Grundlagenartikel Volumenstrom, Druckverlust und Kühlleistung am Beispiel eines CPU- und GPU-Wasserblocks | Praxiswissen

Igor Wallossek

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Ich möchte das Ganze nicht zu theoretisch aufbauen, habe aber beschlossen, aufgrund der positiven Resonanz zum letzten Artikel “Aqua Computer Durchflussmesser “High-Flow” im Labortest – Was kann ein Flow-Meter für 40 Euro?” nahtlos an diesem ersten Aufbau anzusetzen, das alles noch einmal etwas zu verfeinern und für den normalen Laboralltag mit den Tests von Wasserkühlungs-Komponenten nutzbar zu machen. Ich werden dabei aber die staubtrockene Theorie so kurz und allgemeinverständlich wie möglich halten und mich stattdessen auf praktische Beispiele konzentrieren, die jeder so oder so ähnlich ja auch in der eigenen Wasserkühlung wiederfindet.



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Sehr schön! Womit misst Du denn im Bypass A den Druck?
 
Den muss ich doch nicht direkt messen, der beeinflusst den Flow im großen Loop und den wiederum messe ich ja dann. :)
Ich drehe A solange auf, bei der Druck im großen Kreislauf knapp über meinem Zielwert liegt. Den Rest erledigt das Druckregelventil.
 
Ich hatte das "Pressure Control Valve" als Ventil gesehen und "Pressure Control" im Bypass als einen Messpunkt. Und da wollte ich nur wissen, womit du das misst. =) Bypass A und der Chiller sind ja parallel "geschaltet", korrekt?

Oder ich hab einfach noch nicht geschnallt, worin sich "Pressure Control Valve" "Bypass A + Pressure Control" unterscheiden bzw. was die sind.
 
Wie sieht das ganze aus, wenn man nicht mit 1000 Watt chiller arbeitet, sondern nur mit Radiatoren? Da wird das Wasser warm, und die Viskosität verringert sich. Das beeinflusst ja schon die Strömungslehre.
 
@Besterino
Ich habs doch Text eigentlich ganz gut erklärt :)
Um Schwankungen des Volumenstroms (“Durchflussmenge”) im Bereich der Pumpe zu vermeiden, lasse ich diese ungeregelt bei maximaler Leistung laufen und regle stattdessen den Volumenstrom mit Hilfe des Bypasses A herunter. Dort kommt ein recht gut dosierbarer Kugelhahn zum Einsatz, der bereits recht grob den Volumenstrom im großen Kreislauf durch den “Kurzschluss” über den Bypass A abzusenken hilft. Dadurch teilen sich die Volumenströme auf den großen und kleinen Kreislauf auf, so dass die Pumpe selbst keinen signifikanten Gegendruck bekommt, der seinerseits dann die Drehzahl herunterdrücken könnte.

@kleinstblauwal
Zwischen 20, 30 und sogar 40 Grad ändert sich da nicht sonderlich viel, weil der Strömungswiderstand trotz allem sehr ähnlich ausfällt. Ich messe ja "nur" den Volumenstrom. Und genau den stelle ich ja vor jeder Messung fest ein. Ich habe den Kompressorkühler auch mal ausgestellt und sogar bis 50°C Wassertemperatur gewartet und trotzdem keine so großen Abweichungen festgestellt, als dass es relevant gewesen wäre. :)
 
Hallo zusammen,

schöne Arbeit, aber die Messung des "Druckverlustes" durch Vergleich von Bypass und Testobjekt ist nichtssagend und wenig hilfreich. Den Druckverlustbeiwert kennen wir damit noch immer nicht, womit uns das nicht im Geringsten bei der Auslegung einer Wasserkühlung hilft. Was wir bräuchten, ist der tatsächliche Druckverlust über die getestete Komponente bei gegebenem Massenstrom.
Da braucht es wohl noch ein paar Grundlagen der Strömungslehre. ;-)

