Gaming Grundlagenartikel Hardware Praxis System Tech Testberichte

Back to the /root(s) – Retro-Gaming für Einsteiger und Enthusiasten (Achtung, kann süchtig machen!)

Mittelalter vs. Neuzeit

Wir schreiben das Jahr 2021 und natürlich ist es jeder von uns längst gewohnt, alle IT-relevanten Kenndaten im Überfluss zu haben. Die Festplattenkapazität ist unerschöpflich, das Bild zaubert eine dedizierte GPU, das Rechnen übernimmt eine potente Multicore-CPU und wenn der RAM nicht mehr ausreicht, steckt man einfach einen Riegel dazu. Easy. Nicht so easy ist das aber bei fertigen Einplatinencomputern, da es dort so gut wie keine Erweiterbarkeit gibt. Klar, man hat die standardisierten Schnittstellen wie Ethernet und USB.

Erweiterbaren RAM oder gar eine dedizierte GPU ist fast nicht zu finden. Unser Wunsch nach der perfekten Wohnzimmerkonsole bietet aber auch noch weitere Fallstricke, denen wir uns unter Umständen erst zu spät bewusst werden. Was ist mit WLAN zur Datenübertragung? Media-Center? Bluetooth-Controller? Auch unsere Retro-Konsole will natürlich mit Daten und Input gefüttert werden und das soll möglichst schnell und zuverlässig gehen. Wer Linux hasst (So wie ich, bitte steinigt mich nicht, aber ich bin Windows-Kind durch und durch), wird hingegen, je nach Anforderung an die Konsole selbst ein wenig arbeiten müssen. Vieles geschieht dadurch über das Terminal, also ist nicht viel mit Bling-Bling und glänzendem User-Interface, nein, Ihr dürft euch fühlen wie waschechte Hacker!

Gut, wir haben uns jetzt einen einführenden Überblick über die Hardware verschafft, wie wird das Ganze aber nun mit Intelligenz gefüllt? Gehen wir weiter zu den üblichsten Betriebssystemen.

Betriebssysteme

Die vorgefertigten Klassiker der Retro-Gaming-Betriebssysteme können je nach SBC auf den Seiten der Herausgeber heruntergeladen werden und werden danach als Image auf einer SD-Karte in den Computer gebracht. Einschalten, das System installiert sich, Spiele hinzufügen und los geht die Rumba! Welche der Distribution ist aber nun die Richtige für mich?

Der Klassiker: RetroPie

RetroPie ist eine Distribution auf Basis von Raspbian und verwendet EmulationStation (ES) als Frontend, die Emulationskerne (Programme) werden über RetroArch gesteuert. RetroPie besitzt eine gute Dokumentation, große Community, läuft gut auf Raspberry Pi Boards und bietet auch versierteren Usern den erweiterten Umgang. Weitere Programmmodule wie z.B. Treiber für Bluetooth-Controller können in zugegebenermaßen hässlichen Pseudo-Menüs, dafür aber komfortabel und online nachinstalliert werden. Es ist ein solides Betriebssystem, das dem Retro-Gamer alles zur Verfügung stellt, um schnell und effizient (vorzugsweise mit einem Raspberry) in die Zeitmaschine zu steigen. Manche Konfigurationseinstellungen könnten für Anfänger bisweilen verwirrend oder nicht zu finden sein, wer aber Plug&Play mag, wird mit RetroPie gut zurechtkommen.

Der Hübsche, aber Wählerische: Recalbox

Recalbox hat eine deutlich kleinere Community als Retropie, verwendet zur Darstellung ebenfalls ES, bietet aber eine mehrfache Core-Auswahl pro System durch die Implementierung von LibRetro. Auch das mächtige und gern gesehene Media-Center KODI ist mit an Bord. Wenn es um die Konfiguration geht, ist Recalbox einfacher als RetroPie, bietet aber nicht so viele Optionen. Auch das Nachinstallieren von Modulen und Treibern muss hier mit Hand geschehen. Wer es also unkompliziert und schön will, wird mit Recalbox Freude haben, auch wenn das OS sehr wählerisch ist, was die Hardware betrifft: Fertige Images gibt es nur für Raspberry Pi Derivate, PC oder ODRIOD.

