Beim 3D Druck muss man sich grundlegend von drei leider immer wieder gelesenen Fantasien trennen:
1) Plug and Play
2) Drucken wie mit dem "2D" Drucker
3) If You can imagine it - You can print it
Ich besitze seit 2015 ebenfalls 2 FDM Printer mit relativ großem Druckraum,
Ein Modell mit 2,85 er Filament und Bowden Extruder sowie Dual Druckkopf (Mankati Fullscale XT Plus umgerüstet mit Bondtech QR ("Mercedes" unter den Extrudern)
Nachdem ich aber weder zweifarbig noch mit Stützmaterial (wasserlöslich) arbeite, ist im 2. Kopf eine 0,3 mm Düse drin, im "Hauptkopf" eine 0,4 mm.
Das ist letztlich ein "China Drucker" aber mit großem Bauraum (260 x 260 x 300 mm) und beheizter Platte sowie Thermistoren, die bis 360 °C gehen.
Überwiegend nutze ich PLA, soweit keine Temperaturbeständigkeit in irgendeiner Form eine Rolle spielt, das Zeug wird bei 60 °C nämlich schon weich und verbiegt sich (beispielsweise Handyhalter im geschlossenen Auto im Sommer).
Weil auch China nicht immer "billigl" ist, wenn man was Gescheites will, war der Price Tag hier ungefähr bei 3,6 K€ (incl. Umbau)
Das zweite Modell ist etwas, was dem "Plug and Play" Gedanken noch am nächsten kommt, hat aber auch Haken und Ösen.
Es ist eine Witbox 2 von BQ (aus Spanien). Der Druckraum ist grob Din A 4 + 200 mm Höhe, also schon auch ordentlich groß und lag seinerzeit etwa um 1700 herum. Eine beheizbare Druckplatte ist nicht vorhanden, der Drucker eignet sich damit ausschließlich für PLA. Da die Druckplatte aus Glas ist, würde alles andere nicht halten. Einen interessanten Ansatz bietet hier einzig Zortrax, weil hier eine Lochplatte verwendet wird. Hier geht auch ABS zu drucken. Der Spanier ist ein Direct Extruder, sprich, der Filamentvorschubmotor liegt direkt am Druckkopf, er zieht das Filament quasi (pull) anstatt es wie beim Mankati zu schieben (Bowdenzugprinzip). Die Zuführung ist hier akkurater, allerdings ist dies in erster Linie von der Qualität des Filaments abhängig und weniger vom Druckprinzip.
So schön das ist, es macht den Druckkopf extrem schwer und nachdem dieser schnell und mit schnellen Last- und Richtungswechseln bewegt werden muss, geht das natürlich auf den Verschleiss der Mechanik.
Das heißt, dass ich nach geschätzten 1000 Druckstunden zwischenzeitlich ALLE Lager bereits 2 mal ersetzt habe und die Gleitlager des Druckkopfes selber durch IGUS Drylin Lager von DuPont ausgetauscht habe, diese sind aus Kunststoff und selbstschmierend.
Die Düsen sind zwischenzeitlich 3x ersetzt, auch die Teflon Inlays fangen nach einer Zeit zum schmokeln an und müssen ausgetauscht werden.
Jetzt kann man sich fragen: Was ist hier noch Plug and Play ?
Ganz einfach: Die Einrichtung.
Egal ob die (sensorgesteuerte) Druckkopfnivellierung, Filament Laden und Entladen, Geschwindigkeit und Vorschub einstellen sowie die Drucktemperatur, dies geht quasi so einfach wie ein Thermomix. Display und ein Knopf zum Drehen und Drücken.
Einzig den Offset muss man über ein Textmenü einstellen.
Die o.a. Filamentqualität ist ein Riesenthema und kann dem Einsteiger, der sowieso noch an allen Fronten kämpft, ordentlich die Suppe versalzen.
Denn wenn was nicht funktioniert (Cloaking, Schichten haften nicht, Warpen...) ist hier die Suche nach der Ursache teilweise schon mühsam und
verleitet gerne zu der Annahme: Das liegt am Gerät. Manchmal ja, im Verlauf der Druckstunden ggf. auch zunehmend, aber gerade bei Neugeräten ist gerne mal die Filamentqualität ein Thema.
Der geneigte "3D Drucker" arbeitet hier gerne mal mit dem Meßschieber und schaut zumindest beim Filament mal stichprobenartig, wie der Durchmesser denn tatsächlich ist. Bei billigen Filamenten habe ich schon erstaunliche Unregelmäßigkeiten feststellen dürfen. Da ist 3 mm Filament dann auf einmal 2,85 und 1,75 auf einmal 1,95 mm. In der Konsequenz gibt das dann statt glatter Oberflächen eine wellige unschöne Angelegenheit, im dümmsten Fall kann eine ständige Über- und Unterextrusion gerne auch die Objektstabilität ungünstig beeinflussen, insb. dann, wenn man am Infill spart. Ich habe hier 3D Jake für die 3 mm Filamente sowie die Original Filamente von BQ für die Witbox und damit wirklich kaum Probleme. Standard der Zukunft dürfte aber tendentiell der Direct Print mit 1,75er Filament sein, 3 mm ist nach meiner Beobachtung eher auf dem absteigenden Ast.
Am Anfang ist ein guter Orientierungspunkt für die Möglichkeiten des 3D Drucks sicherlich Thingiverse, dort kann man auch (ganz legal für den Eigengebrauch) Modelle als STL Dateien herunterladen (Beispiel meine Index Ladestation für die Knuckles) und ausdrucken, wenn man das nicht bei Ebay kaufen will.
Auf Dauer macht aber "selbermachen" natürlich schon mehr Spaß und ist auch der Sinn der Sache.
Ich habe hier TurboCAD 17 und - leider nicht mehr erhältlich - 123D Design von Autocad, ist eine Freeware, die für grundlegende Formen und Modell gut geeignet ist, solange es nicht streng um "maßstabsgetreue" Modelle handeln muss, hier sind die Meßwerkzeuge nicht gut brauchbar.