Zunächst einmal, um allen, die das hier mitlesen und ein grundlegendes Verständnis für Elektronik haben, ein wichtiger hinweis zu Beginn, der das Verständnis sehr vereinfacht: egal um welchen Strom es sich handelt, die grundlegenden Regeln sind immer gleich (wie z.B. die Maschenregel, Parallel- und Seriell-Schaltung etc.). Kann ich einen elektrischen Schaltplan lesen und weiß, was Widerstand, Spannung und Strom sind, so kann ich auch Fluid- und Wärmeströme verstehen. Die physikalischen Größen unterscheiden sich natürlich:
- Das treibende Potential ist bei elektrischen Strömen die Spannungsdifferenz, bei Wärmeströmen die Temperaturdifferenz und bei Fluidströmungen die Druckdifferenz.
- Der elektrische Widerstand entspricht dem thermischen Widerstand und dem Strömungswiderstand entsprechender Bauteile.
- Der Strom oder die Strömung bezeichnet jeweils das Ausmaß des Potenzialausgleichs durch einen Ladungstransport. Im Falle des elektrischen Stroms werden elektrische Ladung transportiert, bei Wärmeströmungen ist es Wärme und bei Fluidstömungen das entsprechende Fluid, z.B. Wasser.
Die Analogie ist sehr weitgehend und für die meisten Komponenten finden sich entsprechende Analoga. Während dies bei den Quellen noch trivial ist*, wird die Analogie bei manchen Bauteilen erst auf den zweiten Blick klar. ** Es gibt allerdings nicht für jedes Bauteil und jedes Phänomen eine Entsprechung.

Für die Auslegung eines Wasserkühlkreislaufs brauchen wir wie üblich zwei Größen, um die dritte bestimmen zu können. Den Kühlkomponenten eigen sind ihre Widerstände, diese können wir nicht beeinflussen. Bei Rohrströmungen sprechen wir hier übrigens von Widerstandsbeiwerten. Die beiden anderen Größen bedingen sich also. Bei einem vorgegebenen Strom durch die Komponente, stellt sich also eine bestimmte Druckdifferenz über das Bauteil ein. Der Druck in der Leitung ist folglich in Strömungsrichtung hinter dem Bauteil um einen messbaren Betrag geringer als davor. Auch andersherum funktioniert dies: haben wir einen gewissen Druck, mit dem wir das Fluid durch den Widerstand strömen lassen, ergibt sich der Strom in direkter folge. Es macht daher Sinn, die Widerstandsbeiwerte der Komponenten zu bestimmen, um anhand dessen dann den Kühlkreislauf auslegen zu können.
In der Folge können wir dann zum Beispiel einen Wunsch-Massenstrom vorgeben (z.B. 180l/min) und mit den verbauten Komponenten den Druckverlust (Differenzdruck) über den gesamten Kühlkreislauf ausrechnen. Vergleichen wir dies dann mit dem Datenblatt / der Leistungskurve der Pumpe, wissen wir ob diese den gewünschten Massenstrom wird antreiben können und unter welchen Bedingungen, oder wob wir eine andere Pumpe benötigen.
Wir können aber zum Beispiel auch die Kühlkomponenten vorgeben und aus den Daten der Pumpe direkt bestimmen, wie groß der Massenstrom im Kreislauf sein wird.
In letzter Konsequenz können wir den Kühlkreislauf auch problemlos thermisch berechnen bzw. vorab auslegen. Sind die Daten verfügbar, braucht es wenige Minuten und man weiß, welche Temperaturen erwartet werden können. Das aktuelle Problem dabei ist: die Daten sind nicht verfügbar. Zu der einen oder anderen Kühlkomponente findet man doch mal den thermischen Widerstand, das ist aber leider die Ausnahme. Dazu sind diese oftmals nicht ohne weiteres vom Hersteller anzugeben***.

