Vor ca. 4 Jahren habe ich René Meyer mal interviewt und das Ganze mittlerweile schon wieder vergessen. Das sollte Bestandteil eines seiner Bücher werden, aber nun hat er es dann doch geschafft. Denn ständig war irgend etwas anderes und so blieb auch das Frage-Antwort-Spiel erst einmal in den Tiefen des Schreibtischs vergraben. Dabei kennen wir uns gefühlt ewig und irgendwann musste es jetzt mit dem längst verschollenen und vergessenen Interview dann doch mal sein. Zur Erinnerung: René besitzt eine beeindruckende Sammlung von Computerspielen, die als weltgrößte Sammlung von Spielkonsolen sogar ins Guinness-Buch der Rekorde aufgenommen wurde, da kann man auch schon mal das eine oder andere aus den Augen verlieren. Das mit der fehlenden Zeit gilt übrigens für uns beide.
Seine Sammlung umfasst übrigens unglaubliche 30.000 Exponate, darunter 1.000 Spielkonsolen, Heimcomputer und LCD-Spiele sowie 10.000 Spiele und verschiedenes Zubehör. Diese Dinge wollen immer schön sortiert und auch katalogisiert, werden, denn es wächst täglich an. Ich hatte ihn ja unlängst noch einmal besucht und dazu auch eine Art Reportage dazu geschrieben, die ich ganz unten auch noch einmal verlinkt habe. Grund genug, den Auszug aus dem Buch als separiertes Interview nachzuholen, denn die Aktualität ist in manchen Punkten immer noch die gleiche wie vor 4 Jahren und so Einiges hat René dann auch noch aktualisiert und ergänzt.
René über PC und Konsole, Aufrüstzwang, selbstgetriebene Nerds und Trends, die keiner braucht…
Ein Gespräch mit Igor Wallossek, langjährigem PC-Experten und Betreiber des Technik-Magazins igor’sLAB. Wiedergefunden, etwas überarbeitet und endlich auch veröffentlicht. Igor fragt, René antwortet. Also das Übliche. Nun ja, nicht ganz…
Frage: PC oder Spielkonsole, wer hat die Nase vorn?
Das kann man gar nicht so einfach beantworten, weil die Zielgruppen komplett unterschiedlich sind. Die aktuellen Konsolen bieten zwar stets erst einmal die bessere Leistung fürs Geld, wenn man nur den Kaufpreis betrachtet, refinanzieren sich aber später über die Spiele und lassen den Käufer zudem in einem engen Korsett zurück. Das schafft die beabsichtigte Kundenbindung, bremst aber auch Innovationen auf den reinen Modellwechsel aus. Der PC ist da weitaus flexibler; als Fertig-PC von der Stange allerdings deutlich teurer oder zumindest bei ähnlichem Preis deutlich schlechter. Die Zielgruppe der PC-Gamer ist meist experimentierfreudiger und rüstet zudem deutlich öfters auf.
Innovationen, wie die gesamte Raytracing-Technologie oder der Einsatz der KI, zeigen zunächst auf dem PC, in welche Richtung der Fortschritt gehen können. Außerdem gibt es Genres, die auf Konsolen gar nicht befriedigend laufen. Ego-Shooter mit 144 FPS und mehr auf einer Konsole? Anti-Aliasing und 60 FPS auf Ultra-HD für RPGs? Es ist alles sehr vielschichtig, viel zu komplex für eine einfache Antwort.
Ich würde jetzt auch nicht so weit gehen wollen und von den Konsolenherstellern als Getriebenen sprechen, aber ohne den PC und die ständig wachsenden Herausforderungen wären die Konsolen noch lange nicht dort, wo sie jetzt sind. Die neuen Konsolen PlayStation 5 und Xbox Series X/S, die Raytracing ebenfalls unterstützen, könnten am Ende sogar zu einem Super-Update-Zyklus beim PC führen, denn viele PC-Spieler sind heute ebenfalls technisch noch gar nicht in der Lage, diese Technologien zu nutzen. Bei größerer Marktdurchdringung solcher Spiele wird dies sicher bald geschehen.
Worauf sollte beim Kauf eines Spiele-PCs geachtet werden?
Man sollte generell nur kaufen, was man sich auch leisten kann. Und man sollte genau hinterfragen, wozu man den PC wirklich nutzen will und was man vielleicht auch perspektivisch damit machen oder spielen möchte. Man sollte sich auch nicht treiben lassen, sondern vorher wirklich Preise und Leistung vergleichen. Gerade für den Einstig lohnt manchmal ein ordentliches Gebrauchtgerät, denn der Preisverfall nach dem ersten Jahr ist bereits extrem. Man bekommt das High-End der letzten Jahre oft für die Hälfte des Neupreises oder sogar noch darunter. Und man muss die Qualitätsregler für die Grafik nicht immer auf Anschlag fahren. Manchmal sieht man die Unterschiede zwischen den letzten Stufen nämlich kaum.
Ist es besser, viel Geld in einen Top-Rechner zu investieren, der dann mehrere Jahre halten muss, oder sollte man lieber moderate Leistung kaufen und dafür in kürzeren Zeiträumen aufrüsten?
