Grundlagenartikel Der 10-Gigabit Laberthread

Besterino

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Weil es in einem anderen Thread aufkam, hier mal eine kurze Einführung in die 10-Gigabit (hier kurz: 10G) Netzwerk-Welt. Wird über die Zeit gerne ergänzt, hier zunächst nur mal ein paar Basics.

Disclaimer: Es soll in diesem Posting nur um den allerersten Einstieg gehen für jemanden, der sich quasi noch nie mit der 10G-Welt beschäftigt hat. Ich habe mich daher bemüht, mich möglichst einfach und verständlich auszudrücken und insbesondere einen Überblick zu vermitteln, wie man eine 10G-Glasfaserverbindung zu Hause hinbekommen kann. Damit gehen natürlich erhebliche Abstriche einher, was die Vollständigkeit angeht und es sind je nach Rahmenbedingungen natürlich zig Varianten möglich bzw. sogar besser / sinnvoller.

Hier geht's übrigens ausschließlich um 10G, mit so einem Unsinn wie NBase-T mit 2,5G oder 5G beschäftige ich mich aus Prinzip nicht. Wer glaubt, dass er zu Hause schlechte Leitungen hat, der darf sich da gerne mit auseinandersetzen. In Zeiten wo neue 10GBase-T NICs für weniger als 150 Euro oder gebrauchte 10G Glasfaser NICs für unter 50 Euro zu haben sind... nein danke.

Nun aber los!

Es gibt zwei grundsätzliche Verbindungsmöglichkeiten, um zwei Rechner mit 10G Geschwindigkeit zu verbinden: a) mit der aus der 1 Gigabit-Welt bekannten Kupfertechnik und den bekannten RJ45 Steckern und b) mit der aus dem Enterprise-Umfeld stammenden Glasfasertechnik.

Zu a) gibt es eigentlich nicht viel zu erklären: Es gibt nur einen Stecker/Buchsen (RJ45) und diese Stecker/Buchsen sind die gleichen wie in der 1G-Welt, die 10G-Technik ist zu 1G abwärtskompatibel und je nach Kabellänge klappt 10G sogar mit den vorhandenen 1G Kabeln (ab CAT 5E, was anderes bekommt man heutzutage ja quasi gar nicht mehr). Kurzum: mit etwas Glück steck' ich zwei 10G-Netzwerkkarten in Rechner A und Rechner B, verbinde mit den eh schon liegenden Kabeln und habe meine 10G Direktverbindung. Schlimmstenfalls muss ich halt ein neues CAT6A Kabel kaufen.

Zu b) - also Glasfaser - wird's etwas komplizierter:

Eine vollständige "Verbindung" sieht in der Glasfaserwelt grds. (Ausnahme folgt gleich in einem Exkurs) so aus:

Netzwerkkarte (NIC) oder Switch oder sonstiges "Endgerät" --> Transceiver --> Kabel --> Transceiver --> Switch / NIC /sonstiges

Auf einige Einzelheiten zu den einzelnen Komponenten will ich nun etwas näher eingehen:

1. Kabel
An dieser Stelle wollen wir ein paar neue Begriffe bzw. Abkürzungen kennenlernen: was bei Kupfer "CAT" ist, ist bei Glasfaser "OM" bzw. "OS". Und so wie CAT6 besser ist als CAT5, ist OM4 besser als OM3 usw. Und "OS" ist nochmal "besser" bzw. anders als "OM"...aber OS1/OS2 interessiert uns nicht wirklich, denn 10km werden wir zu Hause wohl kaum überbrücken müssen...

Auf weitere Feinheiten wie Wellenlängen, verschiedene Steckertypen, Multimode & Co. will ich hier auch mal nicht weiter eingehen. Wir merken uns am besten an dieser Stelle nur einmal: mit OM3-Multimode-Duplex-Kabeln und LC-Steckern machen wir für Direktverbindungen (inkl. Switch) nichts falsch (und sind meine Empfehlung wenn man anfängt / keine Ahnung hat) - jedenfalls wenn man nicht im Hinterkopf bereits über 40G, Unterputzdosen und sonstige Spielereien nachdenkt...

Beispiel: https://www.fs.com/de/products/50110.html - ich sach' mal, 10m für EUR 6,56 (inkl. MwSt) sind doch recht erträglich...

