Grafikkarten Testberichte VGA Workstation

AMD Radeon Pro W5700 im umfangreichen Test – Preis und Leistung stimmen, doch reicht es auch für die Quadro RTX 4000?

Mit der heute vorgestellten AMD Radeon Pro W5700 ist Navi endlich auch im bezahlbaren Workstation-Bereich angekommen. Warum man nur den kleinen Ausbau mit 36 Compute Units (CU) und damit 2304 Shadern nutzt statt der vollen 40 CUs, weiß wohl nur AMD. Immerhin kann man so eine Karte mit 150 Watt GPU-Power (nicht Board-Power) anbieten, die man ein klein wenig mehr auf Effizienz getrimmt hat, was aber mit dem Vollausbau und weniger Takt genauso, wenn nicht noch effizienter möglich gewesen wäre.

Nach der mittlerweile schon etwas angegrauten Radeon Pro WX8200 mit Vega-Chip launcht AMD zumindest wieder einmal eine aktuelle, professionelle Karte, nachdem man diesen Sektor über Jahre komplett Nvidia überlassen hatte. Gegen die Pascal-Quadro sah man damals schon kaum Land, über die RTX-Quadro wollen wir da gar nicht erst sprechen. Und nun? Preislich gesehen wird die Quadro RTX 4000 wohl das erklärte Ziel sein, denn diese Nvidia-Karte bewegt sich in einer ähnlichen Preis-Range bei den Straßenpreisen, ist aber sogar noch einmal ca. 100 Euro teurer. Somit wird es wirklich interessant sein zu sehen, wie sich Navi schlägt, denn der Preis ist durchaus heiß.

Vorbemerkung

Für den heutigen Test mussten zunächst einige unerwartete technische Hürden überwunden werden. Ob in diesem Zusammenhang die kurzfristige Entscheidung, das schnelle Intel-System mit dem Core i9-9900K letztendlich doch durch eine AMD-Workstation mit einem extra dafür selbst gekauften Ryzen 9 3950X zu ersetzen, dann perspektivisch gesehen wirklich glücklich war, wird wohl erst in der Zukunft beantwortet werden können. Über die im Vorfeld zu lösenden Probleme möchte ich fairerweise aber erst schreiben, wenn wir die Ursachen für diverse Motherboard-Probleme komplett klären konnten.

Hier stehe ich in Kontakt mit AMD und zwei Motherboardherstellern und es ist auch der Grund, warum diese neue Karte auf einem anderen Board getestet wurde als der vorher bereits getestete Rest. Interessant ist in diesem Zusammenhang sicherlich auch, dass AMD die offiziell z.B. auf der Homepage veröffentlichten Benchmarks intern im eigenen Lab auf einem Intel-System mit dem Core i9-9900K gemacht hat, obwohl man ja selbst mittlerweile konkurrenzfähige Produkte anbietet und  damit bewusst auf den gern propagierten Vorteil von PCIe  Gen.4 verzichtet. Oder hatte man die gleichen Probleme?

Was meine Software-Auswahl betrifft: Es wird interessant sein zu sehen, wie sich die im (von beiden Treiber-Teams totoptimierten) SPECviewperf integrierten Programmfragmente dann gegen die echten Vollversionen schlagen werden und wo welcher Hersteller die beste Benchmark-Optimierung hinbekommen hat. Denn Creo, Solidworks und auch 3ds Max lassen sich ja auch als Vollversionen wunderschön einzeln testen. Und genau dann schlägt für alle auch die Stunde der Wahrheit. Ich werde aus diesem Grund zu gegebener Zeit auch noch als Follow-Up die Unterschiede zwischen PCIe 3 und 4 veröffentlichen und werde diese Karte wassergekühlt noch modifizieren und sogar die Leistung steigern (Spoiler).

Optik, Haptik und Funktionalität

Die Karte zielt mit der neuen RDNA-Architektur und der günstigeren 7-nm-Fertigung auf den Mittelklasse-Markt unter 1000 Euro, womit wir auch wieder bei der Quadro-RTX 4000 als Gegenstück angekommen wären.  Die technischen Eckdaten entsprechen weitgehend denen einer Radeon RX 5700 – jedoch auch mit einigen Unterschieden, die ich gleich noch aufführen werde. Und auch die Ausführung als Blower, also mit DHE-Kühlsystem (Direct Heat Exhaust) ist hier bis auf die Äußerlichkeiten weitgehend identisch zur Consumer-Karte umgesetzt worden. Dem entgegen kommen auch die Anschlüsse in Form von 5 kleinen Mini-DisplayPort-Anschlüssen und einer USB-C-Buchse, die ordentlich Platz für den Luftaustritt an der Slotblende lassen.

Die 927 Gramm schwere Karte ist 26.8 cm lang (Außenkante Slotblende bis Kartenende), 10 cm hoch (Oberkante PCIe-Slot bis Oberkante Kühlerabdeckung) und 3,5 cm dick (Einbautiefe). Damit ist sie eine echte Dual-Slot-Karte, die keine weiteren Slots überdeckt. Auf eine Backplate hat man verzichtet. Die Kühlerabdeckung in Blau folgt der bekannten Formen- und Farbsprache bei den Radeon-Pro-Karten, allerdings wurde der 8-pin und der 6-pin-Anschluss von der Oberseite wie im Workstation-Bereich üblich ans Kartenende verfrachtet, wo es zudem Gewindeöffnungen für eine stabilisierende Kartenmontage z.B. in Racks gibt.