Der schnelle, schnörkellose: Lakka

Lakka baut nicht auf EmulationStation auf, kommt aber mit Libretro und RetroArch daher. Das OS erinnert vom einfachen, effektiven Aufbau her mehr an ein Media-Center und läuft dabei erfreulich effizient, da auf unnötiges Eye-Candy verzichtet wird. Module und Treiber sind auch hier Handarbeit, dafür hat das OS aber den Vorteil, dass es mit unzähligen SBCs kompatibel ist und es sehr viele vorgefertigte Installations-Images gibt. Aus Sicht der Konfiguration bietet es den geringsten Umfang und auch die Community lässt sich von der Größe her nicht mit den anderen vergleichen.

Der Alleskönner: Batocera

Batocera, der Kleine Käfer kommt im schönen ES-Gewand und bietet ein paar sehr nette Features wie z.B. Rewind, Retro Achievements und Bezels an. Letztere sind dem System nachempfundene Rahmen um den eigentlichen Emulatorbildschirm, sodass man sofort das Gefühl hat, direkt auf einem riesigen GameBoy zu spielen. Ferner bleibt herauszustellen, dass Batocera das einzige OS ist, welches nativen Treibersupport für Vulkan und Nvidia hat! Gerade für Leute, die ggf. lieber auf einem x86 oder 64-Bit PC spielen wollen, kann dies das KO-Kriterium sein! Von allen Betriebssystemen hat Batocera am besten mit meinem WLAN und kabellosen Xbox Controller funktioniert. Es bietet einfache Konfiguration direkt aus dem Hauptmenü heraus, erweiterte Funktionen sind hingegen mehr versteckt. KODI ist mit von der Partie und die Community ist ähnlich groß wie die von Recalbox. Mein persönlicher Favorit!

Kommentar

Lade neue Kommentare

ipat66

Urgestein

1,352 Kommentare 1,353 Likes

Ich spiele erst einmal ne Runde Asteroids...:)

Antwort Gefällt mir

Arnonymious

Veteran

190 Kommentare 72 Likes

Schöner Artikel. Ich bin an der Front derzeit mit nem Raspi 3+ und retropie am Start, denke aber seit längerem schon über ein Upgrade nach um auch N64 sowie PS1Spiele im Wohnzimmer zu zocken. Wollte dazu aber noch Streaming via Gamestream/Limelight auf dem Raspi testen, da ich auf dem Standrechner eh schon ein paar Emulatoren installiert habe.

Antwort Gefällt mir

wuuz

Neuling

9 Kommentare 0 Likes

Danke für den Artikel, hab wieder Lust bekommen mit meinem HTPC etwas herumzuspielen um hier die eine oder andere Funktion zu aktivieren.

Antwort Gefällt mir

D
Dezor

Veteran

492 Kommentare 215 Likes

Schöner Artikel, mal etwas anderes.

Aber 4770K und 1050 TI sind schon Retro? So alt kommen mir mein 4690S und meine Vega 56 noch garnicht vor, dabei sind sie "nur" ein Jahr jünger.

Antwort Gefällt mir

Carcasse

Veteran

326 Kommentare 116 Likes

Ich habe das auch mit einem Raspberry Pi2 und Recalbox als OS vor ein zwei Jahren probiert. Das Spielerlebnis war mäßig. So bin ich doch schnell wieder bei der wirklichen Retrokiste ohne Emulation gelandet: Amiga 1200/1230 50Mhz. Das dafür bestellte PowerUp lässt leider seit fast einem Jahr auf sich warten.

Antwort Gefällt mir

Sykas

Neuling

4 Kommentare 0 Likes

Toller Artikel, zumindest um Einsteiger damit anzufixen. Ich beschäftige mich schon seit mehreren Jahren mit der Emulatorenthematik, angefangen mit dem Raspi. Ziemlich schnell musste ich aber feststellen dass die Hardware zu sehr limitiert und hier lediglich die Classic-Konsolen bis zur PS1 vernünftig laufen. Bin mittlerweile bei einem Pentium G4400 + Geforce 1050 (ohne Ti) angekommen, hier laufen auch die Emulatoren neuerer Konsolen butterweich, je nach Emulator mit Upscaling auf FHD/4K. Ich kann jedem nur empfehlen sich mal den Dolphin-Emulator für Gamecube/Wii anzuschauen, entsprechende Hardware (s.o.) vorausgesetzt, sogar die Wiimote kann man mit etwas Können zum laufen bekommen. MarioKart Wii mit 4K Upscaling schaut einfach nur unfassbar gut aus für ein Spiel von 2008.
An der Anbindung per Launchbox habe ich mich seinerzeit auch versucht, das war aber da noch nicht so umfangreich wie heute und ich hab daher mein Frontend mittels Kodi und entsprechender Plugins (AEL, RCB usw.) selbst erstellt. So hat man beim Wohnzimmer-PC alles aus einem Guss, sowohl Filme als auch die Emus und Steam (InHouse Streaming!) lassen sich direkt von Kodi aus ansteuern ohne unterschiedliche Frontends.
Wollte seinerzeit ein Tutorial dazu schreiben, leider ist das Projekt versumpft, sollte jemand Interesse an Infos diesbezüglich haben --> PN

