Grafikkarten Testberichte

AMD Radeon RX 480 im Detail: Leistungsaufnahme, Layout und Normen | Vor 5 Jahren – Igors Retro

Selten hat eine Grafikkarte zum Launch dermaßen polarisiert wie AMDs Radeon RX 480 im Referenz-Design. Allerdings führten falsch interpretierte Diagramme und unvollständige Zitate zu einem Wirbel, der dem Produkt so nicht gerecht wird. Wir testen daher nach und versuchen so einfach wie möglich zu erklären, was an den Messungen dran ist und warum so mancher Weg unerwartet in die Irre führen kann.

AMD hat sich noch einmal gemeldet und zwar mit einem erneut an die Presse verschickten Statement, das wir natürlich gern voranstellen:

We promised an update today (July 5, 2016) following concerns around the Radeon™ RX 480 drawing excess current from the PCIe bus. Although we are confident that the levels of reported power draws by the Radeon RX 480 do not pose a risk of damage to motherboards or other PC components based on expected usage, we are serious about addressing this topic and allaying outstanding concerns. Towards that end, we assembled a worldwide team this past weekend to investigate and develop a driver update to improve the power draw. We’re pleased to report that this driver—Radeon Software 16.7.1—is now undergoing final testing and will be released to the public in the next 48 hours.
 
In this driver we’ve implemented a change to address power distribution on the Radeon RX 480 – this change will lower current drawn from the PCIe bus. Separately, we’ve also included an option to reduce total power with minimal performance impact. Users will find this as the “compatibility” UI toggle in the Global Settings menu of Radeon Settings. This toggle is “off” by default. Finally, we’ve implemented a collection of performance improvements for the Polaris architecture that yield performance uplifts in popular game titles of up to 3%1. These optimizations are designed to improve the performance of the Radeon RX 480, and should substantially offset the performance impact for users who choose to activate the “compatibility” toggle.
 
AMD is committed to delivering high quality and high performance products, and we’ll continue to provide users with more control over their product’s performance and efficiency. We appreciate all the feedback so far, and we’ll continue to bring further performance and performance/W optimizations to the Radeon RX 480.

Messmethodik und grafische Darstellung

Wir sind von Lesern und auch so manchen Kollegen bezüglich unserer Messungen sowie der grafischen Darstellung der Messergebnisse im Launch-Artikel zur Radeon RX 480 kritisiert worden. Letzteres vielleicht sogar auch zu Recht, denn wer nicht in der Materie steht, wird vielleicht das eine oder andere schnell übersehen und dann unter Umständen sogar die falschen Schlüsse ziehen. Deshalb haben wir höher aufgelöste Grafiken hinterlegt, die man für ein Vollbild anklicken kann.

Aber: Wir haben auch bei unseren bisherigen Messungen bereits mit aktiviertem Low-Pass-Filter und maximaler Sampling-Rate gearbeitet, um Aliasing-Effekte und verfälschendes Rauschen („Noise“) weitestgehend auszuschließen. Darüber hinaus haben wir unsere Messergebnisse seit Jahren mit denen einiger Board-Parter verglichen, die zum Teil auch mit eigenen Platinen-Lösungen und nicht mit Oszilloskopen arbeiten und lagen dabei stets deutlich innerhalb der Toleranzbereiche.

Zur Erinnerung: Wie wir generell messen und welche Methodik sowie welches Equipment wir dabei benutzen, kann man jederzeit im Artikel Grundlagen GPUs: Leistungsaufnahme, Netzteilkonflikte & andere Mythen nachlesen.

Um jedoch auch für den Normalanwender verständlicher zu bleiben, vergrößern wir die Messintervalle deutlich und setzen zusätzlich eine neue Auswertungssoftware ein, die sehr kurzeitige Lastspitzen (und Lastabfälle) in ihrem zeitlichen Aufeinanderfolgen bewerten und auf Plausibilität testen kann. Der so entstehende Kurvenverlauf ist natürlich deutlich flacher, wird aber die Leser sicher weniger irritieren. Nichtsdestotrotz ist das Wissen um das Auftreten von echten Spikes wichtig, gehört aber definitiv nicht zum aktuellen Beitrag.