2. Transceiver
Dem aufmerksamen Leser ist oben bereits aufgefallen, dass es im Gegensatz zur Kupferwelt bei Glas nicht nur Kabel und Netzwerkkarte (NIC) gibt, sondern dazwischen so Dinger kommen, die Transceiver genannt werden. Kurz und vereinfacht: die Transceiver übersetzen das Lichtsignal in elektrische Impulse und umgekehrt. Warum sind die Transceiver so spannend? Von ihnen (plus Typ des Glasfaser-Kabels) hängt ab, wie lang eine Verbindung zwischen zwei Geräten (Rechner<-->Rechner, Rechner<-->Switch usw.) sein darf und ob überhaupt eine funktionierende Verbindung zustande kommt.

Für den Einstieg reicht zunächst mitzunehmen: ein 10GBASE-SR-Transceiver (kurz: SR) ist mit am günstigsten und langt fürs Homelab allemal, denn die stemmen mit den billigsten Kabeln (OM1) bereits entspannte 30m, und mit gängigen und durchaus erschwinglichen OM3-Kabeln schon mal entspannte 300m. Reicht.

Beispiel: https://www.fs.com/de/products/74668.html - kostet mit 16 Euro nun auch nicht die Welt.

Exkurs: Es gibt auch spezielle Kabel, in die ein Transceiver quasi direkt integriert ist bzw. die gar nicht Glasfaser für die Übertragung nutzen, sondern das Ganze direkt über Kupfer machen. Diese Kabel werden auch DAC-Kabel genannt. Logischerweise ist dann aber auch die Kabellänge vorgegeben und die Verbindung ist wie aus der Kupferwelt bekannt:

Endgerät (NIC, Switch usw.) --> DAC-Kabel --> Endgerät
Bis zu einer Entfernung von ca. 3m können DAC-Kabel eine günstigere Verbindung als mit Kabel und 2 Transceivern sein.

Jetzt haben wir also schonmal zwei Komponenten (Kabel+Transceiver) verbunden. Hurra!

3. Endgeräte (NIC/Switch)
Dummerweise funktioniert aber auf der nächsten Ebene noch lange nicht, was physisch passt. Soll heißen: nur weil ein Transceiver physisch in ein Endgerät passt, einrastet usw., funktioniert das noch lange nicht:

Die entsprechenden Ports sehen zwar von außen bisweilen gleich aus, sind es aber nicht. Für 10G (in der Einstiegsklasse) merken wir uns: wir wollen SFP+. Nicht SFP (ohne +), denn das ist der Standard für 1G. Auch nicht QSFP oder QSFP28. Wir wollen hier nur SFP+, denn selbst wenn es Möglichkeiten gibt, alles bis auf SFP (ohne +) zur Zusammenarbeit mit 10G zu bewegen, zahlen wir da nur unnötig drauf.

Aber es kommt noch schlimmer. Nur weil wir nun einen 10G (SFP+) Transceiver und ein Endgerät mit SFP+ Port(s) haben, heisst das leider noch lange nicht, dass diese sich beliebig kombinieren ließen. Geräte von manchen Herstellern spielen nämlich nur mit den Transceivern eben dieser Hersteller. Oder vielleicht auch noch einigen bestimmten anderen. Aber eben nicht mit allem und jedem. Schöner Mist? Genau.

Darum habe ich oben im Beispiel für den Transceiver auch einen "Generic" von fs.com verlinkt - die haben bisher in allen meinen NICs (Broadcom/Emulex, Intel, Fujitsu, Chelsio, Mellanox) und Switches (D-Link, TP-Link, Mikrotik) funktioniert. Aber eine Garantie übernehme ich natürlich nicht.

Und was soll man jetzt als NIC nehmen? Der günstigste Einstieg für eine Direktverbindung von 2 Rechnern ist im Zweifel die Kombination aus zwei Mellanox COnnectx-2 oder Connectx-3 NICs, die mit einem 3-Meter DAC-Kabel verbunden werden. Bei Ebay findet man bisweilen schon entsprechende Kits für <100 Euro: https://www.ebay.de/itm/10G-Netzwer...414888?hash=item215de821e8:g:62MAAOSwr~lYnZG3

M.E. ist das aber nicht die beste Lösung, denn u.a. müssen dann z.B. IP-Adressen im 10G-Netz manuell konfiguriert werden und es haben genau nur die 2 Kisten etwas davon. Reicht aber z.B. für die schnelle Anbindung einer Workstation an einen (Storage)Server natürlich völlig aus.