Was brauchen wir um unsere Kühlsysteme auslegen zu können? Nur zwei Sachen: gemessene Beiwerte und das Verständnis der physikalischen Gesetzmäßigkeiten. Am ersteren ist Igor bereits dran, für zweiteres wird er für uns sicher ein kleines Skript auf der Homepage zusammen klicken, das das meiste automatisch für uns macht. Ist ne Sache von einem halben Tag. ;-)
Was Igor messen müsste:
- Pumpenkennlinien: von der Pumpe erbrachte Druckdifferenz bei gegebenem Massenstrom. Also welchen Druck schafft die Pumpe bei welcher Fördermenge. Gegebenenfalls abhängig von Pumpendrehzahl/Versorgungsspannung. Der Testaufbau dafür ist extrem simpel. Die Pumpe wird über ein Rohrstück (zwecks Messung des Volumenstroms) und eine Drossel kurzgeschlossen. Letztere kann ein Kugelhahn sein, aber auch ein einfacher Flexschlauch mit einer einstellbaren Klammer. Dazu brauch es einen Differenzdrucksensor, der parallel zu dem Stromkreis an die Pumpe geklemmt wird. Im Zweifellsfall reicht eine Schlauchwaage aus.
- Bauteil-Beiwerte: Sowohl die Druckverlustbeiwerte der Komponenten (Radiatoren, Wärmetauscher, etc.), als auch ihre thermischen Widerstände. Für den Druckverlustbeiwert hat Igor den Aufbau heute schon vorgestellt. Man müsste einfach Bypass B weglassen und dafür einen Differenzdrucksensor parallel zum getesteten Bauteil vorsehen. Dazu natürlich immer schön den Volumenstrom regeln und messen. Die thermischen Widerstände sind genauso trivial. Es muss ein vorgegebener Wärmestrom eingebracht werden (auch dafür hat Igor schon einen Aufbau, siehe Reference-Benchtable für Kühler) und die Wassertemperatur vor und nach dem Kühler gemessen werden. Bei den Radiatoren braucht es dann noch die Lufttemperatur gegen die er arbeitet, bei den Wärmetauscher diejenige an der Austauschfläche (Kontakt zum Heatspreader).

Wie wir sehen ist das alles kein Hexenwerk und die Grundlagen hat Igor schon geschaffen. Nun braucht es im Detail noch ein paar Anpassungen, und unseren feuchten Träumen (Wasserkühlung) steht nichts mehr im Wege.
Ich helfe gerne beratend bezüglich künftigen Messaufbauten, bei der Umsetzung des Skripts für die Berechnung oder ähnlichem. Bei Bedarf einfach melden. Material gibt es auch viel im Netz, zum Beispiel die folgende sehr umfangreiche Formelsammlung:
Ich kann aber auch gerne noch ein paar Rechenbeispiele konstruieren. Dann zeigt sich auch schnell warum ein höherer Massenstrom immer besser ist. ;-)

Ich freue mich auf viele interessante Messergebnisse in der Zukunft!

Viele Grüße,
TRX


* die Stromquelle gibt einen gewissen Strom vor, egal ob Wärmestrom, elektrischer Strom oder Wasserstrom, die Potentialquelle das Potential (egal ob Spannungsdifferenz, Druckdifferenz oder Temperaturdifferenz)
** weitere Beispiele wären z.B. Dioden/Ventile (auch Spezialvarianten wie Zener-Dioden/Überdruckventil) bis hin zum Sperrwandler, der im hydraulischen Widder seine Entsprechung findet.
*** Ein beispiel hierfür ist ein einfacher Radiator, dessen Charakteristik nicht nur von Material, Aufbau etc. abhängt, sondern auch stark von den verwendeten Lüfter und der eingestellten Drehzahl.
 
Gute Anregung, lass uns bei Gelegenheit auch gern mal drüber reden. Hier ist ja alles zeitlich immer arg unter Druck und zweimal anfangen ist auch ineffizient :)

Edit:
Kleiner Nachtrag - erst einmal zum Testen zwei Drucksensoren bestellt. Damit bin ich sogar noch flexibler als mit einem Differenzdrucksensor.
 
Zuletzt bearbeitet :
Hallo zusammen,
die Warnung vor Low-Flow-Systemen kann ich nur unterstützen, der gefährliche Effekt heißt „laminare Strömung“ und beschreibt einen Zustand bei dem durch einen zu geringe Strömungsgeschwindigkeit (Durchflussmenge zu klein) ein Teil der Kühlflüssigkeit durch die Rauigkeit der Oberfächer des Kühlers am weiterstömen gehindert wird und sich wie eine Isolierung auf der Wandung verhält. Dadurch wird die Wärmeübertragung behindert, eventuell bis sie zusammenbricht.
Daher sollte man Wärmetauscher IMMER mit turbulenter Strömung betreiben, sonst arbeiten diese nicht zuverlässig.

