Grafikkarten Hardware Professional Testberichte Workstation

AMD Radeon Pro WX 8200 im Test – Benchmarks und exklusive Hardwaredetails

Mit der Radeon Pro WX 8200 schiebt AMD eine neue Workstation-Grafikkarte mit Vega56 nach, die sich unterhalb der Radeon Pro WX 9100 bzw. der Frontier Edition platziert (beide Vega64). Ich habe die Karte aber nicht nur gebenchmarkt, sondern auch zerlegt und im Labor Vieles gemessen. Mit sehr interessanten Erkenntnissen!

Platinenanalyse und elektrische Komponenten

Das Schaltungslayout ist wieder einmal etwas tricky, denn die Platine weicht doch ein wenig von denen der Vega56-Consumerkarten ab. Herzstück der GPU-Spannungsversorgung ist aber erneut der IR35217. Dieser PWM-Chip ist ein Dual-Loop Digital Multi-Phase Buck Controller und stammt von International Rectifier. Im hier angewendeten Layout verzichtet AMD auf Doubler-Chips und arbeitet mit insgesamt sieben echten Phasen für die GPU und einer Phase für den Speicher.

Die Erzeugung von VDDCI ist leistungsmäßig kein großer Posten, aber wichtig. Sie dient dem GPU-internen Pegelübergang zwischen dem GPU- und dem Speichersignal, quasi so etwas wie die Spannung zwischen dem Speicher und dem GPU-Kern auf dem I/O-Bus. Darüber hinaus erzeigt man noch zwei konstante Quellen für 1,8V und 0,8 Volt. Unterhalb der GPU findet man auch noch den APL5620 von Anpec für die VPP. Dieser Ultra-Low-Dropout-Chip erzeugt die sehr geringe Spannung für den PLL-Bereich (Phase Locked Loop).

Kamen die Consumer-Karten mit 6 gedoppelten Phasen (12 Spannungswandler) zum Kunden, sind es hier 7 Einzel-Phasen (und somit auch nur 7 Spannungswandler). Anstelle der Doubler-Chips verwendet AMD mit dem ADUM5230 einen Isolated Half-Bridge Driver mit einem speziellen High-Side-Ausgang zur Ansteuerung der 7 Einzelphasen für die GPU und einer für den Speicher. Diese insgesamt 4 Chips befinden sich auf der Rückseite der Platine jeweils in der Nähe der VRM. Jeder dieser Chips kann also zwei Phasen unabhängig und getrennt voneinander bedienen.

  

Die eigentliche Spannungswandlung eines jeden der 7 Wandlerkreise übernehmen ein IRF6811 auf der High-, sowie ein IRF6894 auf der Low-Side, der zudem noch die benötigte Schottky-Diode enthält. Bei beiden handelt es sich um bereits früher von AMD verwendete HEXFETs von International Rectifier. Bei den Spulen setzt AMD auf gekapselte und frontseitig verlötete Ferritkernspulen. Die Induktivität fällt mit 190 nH etwas geringer aus, als die sonst meist bei den GPUs üblichen 220 nH.

  

Wie bereits kurz erwähnt, wird auch die eine Phase für den Speicher vom IR35217 mit bereitgestellt. Eine Phase reicht völlig aus, da der Speicher deutlich genügsamer ist. Der Gate-Driver ist die Hälfte eines der vier ADUM5230 (während die andere Hälfte für eine GPU-Phase genutzt wird), während für die Spannungswandlung ein NTMFD 4C85M von ON Semiconductor eingesetzt wird. Dieser Dual N-Channel MOSFET realisiert sowohl die High-, als auch die Low-Side in einem Package.

  

Die Spule für die Speicher-Phase fällt diesmal mit 220 nH etwas größer aus. Noch größer sind mit 820 nH hingegen die Spulen für die deutlich langsamer taktenden Wandler der zwei anderen Teilspannungen, die allerdings auch deutlich geringere Stromstärken stemmen müssen. Interessant ist auch, dass AMD generell auf alle Becher-Kondensatoren verzichtet und nur noch auf flache SMD-Caps setzt. Die etwas geringere Kapazität gleicht man aus, indem man zwei dieser Caps einfach parallelschaltet und dafür meist auch die Rückseite der Platine mit nutzt.

Die Karte verfügt über ein Single-BIOS, umschalten kann man leider nichts. So werden wir gespannt beobachten, welche Leistungsaufnahme-Philosophie AMD bei dieser Karte nun genau verfolgt. Bisher waren ja alle Workstation-Karten niedriger getaktet und somit auch effizienter. Für den Fall, dass sich der Lüfter verabschiedet oder sonst eine Katastrophe aufgetreten sein sollte, ist der fest verbaute Piepser zumindest eine akustische Warnoption.

   

Die jeweiligen Eingänge der Spannungsversorgung sind mit Spulen gegen Spitzen abgeblockt, aber man hätte vielleicht doch auch ein paar Kondensatoren vorsehen sollen. So wird aus einem wirksameren LC-Glied nämlich nur eine einfache Längsdrossel. Ob’s reicht, sehen wir gleich noch.

