Mit der Ankündigung seiner ersten Rack-Scale-Infrastruktur will AMD offenbar ernsthaft ins Rennen um die großen KI-Rechenzentren einsteigen. Die neue Instinct-MI450-Serie, deren erste Vertreter im Jahr 2026 auf den Markt kommen sollen, zielt darauf ab, NVIDIA im lukrativen Segment der skalierbaren KI-Cluster Paroli zu bieten – zumindest auf dem Papier. Erste Details zeigen, dass AMD gewillt ist, bei Bandbreite und Netzwerkarchitektur neue Maßstäbe zu setzen, wenngleich nicht ohne technische Fallstricke.
128 GPUs in einem Rack – AMDs neuer Maßstab für Rechenzentren
Laut Informationen von SemiAnalysis plant AMD zwei Hauptvarianten seiner MI450-Cluster: das IF128 mit 128 GPUs sowie ein reduziertes IF64 mit 64 GPUs. Während NVIDIA mit seiner „Vera Rubin“-Architektur (VR200 NVL144) derzeit den Takt vorgibt, will AMD nun mit einer eigenen Antwort kontern – inklusive eigener Netzwerkphilosophie. Herzstück dabei ist die Integration des firmeneigenen Infinity Fabric-Protokolls über Ethernet, das pro GPU eine unidirektionale Bandbreite von bis zu 1,8 TByte/s ermöglichen soll.
Kommunikation ist alles – und AMD dreht an der Netzwerkschraube
In Sachen Scale-Out-Netzwerk geht AMD einen nicht ganz konventionellen Weg: Jede GPU soll über drei Pensando-800GbE-Karten verfügen, was eine theoretische Netzwerkbandbreite von 2,4 Tbit/s ergibt – etwa das 1,5-Fache dessen, was NVIDIA mit seiner aktuellen Lösung bietet. Alternativ plant AMD auch eine Variante mit zwei Ethernet-Karten pro GPU via PCIe-Schnittstelle – vermutlich für jene Szenarien, in denen Energieeffizienz oder Kostenfaktoren im Vordergrund stehen. Diese Entscheidungen zeigen deutlich, dass AMD die Kommunikation innerhalb großer Rechenzentren nicht dem Zufall überlassen will. Dennoch bleibt offen, ob dieser Ansatz in realen Workloads die gewünschte Wirkung zeigt oder lediglich auf dem Datenblatt gut aussieht.
BREAKING NEWS: The upcoming MI450X IF128 could potentially break the CUDA MOAT and might even be better than NVIDIA's VR200 NVL144!
This will be AMD's first-ever rack scale architecture!
We explain the architecture details below🧵👇
1/7 pic.twitter.com/m82OQcswYt
— SemiAnalysis (@SemiAnalysis_) May 15, 2025
Viel Komplexität, wenig Erfahrung – die Herausforderungen der MI450-Architektur
Die IF128-Konfiguration gilt bereits im Vorfeld als technisch aufwendig. Die hohen thermischen Anforderungen, das komplexe Netzwerkdesign und die noch fehlende Serienerfahrung AMDs im Rack-Scale-Segment werfen Fragen zur Produktionsfähigkeit und Zuverlässigkeit auf. Gerade in Zeiten knapper Lieferketten und anspruchsvoller Validierung könnte sich dies als Stolperstein erweisen. Deshalb scheint AMD vorausschauend zu handeln: Die kleinere IF64-Variante setzt auf ein weniger komplexes Layout und dürfte als Einstiegsversion für Partner dienen, die sich an das neue Ökosystem herantasten möchten. Hier dürfte es auch einfacher sein, Erfahrungen im praktischen Einsatz zu sammeln und potenzielle Fehlerquellen auszumerzen.
Wirkung und Strategie – ein langer Weg zur NVIDIA-Konkurrenz
Dass AMD die große Bühne der KI-Cluster betritt, ist keine Überraschung – wohl aber, dass man sich direkt an NVIDIA messen will, und das mit einer bislang unerprobten Architektur. Der Rückstand gegenüber Blackwell und der kommenden GB300-Generation ist nicht trivial. Insbesondere da NVIDIA in Kürze vollflüssigkeitsgekühlte Systeme mit nochmals gesteigerter Leistung auf den Markt bringen will. Für AMD ist der MI450 somit ein doppeltes Wagnis: Einerseits will man mit hoher Bandbreite, innovativer Netzwerkarchitektur und eigenen Interconnects punkten, andererseits fehlen bislang noch Erfahrungswerte im Betrieb solcher Systeme. Ob die ambitionierten Pläne in der Realität standhalten, bleibt abzuwarten – vor allem in einem Markt, der auf Stabilität und Skalierbarkeit setzt.
Potenzial vorhanden – aber auch viele Unbekannte
Mit dem Einstieg in den Rack-Scale-Bereich geht AMD einen folgerichtigen Schritt, der allerdings mit erheblichen Risiken behaftet ist. Die technischen Konzepte wirken vielversprechend, doch bleibt offen, ob sie in der Praxis die notwendige Reife und Effizienz erreichen. Sollte AMD allerdings die Herausforderungen in Produktion, Integration und Support meistern, könnte der MI450 durchaus zum Wendepunkt werden – zumindest als Beweis, dass es Alternativen zur dominanten NVIDIA-Lösung gibt.
Bleibt festzuhalten: Konkurrenz belebt das Geschäft, doch bis zum Gleichstand ist es noch ein weiter Weg.
Source: SemiAnalysis via X
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