4. Ausgewählte Besonderheiten / Wissenswertes
4.1 Immerhin: Endgeräte bzw. SFP+ Ports sind meistens abwärtskompatibel zu SFP (ohne Plus), so dass sich eine 10G NIC auch grds. zur Zusammenarbeit mit einem 1G Switch überreden lässt. Aber Achtung: Auch wenn Endgeräte es regelmäßig sind, Transceiver sind häufig NICHT abwärtskompatibel, d.h. der gleiche Typ Transceiver muss auf beiden Seiten des Kabels stecken! Will ich also eine 10G NIC mit einem 1G Switch (mit SFP Port ohne +) verbinden, muss ich auch auf beiden Seiten jeweils 1G-Transceiver verwenden.

4.2 Während ein Kupfer-Port nicht (sinnvoll) auf Glasfaser umgerüstet werden kann, geht es umgekehrt sehr wohl mit speziellen Transceivern: so kann eine NIC oder ein Switch, der selbst über keine RJ45-Anschlüsse verfügt trotzdem relativ einfach (aber nicht ganz billig) mit einer herkömmlichen Kupfer-Infrastruktur (oder einer 10Gbase-T NIC) verbunden werden.
Beispiel 1G: https://www.fs.com/de/products/75322.html
Beispiel 10G: https://www.fs.com/de/products/74680.html

4.3 Das "Gute" an 10G-Glasfaser: Das ist alles Server- und damit Enterprise-Zeug. Soll heißen: das ist alles von Hause aus auf Stabilität, Zuverlässigkeit, Kompatibilität (Software), Dauerbetrieb und lange Laufzeiten ausgelegt. Deshalb kann man sowas m.E. auch gut gebraucht kaufen, denn die Unternehmen mustern die voll funktionsfähigen Server/Komponenten bereits aus, wenn sie aus den (bezahlbaren) Supportzeiträumen fallen (ca. 3-5 Jahre), und zwar selbst wenn sie noch voll funktionsfähig sind. Und sowas landet dann eben u.a. bei Ebay. Da die Komponenten bei uns zu Hause im Zweifel auch weit unter ihrem Maximum belastet werden, werden sie in ihrem Alter also auch quasi "geschont", was ihre Lebenszeit wohl eben auch noch einmal verlängert (im Vergleich zum Einsatz im Unternehmen) - selbst wenn sie vielleicht nicht nach Spezifikation eingesetzt werden (die NICs erwarten z.B. regelmäßig einen gewissen Luftstrom, den ein Consumer-Gehäuse schlicht nicht hinbekommt). Ich habe jedenfalls fast alle meine NICs gebraucht gekauft und musste bisher keinen einzigen Ausfall verzeichnen.

Soweit ein erster Zwischenstand. Vielleicht interessiert es ja den ein oder anderen. Bilder, weiterführende Links usw. liefere ich bei Gelegenheit nach.
 
Zuletzt bearbeitet :
Na dann nimm den doch mal testweise aus der Kette. Wenn’s an ihm liegt, ggf. & wenn möglich mal die Stromsparmechanismen auf den relevanten Ports abschalten.
 
Ich kann den nicht aus der Kette nehmen, weil ich keine so langen Kabel zum anderen Router habe. Besonders viele Einstellmöglichkeiten hat man bei den Dingern auch nicht, der DSL-Router ist auch eine Einstellungskatastrophe. Im Moment läuft es ja mit >80 up und >100 down ja ganz ordentlich.
 
Zuletzt bearbeitet :
Yep.

Hättest Du was gesagt, das Case hättest Du von mir günstig gebraucht haben können...

...aber was hat das alles im 10-Gigabit-Netzwerk-Thread zu suchen? ;)
 
Keine Ahnung zum Storage-Thread... :p

Zum Gehäuse: ist die V1 (hab' gerade erst gesehen, dass es eine V2 gibt), ich habe leider die Original-Verpackung nicht mehr...