Unser MorePowerTool zeigt, dass nicht nur Wattman in der Radeon Pro Software fehlt, sondern dass die Features auch komplett deaktiviert wurden. Was man damit dann durchaus noch anfangen kann, wird ein separates Review mit Wasserkühler zeigen, also bleibt einfach dran. Interessant sind aber die weiteren Vorgaben, die sich aus dem BIOS und den SPPT gut auslesen lassen. Der hinterlegte „Boost“-Takt von 1880 MHz (zumindest laut GPU-Z) wird mit durchschnittlich 1640 MHz der komplett erwärmten Karte jedoch deutlich verfehlt, was auch am sehr niedrig angesetzten Power Limit von 150 Watt für die GPU liegen dürfte. Dazu später mehr. Der Rest ergibt sich aus den Screenshots von selbst.

 

 

Damit liegt der (theoretische) Boost-Takt der Karte zumindest nominell über dem der RX 5700, wobei sich die TFLOPS-Angabe aber sehr an der Theorie und nicht der Praxis orientiert. In der nachfolgenden Tabelle sind die Daten der Testkandidaten noch einmal zusammengefasst:

  Radeon RX 5700
Radeon Pro W5700
Radeon WX 8200
Quadro RTX 4000
Architecture Navi 10 Navi 10 Vega 10 Turing (TU104-850)
SP / CUDA Cores 2304 2304 3584 2304
Tensor Cores keine 288
RT Cores keine 36
Texture Units 144 144 224 144
FP32 7,9 TFLOPS 8.89 TFLOPS 10.5 TFLOPS 7,1 TFLOPS FP32
Texture-Fillrate Gtexels/s 248.4 270.7 336 222.5
Base Clock Rate (MHz) 1605 1605 1500 1005
Boost Clock Rate (MHz) 1725 MHz 1880 MHz 1545
Memory 8 GB GDDR6 14 Gbps 8 GB GDDR6 14 Gbps 8 GB HBM 8 GB GDDR6 < 14 Gbps
Bus (Bit) 256 256 2048 256
Memory Bandwidth GB/s 448 448 512 416
ROPs 64 64 64 64
L2-Cache 4 MB 4 MB 4 MB 4 MB
TGP/TBP 185 W 150 W 210 W 125 W
Mrd. Transistors 10.3 10.3 12,5 13.6
Die (mm²) 251 251 486 545
Node 7 nm 7 nm 14 nm 12 nm

Der größte Unterschied betrifft allerdings die Chip-Größe: AMD-Chips sind im Vergleich zu den RTX- und Vega-GPUs geradezu winzig klein. Hier hofft AMD, von einer hohen Produktionsrentabilität profitieren zu können. 

Testsystem und Auswertungssoftware

Das Benchmarksystem ist neu, die Messung der Leistungsaufnahme erfolgt hier im Speziallabor dann zweigleisig mittels hochauflösender Oszillographen-Technik und dem Messaufbau für Grafikkarten (Bild unten), wo am Ende auch die thermografischen Infrarot-Aufnahmen mit einer hochauflösenden Industrie-Kamera erstellt werden.

Die einzelnen Komponenten des Testsystems habe ich auch noch einmal tabellarisch zusammengefasst:

Test System and Equipment
Hardware:

AMD Ryzen 9 3950X
MSI MEG X570 Godlike
Gigabyte X570 Elite (Radeon Pro W5700)

4x 8GB G.Skill FlareX DDR4 3200
1x 2 TByte Aorus (NVMe System SSD, PCIe Gen. 4)
1x 500 GB Toshiba RC500 
1x Seagate FastSSD Portable USB-C
Seasonic Prime 1300 Watt Titanium PSU

Cooling:
Alphacool Eisblock XPX Pro
Alphacool Eiswolf (modified)
Thermal Grizzly Kryonaut
Case:
Raijintek Paean
Monitor: BenQ PD3220U
Power Consumption:

Oscilloscope-based system:
Non-contact direct current measurement on PCIe slot (riser card)
Non-contact direct current measurement at the external PCIe power supply
Direct voltage measurement at the respective connectors and at the power supply unit
2x Rohde & Schwarz HMO 3054, 500 MHz multichannel oscilloscope with memory function
4x Rohde & Schwarz HZO50, current clamp adapter (1 mA to 30 A, 100 KHz, DC)
4x Rohde & Schwarz HZ355, probe (10:1, 500 MHz)
1x Rohde & Schwarz HMC 8012, HiRes digital multimeter with memory function

MCU-based shunt measuring
Up to 10 channels (max. 100 values per second)
Special riser card with shunts for the PCIe x16 Slot (PEG)

Thermal Imager:
1x Optris PI640 + 2x Xi400 Thermal Imagers
Pix Connect Software
Type K Class 1 thermal sensors (up to 4 channels)
Acoustics:
NTI Audio M2211 (with calibration file)
Steinberg UR12 (with phantom power for the microphones)
Creative X7, Smaart v.7
Own anechoic chamber, 3.5 x 1.8 x 2.2 m (LxTxH)
Axial measurements, perpendicular to the centre of the sound source(s), measuring distance 50 cm
Noise emission in dBA (slow) as RTA measurement
Frequency spectrum as graphic
OS: Windows 10 Pro (1909, all updates, current certified drivers)

AMD Radeon PRO W5700, 8GB GDDR6, 5x mDP, USB-C (100-506085)

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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