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DDR5 Deep Dive – Kingston im exklusiven Interview zum neuen Arbeitsspeicher-Standard und viele Beispiele aus der Praxis

Gibt es größere Änderungen bei den PCB-Layouts, was die Position von Kondensatoren und ICs, neue JEDEC-Layout-Standards für Single- oder Dual-Rank-Layouts betrifft?

Ja, das JEDEC-Komitee hat für die Einführung von DDR5 brandneue PCB-Layouts entworfen. Da jedem DDR5-Modul ein integrierter Power Management Integrated Circuit, PMIC hinzugefügt wurde, waren neue Layouts für die Stromführung und -verteilung erforderlich, was bei DDR4 nicht der Fall war.

Wie sieht es mit den PMICs aus? Werden High-End Kingston-Kits bereits einen „entsperrten“ PMIC verwenden, der mehr als 1.435V VDD liefern kann?

Alle Kingston FURY Beast DDR5-PMICs sind für die XMP 3.0 Profile 4 und 5 freigeschaltet, um die Programmierbarkeit für Nutzer zu ermöglichen. Um Schäden an CPU und den DRAM-Komponenten zu vermeiden, gibt es jedoch Grenzen hinsichtlich der einstellbaren Spannungshöhe. Je nach Marken erlauben einige Motherboard-BIOS-Einstellungen einen größeren Bereich der Spannungsanpassungen.

Auch das kommt den meisten Lesern wahrscheinlich schon bekannt vor. Die Spannungsversorgung der Speichermodule mit der „RAM-Spannung“ erfolgte bei DDR4 noch über Spannungswandler auf dem Mainboard, die 12 V bzw. 5 V vom Netzteil in die typischen 1,35 oder 1,5 V an den DIMM-Slot liefern. Bei DDR5 gehen 5 V direkt über den DIMM-Slot auf das Arbeitsspeicher-Modul, wo der PMIC sitzt, der dort erst daraus die für Speicher-ICs verdaulichen Spannungen generiert.

Hier gibt es anders als bei DDR4 nun zwei Haupt-Spannungen, VDD und VDDQ, die typischerweise bei 1,1 – 1,435 V liegen und je nach IC auch gerne einmal unabhängig von einander eingestellt werden wollen, für bestmöglichen OC – das nur als Zusatzinfo von mir. Für Spannungen jenseits der im Standard limitierten 1,435 V braucht es dann spezielle unlocked PMICs, die auch wir bisher noch auf keinem frei erhältlichen DDR5 Modul gesehen haben. Für RAM-Overclocker wird die Modul-Auswahl also nochmal vielschichtiger. Diese PMIC-Chips und nicht der eigentliche DDR5-Speicher sind wohl auch einigen News-Quellen zufolge der Grund dafür, dass die neuen Module aktuell noch so knapp sind. Hier haben viele Hersteller erst vor kurzem mit der Produktion begonnen, was natürlich die Verzögerungen in der gesamten Produktionskette erklärt.

Beim Thema Herstellung hat mich auch gleich noch interessiert, wie die neuen Platinen-Layouts heißen. Denn bei DDR4 konnte man anhand des Layout-Typs, wie z.B. A0, A2, B1 etc. schon in etwa schließen, wie hoch oder eben nicht sich ein Modul potentiell takten lässt.

Gibt es schon Informationen dazu, wie die PCB-Layouts heißen (vgl. JEDEC A2 oder B1 bei DDR4)? An der Unterkante von DDR5 Modulen sind nun gar keine Kondensatoren mehr zu finden – was ist der Grund dafür?

Die aktuellen JEDEC-Standard Raw Cards für DDR5 UDIMMs sind: A0(1Rx8), B0 (2Rx8) und C0(1Rx16). Die Platzierung der Komponenten wurde bei DDR5 im Vergleich zu DDR4 geändert, um ein besseres Daten- und Energiemanagement zu ermöglichen und die Anfälligkeit für Beschädigungen in der Nähe der Modulränder zu verringern. Passive Komponenten am Rand des Moduls waren bei DDR4 ein gelegentliches Problem: Der Druck beim Einsetzen führte gelegentlich zu Beschädigungen an den Komponenten oder löste sie. Oft war das nur auf mikroskopischer Ebene zu sehen.

Wie bei DDR4 beginnen die Single-Rank Layouts also mit A und Dual-Rank Layouts mit B, wobei dann einfach mit einer Zahl die Revision hochgezählt wird, ergo A0 bzw. B0 – so weit so logisch. Interessant ist auch, dass es mit C0 einen Standard für 8 GB Module mit x16 ICs gibt. Auch bei DDR4 gab es solche x16 Speicherchips bereits, die oft in Notebooks oder Servern verwendet wurden, wo die rohe Performance keinen hohen Stellenwert hat. Einfach gesagt, übernimmt hierbei ein Speicherchip jeweils die Arbeit von zweien, sodass sich bereits mit 4 Speicherchips ein fertiges Modul ergibt.