Thementrennung

Um vor allem die Problematik mit der durch die Medien gejagten „Normüberschreitung“ besser zu verstehen und auch zu begreifen, dass dies alles NICHTS mit einer wie auch immer formulierten „Wattzahl“, sondern einzig und allein der Stromstärke zu tun hat, stellen wir noch einen kleinen Exkurs in die Spannungsversorgung und Phasenaufteilung der Karte voran. Diesen muss man gelesen haben, um das Folgende emotionslos richtig interpretieren zu können. Also erst die Karte und eine leider etwas trockene Zahlenspielerei, dann die Normen.

Beim Nachmessen der Versorgungsleitungen auf dem PCB
Beim Nachmessen der Versorgungsleitungen auf dem PCB

 

Wir messen noch einmal

In einem Fakt lagen wir beim Launch-Artikel zur Radeon RX 480 richtig: Die sechs Phasen sind doch paritätisch jeweils zur Hälfte auf PEG und PCIe-Anschluss aufgeteilt. Jedoch gab es noch Rätselraten um die restliche Belegung, was uns zunächst zu einem Irrtum und somit auch zum nochmaligen, genaueren Nachmessen an der Platine selbst geführt hat. Deshalb haben wir auch den folgenden Kontext noch einmal überarbeitet und den Erkenntnissen angepasst, was die räumliche Lastaufteilung und die Leistungsaufnahme des Speichers betrifft..

Außerdem sind wir den Anregungen und dem Feedback gefolgt und haben – ähnlich wie einige Kollegen – auch die Leistungsaufnahme noch einmal gemessen. Und zwar weniger hoch aufgelöst und dafür noch mehr gefiltert. In der Summe liegen unsere neuen Messwerte etwa ein Watt unterhalb den alten, was durchaus auch noch in den Bereich der üblichen Toleranzen fällt.

Dazu haben wir hier – jeweils einzeln – den PEG-Slot auf dem Mainboard und den PCIe-Anschluss für die 12-Volt-Leistungsaufnahme sowie den 3,3-Volt Anschluss am PEG gemessen, sowie die Summe aus allen dreien ebenfalls zusammengefasst dargestellt (Board-Power). Zusätzlich haben wir hier auch noch das passende Logfile aus GPU-Z ausgewertet, das parallel zur Messung erstellt wurde und über die implementierte Schnittstelle die „nackte“ Leistungsaufnahme der GPU ausgibt.

Da die kleinsten Intervalle bei GPU-Z immer noch bei 500 ms liegen (das damit wesentlich gröber arbeitet als unsere Messtechnik), haben wir die fehlenden Werte linear interpoliert, um sie ins Excel Chart einfügen zu können. Das ist nicht die exakteste Lösung, aber zumindest ein guter Anhaltspunkt – zumal ja die Software-basierte Echtzeitauswertung durch GPU-Z nicht völlig genau auf der Time-Line liegt.

Warum eine 110-Watt-GPU allein nicht glücklich macht

AMD hat durchaus Recht, wenn man im Zusammenhang mit der Radeon RX 480 von einer echten 110-Watt-GPU spricht. Betrachtet man die Mittelwerte unserer GPU-Z-Interpretation, dann ergibt dies eine absolut exakte Punktlandung! Dummerweise ist dies aber nur die halbe Wahrheit, was die Grafikkarte als solche betrifft, denn es gibt ja auch noch andere Verbraucher auf dem Bord – und die Verluste sollte man auch nicht vergessen.

Werfen wir zunächst einen Blick auf die Karte und die von uns nach den neuen Messungen gemutmaßte Zuordnung der Spannungswandler zu den jeweiligen Versorgungsleitungen.

