigen Details verbessertes Modell, dessen anfängliche Kinderkrankheiten längst beseitigt sein dürften. Mit einem Straßenpreis von knapp über 110 Euro ist das Gesamtpaket nicht mal schlecht, im Gegenteil. Denn das Zubehör im Leuchtmittelsektor ist mehr als vollständig und vielseitiger als bei Raijinteks Orcus 240.

Das Montage-Kit ist guter Durchschnitt und ich habe es zwar auch schon besser, aber eben auch deutlich schlechter gesehen. Die Kunststoffbackplate zu montieren ist kein Hexenwerk, nur im Detail je nach Sockel einen Tick zu fummelig. Positiv ist aber der Umstand, dass man das Kit komplett ohne Pumpe montieren kann und diese, egal welcher Sockel, immer gleich zu befestigen ist. Die Schlauchlänge von 30 cm ist leider nur Durchschnitt und man wird bei größeren Gehäusen schnell an Grenzen stoßen.

Gut ist, dass durch diesen Druckausgleich auch eine Liegendmontage (Pumpe oben) oder eine Frontmontage (Radiator in der Gehäusefront) möglich ist, immer vorausgesetzt, die kurzen Schläuche reichen auf dafür aus. Kühlperformance und Geräuschentwicklung sind gut, die Lüfter erledigen einen guten Job, auch wenn es noch leisere Lüfter am Markt gibt. Für eine AiO-Kompaktwasserkühlung sind sie aber als Originalbestückung gut zu gebrauchen. Die ganze RGB-Beleuchtung, samt adressierbarem Anschluss, Adaptern und einem beiliegenden Controller als Alternative zum Mainboard sind hingegen wirklich vorbildlich.

Well Done, möchte man da fast sagen. So was richtig Negatives habe ich nichts feststellen können, außer dass mich wie immer das Aluminium der Radiatoren stört. Ich hoffe mal, Deepcool hat einen guten Chemiker, der die Kühlflüssigkeit so präpariert hat, dass nichts korrodiert. Galvanische Kriegsschauplätze haben wir nämlich schon genügend gesehen. Dies ist übrigens auch der einzige Punkt, den ich so nicht testen kann. Aber es wird schon halten. Hoffen wir es mal.

 

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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