
Das chinesische Unternehmen ONE-NETBOOK, bislang eher als Lieferant für kompakte Handhelds und nette eGPU-Spielereien bekannt, greift jetzt zur groben Kelle – und zwar mit der weltweit ersten externen Radeon RX 7600M XT auf Basis von Thunderbolt 5. Eine unscheinbare Zahl – 80 Gbps – bringt dabei mehr mit sich als nur ein paar Benchmark-Punkte. Denn wer die Bandbreite meistert, entscheidet, ob externe GPUs endlich mehr sind als technologische Feigenblätter.
Thunderbolt 5: Der Griff nach den Bandbreiten-Sternen
Die bisherige Version der ONEXGPU – mit OCulink und 64 Gbps – war ein netter Versuch, aber eben auch ein Kompromiss. OCulink ist schnell, aber auch ein Nischenprodukt – wie ein Sportwagen mit Autobahnverbot. Jetzt also Thunderbolt 5: 80 Gbps nominell, effektiv durch Protokolloverhead etwas drunter. Doch der Schritt ist strategisch – vor allem in einem Markt, der geradezu nach Mobilität ohne Leistungsverzicht schreit. Denn der Unterschied zwischen „geht irgendwie“ und „läuft sauber“ bei einer eGPU ist eben nicht nur akademisch. Wer schon mal versucht hat, 1440p-Gaming durch eine 4x-PCIe-3.0-Flaschenöffnung zu pressen, kennt das Bild: Frame-Drops, Mikroruckler und ein thermisch überforderter Gehäusezwerg, der eher an ein Bratgerät erinnert als an ein Gaming-Dock. ONE-NETBOOK versucht nun, das Ganze neu zu denken. Und es sieht so aus, als hätte man zumindest den Lötkolben angesetzt.
RDNA 3 mobil: 8 GB GDDR6 in der Mini-Büchse
Die RX 7600M XT ist kein Leistungsmonster – das sollte man vorweg sagen. RDNA 3, 2048 Shader, 8 GB GDDR6 – mehr Laptop-Mittelklasse als Desktop-Bolide. Aber sie reicht aus, um aktuelle Titel in 1080p oder mit angezogener Handbremse auch in 1440p flüssig darzustellen. Und in einem eGPU-Kontext zählt vor allem eines: Konstanz statt Spitzenwerte. Da kann sich ein effizient gekühltes Mobil-Die sogar als Trumpfkarte entpuppen – sofern die Anbindung stimmt. Dass ONE-NETBOOK hier gleich den Schritt zu Thunderbolt 5 wagt, ist also keine Spielerei, sondern Kampfansage. Man will weg vom Bastellösungs-Image, hin zum portablen Gaming-Ökosystem. Der neue Kasten zeigt das auch optisch: LED-Front, robustes Chassis, bessere Belüftung – fast schon dekadent für ein Gerät, das man theoretisch in der Jackentasche verstauen könnte. Praktisch? Vielleicht nicht. Aber das Statement zählt.
The First RX 7600M XT Thunderbolt 5 eGPU pic.twitter.com/4Yf6kVbAsd
— 孤城Hardware (@realVictor_M) July 4, 2025
USB-C, Power Delivery und M.2: Der Werkzeugkasten ist voll
Interessant wird’s beim Blick auf die I/O: mehrere USB-A und -C-Ports, Power-Delivery mit bis zu 100 Watt – das ist mehr als mancher Mittelklasse-Laptop. Und wenn ONE-NETBOOK den logischen Schritt geht und von PCIe 3.0 beim M.2-Slot auf Gen 4 oder gar 5 aufrüstet, dann wird die Kiste auch noch zum SSD-Tresor mit Gaming-Ambitionen. Man will offenbar mehr sein als nur ein Grafik-Add-on. Der neue ONEXGPU soll zur mobilen Workstation mutieren – ein Konzept, das bisher meist am Gewicht, der Lautstärke oder den Preisen scheiterte (ROG XG Mobile lässt grüßen). Wenn das Pricing stimmt – und der Name ONE-NETBOOK lässt hier hoffen – könnte man sich zur echten Alternative mausern.
Markt & Machtspiele: Thunderbolt wird zum Schlachtfeld
Und hier wird’s politisch. Intel hat mit Thunderbolt 5 die Tür geöffnet, AMD zieht mit USB4 v2 nach, NVIDIA schweigt wie immer – aber genau in dieser Stille formieren sich neue Allianzen. Hersteller wie ONE-NETBOOK positionieren sich abseits der klassischen Giganten – unabhängig, modular, softwareoffen. Wenn Thunderbolt 5 sich durchsetzt, wird das externe GPU-Ökosystem zu einem echten Markt. Nicht mehr nur für Nerds und Hacker, sondern auch für Entwickler, Designer, Gamer. Und wenn Mobilität und Rechenpower konvergieren, sind plötzlich ganz andere Geräte möglich: Laptops ohne GPU, aber mit echtem Gaming-Potenzial in der Tasche. Ein Alptraum für Hersteller proprietärer Dock-Lösungen – und ein Traum für Modularitätsverfechter.
Fazit: Kompakt mit Kante – und einem Hauch Revolution
Die neue ONEXGPU ist kein Wunderding – aber ein sinnvoller Schritt in Richtung Freiheit. Sie zeigt, was mit Thunderbolt 5 möglich ist, wenn man sich nicht an alte Zöpfe klammert. Und sie steht für ein Denken, das im GPU-Markt selten geworden ist: pragmatisch, offen und leistungsorientiert. Bleibt nur zu hoffen, dass ONE-NETBOOK den Preis nicht vermasselt – und dass andere Hersteller nachziehen. Denn diese kleine Box ist mehr als nur ein Accessoire. Sie ist ein Wink mit dem Bandbreitenzaunpfahl.
Source: realVictor_M via X
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