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Bluetooth der Luxusklasse: Beyerdynamic Aventho Wireless im Langzeit-Test | igorsLAB

Nicht ganz billig, aber eigentlich jeden Cent wert. Zumindest kann man zu diesem Schluss kommen, wenn man den Beyerdynamic Aventho Wireless mal über eine längere Zeit recht intensiv im Einsatz hatte. Der heutige Test reflektiert am Ende also auch mein eigenes Nutzer- und Genießer-Verhalten, auch wenn ich natürlich die üblichen Entblätterungen und Messungen für den Artikel ebenfalls vornehme.

Eigentlich hatte ich beim ersten Flug mit den Aventho Wireless nur vor, mal einen optisch-provozierenden Kontrapunkt zu all den Bose-Beats-What-ever-Zeitgenossen zu setzten, die die Flughäfen mit stolzgeschwellten Ohrläppchen inflationär bevölkern. Für viele sind die Teile ja ein unverzichtbares Accessoire, passend zu den üblichen einfallslosen Douglas-Düften aus dem Mainstream-Regal. Dagegen setzt dann der Redakteur auf Reisen einen passenden Nasomatto-Duft mit einem andersartigen Kopfhörer als Halskrause. Gut, Noise-Cancelling kann er nicht, aber das weiß ja keiner und wenn ich ehrlich sein soll, bei Gershwins Klavierkonzert in F brauche ich das auch gar nicht.

Dieses Paar Kopfhörer hat aus meiner Sicht eigentlich nur zwei grundsätzliche Fehlerchen: Sie sind (a) nicht gerade billig und man gewöhnt sich (b) viel zu schnell daran. Und das mit dem Noise Cancelling übt man bei Beyerdynamic gerade, da kommt wohl bald was. Womit ich dann wieder beim Anfang dieses Absatzes angekommen wäre, denn dann hat man wirklich so eine Art Must-Have-Zwang und das Problem, wie man es seiner Frau erklärt. Es gibt Dinge, die kauft man eben und außerdem eigne ich mich ja eh nicht als Influencer (wieso eigentlich nicht?), so dass mir gar nichts anderes übrigbleibt.

  

Doch immer schön der Reihe nach. Beyerdynamic hat in letzter Zeit nämlich nicht nur die Homepage gehörig entrümpelt und umgebaut, sondern recht fundamental zunächst erst einmal das eigene Produktportfolio aufgepeppt. Da sind dann solche Dinge wie z.B. ein Wireless-Headset oder ein separater, mobiler DAC schon eine kleine Überraschung, wenn man sich an das eher konservative Auftreten der letzten Jahre zurückerinnert. Aber so ein bisschen frischer Wind kann ja nie schaden.

 

Unboxing und Lieferumfang

Beim Auspacken des Aventho Wireless findet man neben dem Kopfhörer (der ja eigentlich Dank des Mikrofons auch ein Headset ist), noch eine USB-C Ladekabel mit A-Stecker, ein 3,5mm-Klinkenkabel für die optionale analoge Verbindung, einen stabilen Stoffbeutel für die Aufbewahrung und eine Schnellstartanleitung. Einen 6.3-mm-Adapter, wie man ihn z.B. auch beim DT240 findet, sucht man hingegen vergeblich. Da ich den Kopfhörer trotzdem am A20 messen wollte, musste ein eigener Adapter herhalten.

Das mit dem USB-C finde ich übrigens äußerst hilfreich, denn es bietet in erster Linie mehr Sicherheit beim Einstecken, weil man faktisch keine Seite mehr berücksichtigen muss. Verpolen und Zerknicken sind somit ausgeschlossen. Die paar Cent für die Lizenz sind ja eh schon recht großzügig mit eingepreist. Und eine gewisse Bequemlichkeit hat man ja noch nie als störend empfunden. Ansonsten gab es bis hierher keinerlei Überraschungen.

 

Optik, Haptik und Tragekomfort

Ich habe das Teil vor den Bildern noch einmal geputzt, denn ganz spurlos geht so ein mobiler Test von fast 5 Monaten dann doch nicht am Objekt der Begierde vorbei, aber mechanisch war alles im Lot. Staub und Fingerprints lassen sich recht einfach mit einem Mikrofasertuch wieder entfernen. Was dann auch beweist, dass die eingesetzten Materialien wie stabiles Leichtmetall, ordentlich verarbeitetes ABS und das erstaunlich angenehme PU-Leder so schlecht nicht sein können.

Optisch sind sie relativ schlicht gehalten und tendieren ein wenig in Richtung Retro. Das wiederum ist gerade recht modern und trotzdem immer wieder zeitlos. Und man hat nicht so ein deppertes B auf der Ohrmuschel, mit dem man an jeder Ecke ein akustisches Coming Out zelebriert, sondern der Firmenname ist nur in einem dezenten Mittelgrau aufgedruckt. Um das lesen zu können, muss schon fast Körperkontakt hergestellt werden. Farblich ist also alles bestens in Ordnung, zumal die parallel angebotenen Colorationen mit z.B. braunen Ohrpolstern auch kaum schriller ausfallen.

Womit wir beim Tragekomfort angekommen wären, denn irgendwie muss man sich ja mit so einem Ohrwärmer auch über Stunden hin sorglos und konfliktfrei arrangieren können. Dass dies für einen On-Ear recht gut funktioniert, liegt auch an den zwei Gelenken, die sowohl die vertikale Richtung gut bedienen, als auch die horizontale Achse bis hin zum Umklappen auf 90 Grad erweitern. Zusammen mit dem recht straffen und gut dosierbaren Mechanismus des herausziehbaren Kopfbands ergibt dies eine sehr gut funktionierende Mechanik.