Laut unserer Messung (siehe Diagramm oben) liegen zwischen der Board-Power von reichlich 164 Watt in diesem speziellen Benchmark und den ebenfalls mitgeloggten 110 Watt Chip-Power rund 50 Watt Unterschied, wenn man den extra versorgten 3,3-Volt-Anschluss am PEG gleich zu Beginn abzieht und ausklammert. Diese 50 Watt gilt es nun möglicht richtig und plausibel aufzuteilen und zuzuordnen.

Leistungsaufnahme des Speichers

Dies ist der einzig spekulative Punkt in unserer Rechnung, denn von Samsung waren leider keine exakten Leistungsaufnahmewerte zu erfahren. Der einzige Anhaltspunkt sind etwas ältere Aussagen zu den 4-GBit/s-Modulen, wo man noch von 4,35 Watt pro Gigabyte schrieb. Da sich der technische Fortschritt auch bei der Leistungsaufnahme bemerkbar machen sollte, gehen wir mittlerweile von reichlich 20 Watt aus, die insgesamt auf die acht Module des Speichers entfallen könnten.

Spannungswandlerverluste und weitere Komponenten

Rechnen wir nun die angenommene Last für jedene einzelne der sechs vorhandenen Phasen für die GPU aus. Die 110 Watt ergeben verteilt auf die sechs Phasen eine Belastung von 18,3 Watt pro Phase. Dazu kommen die auf die einzelnen Phasen aufgeteilten Wandlerverluste von noch einmal ca. 2 Watt pro Phase. Daraus ergäben sich in der Summe aus GPU-Leistungsaufnahme und Spannungswandlerverlusten ca. 20 bis 20,5 Watt pro Phase. Das sind natürlich alles Schätzwerte, aber doch plausibel genug, um die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen.

Aufteilung auf die Versorgungsschienen

Kommen wir nun zum Wichtigsten – der Lastenverteilung. AMD nutzt – das lässt die Aufteilung der einzelnen Lasten als logischen Schluss zu – drei der sechs Phasen und eine separate Extra-Phase für Speicher am PEG, drei Phasen für den PCIe-Anschluss, sowie eine weitere für den Rest. Betrachten wir nun rein die mögliche Lastenverteilung für die Spannungsversorgung aller Versorgungsschienen und staunen:

PEG
Last
PCIe-Anschluss Last
3 von 6 Phasen mit je 20,5 Watt
1 Phase mit ca. 20 Watt
ca. 82 Watt (12V) 3 von 6 Phasen mit je 20.5 Watt 62 Watt
1 Phase mit 4 Watt (3.3 Volt) 4 Watt (3.3V) 1 Phase mit ca. 16 Watt 16 Watt
Gesamt:
86 Watt combined
Gesamt:
78 watt

Sicher, der IR 3567B von International Rectifier könnte theoretisch die Phasen auch asymmetrisch auslasten, doch welchen Sinn sollte dies ergeben (einschließlich der dann neu entstehenden Unwägbarkeiten und der Überlast am 6-Pin-Anschluss)? Der Umkehrschluss ist übrigens auch der, dass bei jeder anderen Konstellation ein 8-Pin-Abschluss für den PCIe notwendig gewesen wäre, was wir auch schon im Launch-Artikel als besser (und ehrlicher) empfunden hätten und entsprechend angesprochen haben.

Vergleichen wir nun noch unsere ersten Messungen mit dem Rechenspiel: So weit liegen wir dann am Ende gar nicht auseinander – und sowohl die erste, als auch die zweite Messung passen voll in diese Beobachtung. Widmen wir uns nun auf der nächsten Seite endlich den gemessenen Strömen, verlieren ein Wort zur kolportierten Normüberschreitung und ziehen anschließend noch ein Fazit.