Antwort Gefällt mir

Klicke zum Ausklappem
Arnonymious

Veteran

190 Kommentare 72 Likes

@Sykas
Was für einen Raspi ha(tte)st du denn in Betrieb? Bei mir laufen auf dem 3+ N64 & PS1 nicht wirklich zufriedenstellend.

Antwort Gefällt mir

Dr.Reaser

Mitglied

14 Kommentare 2 Likes

Danke für den Artikel. Wenn mich wieder nostalgisch wird und ich Lust auf Amiga hab, werfe ich Winuae auf dem Laptop an. Für alte Pc Spiele habe ich Pentium 200mmx mit mini 3dfx Beschleuniger.
Herrliche Zeiten waren es.

Antwort Gefällt mir

Sykas

Neuling

4 Kommentare 0 Likes

Hatte nen Raspi3B im Einsatz, hab den aber dann verschenkt, daher kann ich dir nicht mehr genau sagen wie richtig einzustellen. Aber das liegt in der Regel am verwendeten Emulator. Ich gehe davon aus dass du Retropie verwendest, da wird standartmäßig der Mupen64-Emu mitinstalliert. hier hängts dann davon ab wie der Emu eingestellt ist und über welche Schnittstelle das Rendering läuft. Per GL sollte es eigentlich laufen, ansonsten mal den anderen Emu (ParaLLei64 od. so) ausprobieren, und ggf. an den Settings rumspielen, dann sollte man ein flüssiges Gameplay hinkriegen.
Beim PSX gibt es auch mehrere Emulatoren-Cores, hier ist glaub ich der PCSX ReARMed der beste, ggf. mal bei den Settings rumspielen.

Antwort Gefällt mir

Affenzahn

Urgestein

579 Kommentare 183 Likes

Spitze!

Seit dem erscheinen des neuen Pi mitsamt der Ankündigung dass womöglich sogar PS1 oder Dreamcast darauf emuliert werden kann, überleg ich ob ich mir da nicht was bastel, war aber bisher immer irgendwie nicht Willens mich in den Hasenbau zu begeben, da mich die Vielzahl an Möglichkeiten und leider auch gut gerankter, aber schlechter Quellen irgendwie davon abgehalten haben.

Vielen Dank für die Übersicht!

Antwort Gefällt mir

i
imh0t3p

Mitglied

20 Kommentare 10 Likes

Ah, interessanter Artikel : ) Ich hatte auch mal angedacht, mir einen kleinen Rechner zusammenzubasteln und den als Multi-Emu-Konsole und Mediabox zu nutzen. Da auch N64 und PSX darauf ordentlich laufen sollten, war der Einfachheit halber ein Windows-System statt Pi & Co. angedacht. Dafür würde vermutlich eine aktuelle AMD-APU gut reichen.
Wenn ich hier lese, dass über Dolphin auch z. B. Mario Kart Wii mit einer WiiMote lauffähig wäre, würde ich aber vermutlich lieber doch eine dedizierte GPU nutzen ^^
So was wie Launchbox hatte ich dabei noch nicht auf dem Schirm und behalte es im Hinterkopf.
Für Zugfahrten hatte ich auch über das Retroflag GPI Case nachgedacht, quasi als SNES für unterwegs.
Allerdings siegt da bisher weiterhin die Vernunft, weil ich es (das GPI Case vor allem durch gewisse, aktuelle Umstände ...) eigentlich kaum nutzen würde. Mein SNES Mini mit zusätzlichen Spielen ist z. B. auch nur selten im Einsatz, obwohl ich da durchaus mal wieder Spiele wie SoM und SoE (weiter)spielen würde. Jedoch habe ich auf dem PC, den ich nebenbei auch für andere Sachen nutze, ja auch genug zum Zocken, deswegen würde auch eine potentielle weitere Konsole (für mehrere hundert Euro) sehr wahrscheinlich auch die meiste Zeit nur rumstehen. Im Hinterkopf bleiben mir die Ideen aber erhalten ; )

Antwort Gefällt mir

Klicke zum Ausklappem
J
Jacke

Neuling

8 Kommentare 1 Likes

Also ich benutze aktuell einen Pi3, PSX läuft bei mir Super. Ich habe dann noch Steam installiert für PS2 und höher. Allerdings woecht der pi jetzt einem chuwi hi10 plus mit z8350. Der schafft dann auch N64. Eigentlich sollte ein pi4 her aber das chuwi lag hier noch im Schrank und da es für Ubuntu auch retropi gibt wollte ich das Mal testen.