Edit: V2 hat wohl nur das schwarze Innenlebenm, ansonsten technisch wohl identisch mit V1.3149
 
Zuletzt bearbeitet :
So, bin gerade dabei im Haus zu renovieren und wollte statt Kupferkabel gleich LWL verlegen weil teilweise auch unterputz ist und ich keine Lust habe in ein paar Jahren wieder alles neu zu machen.

Jetzt meine Frage, gibt es die LWL auch als Meterware wo man den Stecker dann selber anbringen kann?? gibt es Schon Unterputzdosen für LWL?
Was muss beachtet werden?
 
Lass das jemanden machen - Glasfaser ist etwas komplizierter als Kupferkabel krimpen. Bei den Dosen ist meistens der Biegeradius ein Thema, der hängt wieder vom verwendeten Kabel ab.

Zum Kabel brauchst Du dann leider auch die passenden Transceiver - das hängt also alles durchaus zusammen.

Tendenziel sollten Multimode Kabel @home reichen, dafür sind auch die Transceiver deutlich bezahlbarer Ich würde vermutlich zu OM4 greifen - da gehen 100gbit bis zu 150m drüber und das sollte wohl reichen. :)

Am Ende aber: such‘ Dir wirklich jemanden, der sich damit auskennt. Spart am Ende Geld, Zeit und Nerven.
 
Sehr informativer Artikel, vielen Dank!

Frage: ich muss zwei Switche verbinden. An einem Ende ist ein Cisco-Switch mit SFP und an dem anderen ein Arista mit SFP+.

Wenn ich das Ganze richtig verstanden habe, wäre die Lösung ein 1Gb-DAC Kabel. Richtig?
Allerdings habe ich bei fs.com lediglich DAC Kabel mit SFP+ gefunden.

Wenn es möglich ist, würde ich gerne am Besten DAC nehmen, weil beim dünnen Glasfaser immer etwas aufpassen muss :)

Wäre für einen Tipp dankbar!
 
Die offizielle Antwort der Hersteller wäre, den jeweils passenden Receiver (Cisco bei Cisco, Arista bei Arista) zu benutzen und ein LWL Patchkabel dazwischen zu benutzen.

Ein DAC wäre offiziell nicht supported. Gehe ich davon aus, dass du nicht im produktiven Datacenter Umfeld damit unterwegs bist, dann könntest du auch ein DAC nehmen. Das wäre auch deutlich günstiger (außer, du hast die Receiver schon).
 
Prinzipiell spricht rein gar nicht gegen DACs im produktiven Bereiche. Aber eben nicht zwischen zwei Switches unterschiedlicher Hersteller.

Hintergrund: Im produktiven Betrieb ist es idR sehr wichtig, dass alle eingesetzten Produkte unter vollem Support und in einem offiziell freigegeben Schema betrieben werden. Bei einem Switch heißt dass, das idR alle Receiver (darunter fallen auch DACs, da hier die Receiver einfach direkt an ein Kabel gelötet sind) vom gleichen Hersteller sein muss und in der Support Matrix stehen muss. Bei zwei unterschiedlichen Herstellern der Switches kannst du das mit einem DAC nicht machen.

Manche Switch Hersteller sind da kulanter / offener, aber zB gerade CISCO macht da gerne schon einmal dicht im Supportfall und möchte, dass du erst alle Komponenten in einenen "offiziell supporteten" Zustand bringst.
 
BTW: Wenn du das für daheim betreiben möchtest, würde ich weder original DACs oder Receiver nehmen, sondern Dritthersteller. Diese kommen meistens eh alle aus der gleichen Fabrik, das ist wie oben beschrieben ein reines Support Thema (und eine Gelddruckmaschine ;))
 
fs.com ist z.B. mein persönlicher Händler des Vertrauens rund um Glasfaserkram.
 
Meins auch. Da fangen die DAC-Kabel ab SFP+ an. DAC mit SFP habe ich nicht gefunden... :cry:
Keine Transceiver-Module mit SFP dort. Gibt es eine Lösung?
 
Hä?

Ah, stimmt, danke für den Link.

Ich kann also zwei Stück von dem nehmen?

https://www.fs.com/de/products/75322.html

Zu meinem ursprünglichen Anliegen:

"ich muss zwei Switche verbinden. An einem Ende ist ein Cisco-Switch mit SFP und an dem anderen ein Arista mit SFP+."

Anschließend dann mit einem normalen Patchkabel verbinden.

Spricht was dagegen?
 
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