Hier kommen nun wieder die vorhin angesprochenen Bank Groups ins Spiel, die nun effektiv die doppelte Arbeit leisten müssen, oft zu Lasten der Performance. Aber da es nun ja mit DDR5 auch die doppelte Anzahl an Bank Groups je Speicherchip gibt, dürfte zumindest auf dem Papier das Leistungsdefizit zumindest geringer ausfallen als noch bei DDR4. Und ähnlich wie bei DDR4 könnte bei diesen x16 Varianten wieder ein zweites paar Module im Dual-Rank Betrieb effektiv die selbe Leistung bringen wie x8 Module. Auch wenn es zum Launch von DDR5 hauptsächlich nur 16 GB 1Rx8 Module gibt, könnte diese Info für den einen oder anderen Sonderfall interessant werden.

top: DDR5-5200 Fury Beast, bottom: DDR4-5333 Fury Renegade

Auch fallen nun bei DDR5 die Kondensatoren am unteren Rand der Module komplett weg. Wer schon mal gebrauchten RAM auf ebay gekauft hat, wird das Problem nur allzu gut kennen, dass durch unsachgemäße Verpackung ein Kondensator und sein RAM-Modul getrennt von einander angekommen sind. Aber auch beim Einsetzen der Module in die DIMM-Slots bleibt man bei DDR4 leicht mal wo hängen und schon hat eine Lötstelle der winzigen Komponenten einen Riss, was man vielleicht am Ende nur an Instabilitäten oder schlechterem Takt bemerkt. Dankenswerterweise hat der DDR5 Standard diese Komponenten am unteren Rand gleich ganz von den Platinen gestrichen.

Das eben zu sehende DDR4-5333 Modul von Kingston war erst vor kurzem bei uns im Test. Um mit dem alten Standard diese hohen Taktraten zu erreichen, musste man tief in die Produktions-Trickkiste greifen und die Signalisierung auf 12 Platinen-Schichten verteilen. Es drängt sich die Frage auf, ob DDR5 mit ähnlich hohen Geschwindigkeiten selbst bei Einsteiger-SKUs hier auch bereits deutlich aufwändiger in der Herstellung ist.

Welche Änderungen ergeben sich bei der Herstellung von DDR4 zu DDR5 (z.B. PCB Layer Count)?

Als Hersteller von Speichermodulen beinhaltet die Umstellung von DDR4 auf DDR5 zusätzliche Komponenten wie PMIC, Induktoren und weiteres. Da unsere SMT-Montagelinien jedoch eine Vielzahl von Produkten, einschließlich SSDs und USB-Flash-Laufwerke, gleichzeitig herstellen können, stellt dieser nächste Schritt in der Produktion von DRAM-Modulen kein Problem dar.

top: DDR4-5333 Fury Renegade, middle: DDR4-4800 Fury Renegade, bottom: DDR5-5200 Fury Beast

Kingston DDR4-5333 ist ja bereits auf 12 Layern. Wie viele Layer haben die ersten DDR5-Kits?

Die PCB-Layer werden vom JEDEC-Ausschuss durch das Raw Card Design festgelegt und können je nach Anzahl der Ranks und unterstützten DRAM-Typen variieren. DDR5-Module haben je nach Typ zwischen 8 und 12 Layer. In einigen Fällen weichen PCBs für Overclocking von den JEDEC-Standard-Raw-Cards ab, um eine höhere Leistung zu ermöglichen. Diese sind zwar kompatibel, werden aber nicht als Standard angesehen.

Die „langsameren“ DDR5-Kits kommen also noch immer mit 8 Schichten aus, was sich langfristig auch positiv auf die Herstellungs-Kosten auswirken könnte. Auch das Fury Beast DDR5-5200 Kit, das uns Kingston bereits zur Verfügung gestellt hat, konnte ich als 8 Layer-Platine bestätigen. Im Umkehrschluss ist hier also auch auf Seiten der Herstellungstechniken noch einiges an Luft nach oben, um in der Zukunft noch schnellere Module anbieten zu können.

Besonders interessant für uns Enthusiasten und Übertakter sind natürlich auch die auf einem Modul verbauten Speicher-ICs. In der DDR4-Ära hatte sich Samsungs 8 Gbit B-Die als absoluter Performance-Spitzenreiter herauskristallisiert. Die Fury Beast DDR5 Module verwenden beispielsweise Micron 16 Gbit Rev A Speicherchips, die in unseren Tests ein Taktlimit bei etwa 5600 Mbps erreichen. Wenn es also bereits DDR5 Module mit XMP Profilen von 6000 Mbps und mehr gibt, muss es sich um andere Speicher-ICs handeln, oder?