Antwort Gefällt mir

S
SpiritWolf448

Veteran

120 Kommentare 33 Likes

Mal doof in den Raum geworfen: was ist denn mit dedizierter Retro-Hardware, wie z.B. das Zeug von Analogue? ( https://www.analogue.co/ )
Taugt das was?

Antwort Gefällt mir

big-maec

Urgestein

826 Kommentare 475 Likes

Na ja ein Enthusiast hat da aber noch eine andere Vorstellung von der Hardware. Ein Enthusiast benutzt eigentlich immer die Originalhardware, wenn es geht. Aber mittlerweile haben sich auch andere Hardwarelösungen breit gemacht, die wesentlich bequemer zu handeln sind und mehr Spaß machen. Die kommen dem Original schon sehr nahe. Auf Retro Treffen sieht man sowas eher seltener.

Antwort Gefällt mir

RedF

Urgestein

4,651 Kommentare 2,549 Likes

Habe einen RasPi in so einem mini Nintendo
Echt gut verarbeitet und jeder schalter hat eine funtion ^^.

Antwort Gefällt mir

ApolloX

Urgestein

1,660 Kommentare 925 Likes

Die im Artikel genannten Lösungen machen halt Sinn, wenn man sich unbedingt irgendwo ein Objekt basteln und/oder zusätzlich hinstellen will.
Ich bevorzuge schon immer, Emulatoren und spiele auf meinen eh vorhandenen Systemen (MacBook Air und guter PC plus XBox Gamepad per Kabel oder BT), weil ich die eh schon hab und von der Leistung her immer mitkommen.

Antwort Gefällt mir

Arnonymious

Veteran

190 Kommentare 72 Likes

@Sykas
Danke. Habe damals zwar auch ein wenig mit den Emulatoren und Settings gespielt, allerdings nicht besonders tief. Werde deine Tipps mal ausprobieren.

Antwort Gefällt mir

Alkbert

Urgestein

930 Kommentare 705 Likes

Sehr interessanter Artikel.
Ich habe mich lange mit der Frage beschäftigt, wie ich den PC ins Wohnzimmer bekomme ohne dort einen PC aufstellen zu müssen und bin letztlich (vor 2-3 Jahren ca.) bei den Steam-Boxen gelandet. Office, Mails, Daddeln, egal. Netzwerk habe ich im Wohnzimmer sowieso, schon wegen T-Online Entertain und so habe ich die Steam Boxen jeweils an alle Fernseher im Haus angestöpselt, wobei ich mir damals den Abverkauf der Boxen bei Steam für läppische 10-20 Euro zunutze gemacht habe. Controller, Tastatur und Maus (Microsoft, resp. Logitech) als Funkversionen dran und auf allen Kisten den Steam Client installiert - und das läuft in 1080 (p oder i, was weiß ich) komplett ruckelfrei.
Der PC kann derweil in einem anderen Raum vor sich hinblasen. 4 K geht halt leider nicht und eine andere Auflösung am Host PC als 100 % Bildgröße sollte man auch nicht einstellen - aber für mich tut´s das.
Retrogames im Browser daddeln ist aber natürlich nicht Dasselbe wie die Lösung hier. Daher mein tiefer Respekt an den TO für seine Lösung !!!

Antwort Gefällt mir

N
Numfuddle

Mitglied

58 Kommentare 36 Likes

@Igor Wallossek schau dir auch mal bei Gelegenheit die FPGA basierten Wmulatoren an wie z.B. den MiSTer

Antwort Gefällt mir

Danke für die Spende



Du fandest, der Beitrag war interessant und möchtest uns unterstützen? Klasse!

Hier erfährst Du, wie: Hier spenden.

Hier kannst Du per PayPal spenden.

About the author

Bernhard Baumgartner

Bernhard ist langjähriger Hardwareentwickler in der Optoelektronik, der gern mal aus dem Nähkästchen spricht und mit seinem Start-Up CrankzWare einen plattform- und herstellerunabhängigen RGB-, Fan- und Pumpencontroller namens RainPOW entwickelt hat und vertreibt.

Werbung

Werbung