Kommentar

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Tim Kutzner

Moderator

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5 Jahre ist das schon wieder her? Uff .. :D
Aufregende Zeiten, wo man seine RX 480 per BIOS-Flash noch zur RX 580 machen konnte

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Inelouki

Mitglied

65 Kommentare 18 Likes

Nutze die 580 immer noch und bin sehr zufrieden, abgesehen davon könnte ich akut eine Nachfolgerin auch nicht bezahlen. Schon irgendwie schön wie gut der Chip gealtert ist. Das flashen habe ich mir damals nicht zugetraut und deshalb direkt nach Erscheinen zur 580 gegriffen.

Mfg Inelouki

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Macces

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Ich nutze auch noch eine RX 480 mit RX 580 BIOS und etwas angepassten Speichertimings.
Für die meisten älteren Titel reicht es noch aber ganz aktuelle Spiele laufen nicht wirklich gut.

Aber bei den aktuellen Preisen muss die Karte noch eine Weile durchhalten. Ich hoffe sie raucht nicht ab :oops:

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Inelouki

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65 Kommentare 18 Likes

Kann mich bei AC Valhalla nicht beklagen, läuft auf sehr hohen Einstellungen zwischen 45 und 60+ Bildern. Bin aber auch genügsam, denke ich komme (gezwungener Maßen) nicht so schnell zu Nachschub.

Mfg Inelouki

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Macces

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26 Kommentare 22 Likes

In Shadow of the Tomb Raider auf 2560x1440 wird es ab und zu schon zäh. Es ist noch spielbar aber grenzwertig.

Vielleicht sollte man nicht immer mit High Settings spielen :giggle:

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Eragoss

Urgestein

1,096 Kommentare 314 Likes

Hab meine RX 580 aus dem Zweitrechner verkauft. 360€ für diese alte Karte war dann doch zu verlockend ;). Konnte zwischenzeitlich eine GTX 780 TI für knapp 90€ ersteigern, die langt für ein paar LAN Partys und FullHD (sobald es die Situation wieder zulässt). Prinzipell ist die Leistung der RX 480 auch heute noch für FullHD mit angepassten Settings durchaus in Ordnung. Ist sehr gut gealtert und ist durch das Mining im Wert sogar gestiegen ;)

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Ion_Tichy

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44 Kommentare 17 Likes

Den Artikel hatte ich mindestens 2 mal gelesen, da ich mir im August 2018 eine gebrauchte für 170€ gekauft habe. Vor 6 Wochen verkauft für 270€, irre.
Ist auch heute noch eine tolle Karte, alle Spiele in Full HD in mittleren oder hohen Einstellungen möglich. Der original Blower Kühler war eine Katastrophe, heiß und laut, dabei drosselte die 480 noch. Habe dann einen Arctic Accelero Twin Turbo II draufgebaut, dann war sie leise und kühl.

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RX480

Urgestein

1,870 Kommentare 861 Likes

Theoretisch war/bin ich schon doppelt durchgebraten mit RX480cf ohne den Limitpatch.
(zumindestens die Rippchen, die nach Phenom 1 noch übrig waren)

Wie gings denn dann bei Igors Frauchen mit der RX580?

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Mick

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10 Kommentare 5 Likes

Ich hab vor knapp 2 Jahren eine, als Miningkarte gebrauchte, RX480 für 100€ geschossen. Da war ein Lüfter defekt und darum wurde da ein GettoMod draufgebastelt. Es wurden 2x92mm Noctua mit Kabelbinder auf die Karte geschnallt, unter Volllast kaum hörbar. Die hab ich im KomplettPC mit einen Ryzen1700, 16GB RAM, 500GB SSD für 400€ an eine sehr gute Freundin verkauft. Heute würde ich wohl 400€ für die Karte alleine bekommen. ^_^

Meine Vega56 läuft auch mit 2x120mm Noctua unhörbar im HTPC und reicht immer noch für alles auf 1080p.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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