Aktuell sind nur die DDR5 Hersteller Samsung, Micron und Hynix geleaked, aber es können noch keine speziellen IC-Typen benannt werden oder welche DDR5 ICs es generell gibt – losgelöst von der Verwendung in Kingston-Produkten oder der Übertaktungsfähigkeit?

Wir haben Verständnis für „Overclocker“, die wissen möchten, welches die besten ICs nach Marke und Revision sind. Da wir jedoch seit fast 20 Jahren Speichermodule für Übertaktung herstellen, können wir mit Sicherheit sagen, dass DRAM-Marke und Revision nicht immer konsistent sind. Wir beziehen von allen drei großen DRAM-Halbleiterherstellern. Und wenn wir Spezifikationen festlegen, tun wir dies in der Regel mit mehreren DRAM-Optionen. Ein einziger DRAM-Chip als Quelle für eine bestimmte Geschwindigkeit, Latenzzeit und Kapazität ist für einen globalen Kundenstamm nicht tragbar.

Eine einzelne DRAM-Die-Revision kann außerdem in einem einzigen Produktionslos während des Screening-Prozesses zu erheblich unterschiedlichen Ergebnissen führen. Die einzige Möglichkeit, eine höhere DRAM-Leistung zu garantieren, besteht darin, DIMMs oder Kit-Teilenummern zu wählen, die ab Werk auf hohe Geschwindigkeit voreingestellt sind.

DDR5-5600 OC of Kingston Fury Beast

Wir gehen davon aus, dass es bei DDR5-DRAM im Laufe der Zeit einige Gewinner und Verlierer bei der Übertaktung geben wird. Abgesehen davon werden von den DRAM-Halbleiterherstellern ständig Verbesserungen vorgenommen, um die Ausbeute und Qualität zu erhöhen, was sich in einer höheren Leistung beim internen Screening niederschlägt. Eine DRAM-Revision von heute, die eine geringe Übertaktbarkeit aufweist, kann in den kommenden Monaten dramatische Verbesserungen erfahren, wenn der Anbieter den Produktionsprozess verfeinert.

Natürlich hat Kingston recht, denn zum einen gibt es wie immer bei der Silizium Lotterie bessere und schlechtere Bins eines jeden Speicher-ICs und zum anderen muss auch die auch das Platinen-Design und die Produktions-Qualität drum herum stimmen. Man muss fairerweise auch dazu sagen, dass Kingstons schnellste DDR5 Module momentan mit DDR5-5200 noch nicht zu den absoluten Spitzenreitern gehören. Aber wie bereits gesagt dürften höhere SKUs, z.B. mit anderen ICs oder höheren Layer-Counts, in greifbarer Nähe sein.

Zudem ist DDR5 ja momentan ohnehin knapper als so manche GPUs und das will im Jahre 2021 etwas heißen. Es bleibt also wie so oft nur das abwarten, bis es schnellere und mehr Produkte auf den Markt schaffen. Wobei unseren Quellen zufolge bereits Anfang Dezember der zweite große Schwung an DDR5 auf den Weltmarkt schwappen dürfte. Sobald dies passiert, werden wir euch natürlich wieder von unseren Tests berichten und wie viel Leistung sich aus den neuen RAM-Kits wirklich gewinnen lässt.

 

Kommentar

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G
Guest

Interessant.
Ich sehe schon unlock/flash Versuche und Löt Mods an Speichermodulen in Zukunft.
Also ist derzeit bei DDR5 die VDD und VDDQ nur bisschen Augenwischerei ist, weil duch PMIC noch alles gelockt ist.

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R
Rooter

Mitglied

55 Kommentare 8 Likes

Es gibt von Crucial und ADATA auch 8GB DDR5 Module in der Liste. MSI hat es verglichen: https://www.msi.com/blog/a-closer-look-at-ddr5-benchmarks-with-intels-Alder-lake-cpus

2x16GB sind deutlich schneller als 2x8GB, sowohl bei der Bandbreite als auch bei der Latenz.

Es sieht also so aus, als wenn 8GB Module @1Rx16 deutliche Geschwindigkeitseinbußen hinnehmen müssen. Im Notebook wird man wohl öfter 2x8GB DDR5 sehen, weil 2x16GB oft noch overkill sind und DDR5 sehr teuer ist. Schnelle iGPUs würden deutlich an Leistung verlieren.

Antwort 1 Like

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Xaver Amberger (skullbringer)

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