Grüsse
Klaus

! Wenn man noch Temperatursensoren für den Wärmetauscher im Mediumeintritt und im Mediumaustritt einbauen würde, könnte man mit dem Massenstron die Leistung auch direkt berechnen.
 
Hallo Klaus,

ich muss dir leider bezüglich deiner Ausführungen zu laminaren Strömungen grundlegend widersprechen. Zunächst einmal hast du in der Regel keine signifikante Rauheit oder keine laminare Strömungen, da die Rauheit den laminar-turbulenten Umschlag fördert bzw. erzwingt. Das von dir genannte Szenario ist nur bei extrem niedrigen Reynoldszahlen (in Rohrströmungen) möglich. Wenn du solche Reynoldszahlen in einer Wasserkühlung realisieren willst, dann musst du schon die Viskosität hochsetzten, indem du den Kreislauf mit Honig befüllst. Das halte ich doch eher für unwahrscheinlich.
Davon abgesehen, dass wir in einer PC-Wasserkühlung nur sehr schwer eine laminare Strömung erreichen könnten (jede verbaute Komponente erhöht typischerweise massiv die Turbulenz und erziwngt den Umschlag, vor allem die Pumpe, Verbinder etc.), ist diese nicht per se schlecht. Die laminare Strömung unterscheidet sich natürlich von der turbulenten dadurch, dass alle Stromfäden parallel verlaufen. Das heißt, dass die Wärme orthogonal zur Strömungsrichtung nur conductiv und nicht convectiv transportiert wird. Sprich, nur die recht geringe Wärmeleitfähigkeit des Wassers transportiert die Wärme quer zur Strömung, es kann sich also eine deutliche Temperaturschichtung ergeben, die die Performance verschlechtert. Du übersiehst jedoch, dass das eine auslegungssache ist. Wenn du eine laminare Strömung hast, weil du mit Mikro-Kapillaren sehr geringen durchmessers arbeitest, dann sind die Größenordnungen derart, dass ist die Wärmeleitfähigkeit deines Mediums irrelevant.
Im Detail muss ich dich auch noch darauf hinweisen, dass dies von der Rauheit vollkommen unabhängig ist. Laminare Strömung bedeutet, dass die Wärme quer zur Strömung immer nur konduktiv transportiert wird. Ein eventuelles Totwassergebiet zwischen den Rauheitsspitzen halt also keinerlei Einfluss darauf.

Interessanterweise hättest du recht gehabt, hättest du deine Argumentation verwendet, um darauf hinzuweisen, dass auch in turbulenten Strömungen eine zu große Rauheit schelcht ist. Denn in diesem Fall bildet sich eine laminare Unterschicht, die durch die Rauheit beeinflusst ist, und sich im Charakter der Wärmeleitung vom Kern der Strömung unterscheidet. Aber schlussfolgere daraus jetzt bitte nicht, dass turbulente Strömungen schlecht für den Wärmeübergang wären. ;-)

Im letzten Punkt gebe ich dir aber Recht. Eine temperaturmessung vor und nach dem Testobjekt wäre interessant bei jeder Form von Wärmetauscher. Die Messung einer aussagekräftigen Temperatur ist aber recht anspruchvoll.

Viele Grüße,
TRX
 
Klasse Artikel.
Sehr gut! Das bedeutet, dass ein "nicht verschachtelter" GPU Block wie z.B. für eine VEGA (GPU + RAM auf selbem Package) sich verhalten muss wie ein CPU Block? Also weniger Volumenstromverlust und auch günstiger für ein low flow System.
@Alphacool : Entsprechend müsste die Pumpe im Eiswolf locker für einen CPU Eisblock plus 2x 240er oder 280er Radiatoren plus AGB ohne Pumpe vollkommen ausreichen?
 
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