An einem der Tage ging es auch um jede Menge Blech. Es ist nämlich immer besser über Blech als nur selbiges zu reden. Auch bei der Gehäuseproduktion gilt ja, wer objektiv urteilen will, muss zunächst den Produktionsprozess kennen. Die Fein- und Grobheiten der Herstellung von Stahlblechgehäusen kenne ich hinlänglich vom chinesischen Festland, aber der Hang zum Aluminum war diesmal wieder viel zu stark, um einfach Nein zu sagen. Also habe mich aufgemacht, um außerhalb auch Lian Li einen erneuten Besuch abzustatten.
Interessant war ja einerseits, was Lian Li zur aktuellen Gehäuseentwicklung selbst zu sagen hatte und dazu sowohl den Chefingenieur als auch den Besitzer zu befragen. Außerdem durfte ich andererseits diesmal auch Bereiche fotografieren, die ich seinerzeit in eine andern Foto-Story nicht mit dabei hatte. Zu den besonders gut gehüteten Objekten gehört nämlich auch die Werkzeugsammlung („Tooling“) für jedes einzelne Gehäuse. Damit ist diese spezielle Regalreihe auch so eine Art mechanisches Gedächtnis von Lian Li, denn mit diesen Werkzeugen liesse sich jedes noch so alte Modell sofort wieder in die Produktion aufnehmen. Außerdem sind die Stückzahlen aller Gehäuse relativ niedrig, so dass man oft direkt nach Bestellungseingang und Bedarf produziert. Eine große Lagehaltung kann man damit weitgehend vermeiden.
Lian Li ist stolz auf seinen Maschinenpark, was auch nicht weiter verwundert. Die Anlagen für den groben Laser-Zuschnitt sowie die Automaten für die Details repräsentieren immer noch den aktuellen Stand und waren zudem recht teuer. Präziser geht es nicht und eine konstante Qualität der erzeugten Teile ist so garantiert.
Natürlich ist neben so vielen voll automatisierten Abläufen auch jede Menge Handarbeit nötig. Und so treffen Presse-Mitarbeiter auf Presse-Arbeiter, auch wenn der eigentliche Vorgang dann wieder mehr oder weniger automatisiert in aufeinander folgenden Schritten abläuft und bei denen der aufwändigste Teil das exakte Einrichten der Anlage ist.
Ganz ohne Handarbeit geht es bei den Kleinteilen dann aber doch nicht. Geschickte Finger erledigen das – we im Video zu sehen – im Handumdrehen, ein eigener Selbstversuch hielt dann hingegen schon einmal die ganze Herstellung auf. Die Reinigung und auch die Oberflächenbehandling sind vor allem beim sehr weichen Aluminium das A und O. So verwundert einen am Ende auch der Aufwand nicht, mit dem alle Teile einzeln behandelt werden. Das reicht von der Farbgebung mittels Anodisierung bis hin zu matten, polierten oder gebürsteten Oberflächen.
Qualitätsprüfung und Oberflächlichkeiten
Natürlich sorgt man im Werk auch für die notwenige, stabile Qualität. Dazu dienen vielseitige Tests, die von ROHS-Überprüfungen zugekaufter Komponenten, die Konstanz der Farbgebung bis hin zu Kratztests an fertigen Oberflächen reicht. Es ist eben doch mehr, als nur eben mal so etwas Blech zu verbiegen.
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Montieren und Einpacken am laufenden Band
Die Endmontage und Verpackung geschehen an einem einzigen Fließband. Man sieht sehr schnell, dass die Stammbelegschaft zum Teil schon 10 Jahre oder länger hier arbeitet. Lian Li vermeidet mit Absicht den Verschleiß allzu junger Arbeiter(innen) und setzt stattdessen auf Erfahrung.
Nachdem die Gehäuse montiert und geprüft wurden, landen sie alle in der Kiste und werden für den Versand vorbereitet.
Aussichten und Pläne für die Zukunft
Vielleicht haben es ja einige schon bemerkt oder auch in unseren Computex News gelesen: Lian Li arbeit mittlerweile auch als OEM für einige Unternehmen wie beispielsweise Asus. Neben den etwas aus der üblichen Form fallenden Gehäusen für Dritte stellt man sich aber auch mittlerweile selbst etwas mutiger auf. Neben Bi-Color-Lösungen (Aluminium pur und Anodisierung) konnte man auch erstmals auf der Computex gebrushte bzw. lackierte Gehäuse im mini-ITX-Format bestaunen. Da fand sich dann sogar unsere pinke Anregung wieder. Mut zur Farbe hat am Ende ja noch nie geschadet.
Und sonst? Neben neuen Varianten des Tisches mit geänderten Beinen und weiteren, pfiffigen Details testet sich Lian Li gerade in einer völlig neuen Branche. Man wäre ja am Ende auch schlecht beraten, solch teure und präzise Maschinen nicht auch einmal für andere Dinge einzusetzen. Man darf gespannt sein, ob sich Lian Li zur Massenproduktion durchringen wird. Solange muss auch der Autor (noch) über weitere Details schweigen, aber etwas spoilern geht schon.
Generell gilt, nachdem ich nun schon einige Fabriken der Gehäuseproduktion gesehen habe, was Konfuzius seinerzeit so treffend formuliert hat: „Der Mensch hat dreierlei Wege klug zu handeln: Durch Nachdenken ist der edelste, durch Nachahmen der einfachste, durch Erfahrung der bitterste.“ Recht hat er.
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