 

Kühler im Detail

Das Entfernen der oberen Gehäueabdeckung setzt Einiges an geeignetem Werkzeug voraus. Mit einem kleinen Torx-Schraubendreher (T5), lassen sich die sechs kleinen Schräubchen herausdrehen, die diese Abdeckung halten. Danach liegt erst einmal der Innenraum mit dem eigentlichen Kühler und dem großen Montage- bzw. Kühlframe frei.

AMD setzt bei dieser Karte erneut auf das DHE-Prinzip (Direct Heat Exhaust), was kein Nachteil sein muss. Wir sehen den Radiallüfter in der Absaugkammer und den Weg der Luft, längs durch den Block des Kammerkühlers bis hin zur Slotblende. Auf der Oberseite der Platine sitzt der massive Montage- bzw. Kühlframe, der einerseits den gesamten Aufbau zusammenhält und andererseits auch ein wichtiges Kühlelement darstellt.

Beim Design hat man dazugelernt, denn ähnlich wie erstmals Gigabyte (Aorus) auf der GTX 1080 Ti Xtreme Edition setzt man auch hier auf relativ gut wärmeleitende Spulengehäuse, die analog zu den VRM der Spannungswandler ebenfalls über Wärmeleit-Pads mitgekühlt werden- Dafür hat man im Frame sogar die passenden Vertiefungen angebracht. Dass dies funktioniert, werden wir später noch sehen.

Beim 7cm-Radial-Lüfter setzt AMD auf ein einfach kugelgelagertes Modell von Delta und nicht eines der knurrigen und viel zu lauten Exemplare der Referenz-Vorgängermodelle. Im Vergleich zu den ehemals bis 10.000 U/min, dreht der extra-starke Lüfter der BVB1012-Serie nur noch bis maximal 6.000 U/min. AMD setzt das Lüfter-Target beim Erreichen der Zieltemperatur auf ca. 32% bis 33%, was dann in etwa 2.000 U/min entspricht.

Der eigentliche Kammerkühlkörper als dünnen Aluminiumfinnen sitzt auf einer großen Vapor-Chamber aus Kupfer. Man sieht jeweils unten im Bild den zugelöteten Auslass der einteiligen Hybrid-Vapor-Chamber (One Piece), den man nicht abknicken darf. Der herausgeformte Heatsink ist größenmäßig dem Package angepasst

  

 

Wärmeleitkohle statt Paste?

Wer die Karte auseinandernehmen möchte oder muss, sollte wirklich Vorsicht walten lassen! Denn das, was AMD da zwischen Heatsink und GPU klebt, hat es wirklich in sich! Anstelle der üblichen Paste trifft man auf einen fast schon bitumenartigen, nahezu schwarzen Belag. Das, was da aufgebracht wurde, ist reine Graphitpaste! Das ist extrem selten anzutreffen und sicher auch nicht ganz unkompliziert bei der Handhabung, wie wir gleich sehen werden.

Die Schicht ist relativ dick und es ist nicht ganz einfach, sie sauber abzutragen. Man bekommt das Ganze auch nur im wirklich heißen Zustand gelöst und wer es dennoch kalt doch versucht, hat eine sehr große Chance, den Interposer zu cracken. Die Wärmeleitfähigkeit von Graphitpasten ist unumstritten, aber sie haben nun mal auch einen ganz bestimmten Nachteil.

Das Zeug ist leider elektrisch ziemlich gut leitend! Bei einem Abstand von ca. 2.5 cm zwischen zwei Messpunkten messe ich, die Tastspitzen nur locker aufgelegt, bereits so um die 150 Ohm, was aber noch deutlich weniger sein dürfte, wenn man deutlich fester aufdrückt. Ich habe meine letzten Reste Graphitpaste (Fischer) aufgebraucht, um die Karte danach wieder in den Originalzustand zurückzubauen. Ein zwischenzeitlicher Versuch mit IC Cooling Diamond brachte ähnliche Ergebnisse, aber das wird AMD wohl garantiert zu teuer sein. Dann schon lieber Graphit, das ist günstiger.

 

Kühlsystem im Überblick
Art des Kühlers: Luftkühlung
Heatsink: Kupfer, Graphit-Wärmeleitpaste
Kühlfinnen: Aluminium, horizontale Ausrichtung
Kammer
Heatpipes Keine, Vapor-Chamber
VRM-Kühlung: GPU-VRM über Montage- und Kühlframe
RAM-Kühlung GPU-Heatsink
Lüfter: Radiallüfter, kein Fan-Stopp
Backplate keine

Danke für die Spende



Du fandest, der Beitrag war interessant und möchtest uns unterstützen? Klasse!

Hier erfährst Du, wie: Hier spenden.

Hier kannst Du per PayPal spenden.

About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

Folge Igor auf:
YouTube   Facebook    Instagram Twitter

Werbung

Werbung