Hier findet der kritische Beobachter allerdings zwei Dinge. Erstens hinterlassen die Auszieh- und Einschubbewegungen am Metallbügel unansehnliche Schleif- und Kratzspuren (siehe Bild) und auch mit den lose abstehenden Kabeln muss man aufpassen. Als Brillenträger setzt man ab einem gewissen Alter auch schon mal beim Lesen die Brille auf und ab. Hat man dann dieses Headset auf den Ohren, hat man auch schnell schon mal den Brillenbügel geschickt einfädelt. Nimmt man dann den Klangboliden gedankenlos ab, fliegt die Brille mit etwas Pech gleich hinterher.

Das Kopfband selbst ist ausreichend gepolstert, mehr muss es gar nicht sein. Bei fliegengewichtigen 238 Gramm drückt da auch nichts und man kommt absolut schweißfrei über den Atlantik. Und da man über Grönland eh kein Internet mehr hat, tut es stundenlang entweder das Smartphone oder der von mir bevorzugte Audioplayer mit einer ordentlichen Dosis Notenfutter bis man das Frühstück serviert bekommt. Druck auf den Ohren ist ausdrücklich erwünscht, nur der Schädel sollte rein äußerlich schon heil bleiben. Genau das tut er.

Dier Ohrpolster sind sehr bequem und weich, trotzdem aber sehr gut konturiert. Auch hier drückt nichts und man kann die Teile sogar nachkaufen. Reinigen geht natürlich auch, aber man könnte mit so einem Nachkauf sogar noch die Farben variieren. Das Abnehmen der Polster ist ein Kinderspiel, denn der simple Schnappmatismus mit dem einklickbaren Ring funktioniert geradezu perfekt. Die ewige Einfummelei von Rändern oder Wülsten in eine Rille entfällt somit komplett. Danke dafür!

Funktionalität und App

Wir sehen auf dem untenstehenden Bild die Bedien- und Anschlussmöglichkeiten der rechten Hörmuschel. Das sind von links nach rechts die USB-C-Buchse fürs Aufladen (und Updaten), die Status-LED, den Button fürs Ein- und Ausschalten bzw. dem Wechsel der Betriebsmodi sowie die 3,5-mm-Klinkenbuchse. Die linke Muschel trägt übrigens an gleicher Stelle lediglich die Mikrofonöffnung.

Die zwei Tesla-Treiber werden intern, solange man den Kopfhörer nicht direkt per Klinkenkabel anschließt, von einem sehr guten Amp angesteuert, der auch bei ordentlicher Lautstärke jeden Transatlantik-Flug locker übersteht. Wenn man es im Hinblick auf die Nachbarn nicht übertreibt, sind locker Hin- und Rückflug drin. Zusammen mit diversen Stopps sind das dann schon gut und gern mal bis zu 30 Stunden, die auch locker erreicht werden. Das Laden ist in knapp 2 Stunden erledigt, je nach Entladung.

Beyerdynamic setzt auf Bluetooth 4.2, Chips von Qualcomn samt den passenden Codecs wie aptX™, aptX™ HD, Advanced Audio Coding (AAC) und Low Complexity Subband Codec (SBC). Zusammen mit dem bei mir eingesetzten Google Pixel 2 XL ergibt sich hier eine ordentliche Übertragungskette für den vorzugsweise mobilen Einsatz. Dazu kommt eine sehr gut durchdachte Touch-Implementation auf der Fläche der rechten Ohrmuschel, die extrem umfangreich ausfällt, aber trotzdem intuitiv zu verinnerlichen ist.

Ob man dann noch Googles Assistenten oder die nervige Siri zum Zwiegespräch einlädt, das bleibt jedem natürlich selbst überlassen. Es ginge aber, wenn man denn wollte und nur das zählt. Abschalten geht später im Notfall auch noch, Gott sei Dank.

Was einem alten Knochen wie mir sehr entgegen kommt, ist der Umstand, dass man mit der App sogar altersbedingte Profile anlegen kann, die zudem mit einem kleinen Hörtest einhergehen. Damit gelingt es sehr schnell, den Frequenzverlauf zu individualisieren und biologische Defizite auszugleichen. Ich habe allerdings vor der Messung im Labor alles auf die Werkseinstellung zurückgesetzt und nutze auch bei der subjektiven Beurteilung später die direkte, kabelgebundene Verbindung ohne DSP-Spielereien.

     

 

Ich habe zwar das passende Werkzeug, um die restlichen drei Schräubchen auch noch zu entfernen, aber eben auch genügend Respekt vor meinem Eigentum, so dass ich es diesmal unterlasse. Man fände im Inneren am Ende ja auch nur die bereits bekannten Tesla-Treiber, die auch in diesem Kopfhörer einen guten Job abliefern. Sound-Experimente wie Bass-Kammern und andere akustische Absurditäten gibt es hingegen nämlich nicht. Und das ist auch gut so.

Womit ich mit der äußerlichen Fleischbeschau erst einmal durch wäre. Im nächsten Kapitel gibt’s dann wie gewohnt auch noch was auf die Ohren und die Messmikrofone. Denn erzählen kann man ja viel, wenn man es nicht belegen kann.

 

Datenblatt und Handbuch

Datenblatt

 

Manual

 

beyerdynamic Aventho wireless schwarz (717440)

 

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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