Die Leistungszuwächse der CPUs sind in den letzten Jahren immer mehr zurückgegangen; und man investiert mittlerweile eher in schnelle Grafikhardware. Und genau die ist meist so schnell veraltet wie die Zeitung von gestern. Der Leistungsunterschied zwischen guter Mittelklasse und dem High-End ist beim Motherboard und der CPU gar nicht so extrem, nur beim Preis ist es wie beim Top-Modell im Autohaus: die letzten 50 Mehr-PS schmerzen dann extrem im Geldbeutel, obwohl man sie im täglichen Einsatz gar nicht benötigt. Ich würde auf einen guten Mittelklasse-PC mit einem anständigen Netzteil und genügend Platz für Erweiterungen setzen. Nachkaufen geht fast immer.
Sollte man auf Markenprodukte achten, oder kann man getrost auf No-Name-Artikel zurückgreifen? Muss es immer das Allerteuerste sein?
Noname ist nicht gleich Noname. Oftmals werden identische Produkte unter anderem Label zu sehr unterschiedlichen Preisen verkauft. Man sieht das bei Netzteilen oder Gehäusen, wo derselbe Hersteller für viele Marken arbeitet und am Ende alles aus dem gleichen Baukastensystem oder von derselben Plattform stammt. Bei den Marken-Herstellern ist es am Ende wie mit Kleidung: Die meisten haben keine Produktionshallen und lassen nur herstellen. Zuweilen zahlt man die Hälfte des Preises nur für die Marke.
Man muss allerdings auch Vorsicht walten lassen, wenn bestimmte Dinge zu günstig erscheinen. Einen gewissen Mindestpreis erfordert gute Qualität nämlich immer. Auch da gilt: Fach-Foren oder spezialisierte Webseiten besuchen und mit der Community gemeinsam beraten. Schwarmintelligenz kann helfen, aber auch hier bringt es nichts, wenn Kinder Kinder beraten. Da wird man im Vorfeld schon sehr gut überlegen müssen, wo man fragt. Reine Plattformen für Testberichte finanzieren sich allerdings ausschließlich über Werbung und Affiliate, da muss man genauso aufpassen, wie mit den vielen gekauften Amazon-Bewertungen.
Was tun, wenn der vorhandene PC zu langsam für aktuelle Spiele wird?
Man muss analysieren, wo der Flaschenhals liegt und mit welchem finanziellen Einsatz, falls überhaupt, noch eine befriedigende Lösung möglich ist und wie lange die dann wiederum hält. Womit für wieder bei den vorangegangenen Fragen angelangt werden. Richtig aus dem Vollen kaufen und nach 1-2 Jahren abstoßen, um erneut neu zu kaufen, kann nämlich auch funktionieren. Wenn man den richtigen Zeitpunkt für den Verlauf nicht verpasst. Oder man kauft ständig nach, bis gar nichts mehr geht. Manchmal ist allerdings ein Neukauf sinnvoller, wenn man das Altgerät sinnvoll weitergeben oder sogar noch verkaufen kann. Und man vermeidet damit den Stress, wenn neue Komponenten plötzlich nicht so funktionieren wie erhofft, oder Folgekosten wie z.B. für ein neues Netzteil entstehen, die man so gar nicht mit eingeplant hatte.
Welche Trends gibt es bei Grafikkarten und Prozessoren?
Glaskugeln sind gerade aus, leider. Trotzdem sehe ich den Trend eher beim Big-Little Ansatz für die CPU, also das, was Intel für die übernächste Generation angedacht hat und was heute schon bei den Smartphones Standard ist. Dazu kommen neue Speicherstandards und Schnittstellen. Gerade der RAM ist aktuell ein gewisser Flaschenhals; DDR5 wird mit Sicherheit bald kommen. Genauso wie PCI-Express 4.0 bei allen Herstellern Einzug halten wird und sogar 5.0 gar nicht mehr so weit weg ist.
Der Trend geht allerdings auch mehr in Richtung KI und Grafikkarte, so dass sich die Prioritäten sicher weiter in Richtung spezialisierter Hardware verschieben werden. Die klassische Grafikkarte als reiner Pixelbeschleuniger ist ja längst tot, auch wenn es viele noch gar icht bemerkt haben. In vielen Bereichen unterstützt die Grafikkarte im Hintergrund bereits aufwändige Berechnungen, ohne dass man es überhaupt weiß. Man merkt es meist erst, wenn diese Unterstützung mal fehlt.
Genügt der Soundchip auf dem Mainboard, oder lohnt sich eine separate Soundkarte?
Gute Frage. Es kommt natürlich darauf an, was man anschließt. Gute Onboard-Soundchips, wie so ein Realtek ALC1220, bieten am Digitalausgang bereits sehr gute Qualität ohne Aufpreis. Beim Anschluss analoger Lautsprecher oder gar bei Headsets gelten allerdings andere Regeln. Das sehr ärgerliche „What you hear is what you see“, also die Geräusche, die vom Gerät auf den analogen Audio-Strang durchschlagen, sind ärgerlich und fast nie zu vermeiden. Darüber hinaus sind die Ausgangsleistungen der Onboard-Chips nicht einmal ansatzweise geeignet, moderne und gute Kopfhörer voll auszureizen. Auf die ganzen Pseudo-Surround-Spielereien möchte ich hier gar nicht erst eingehen, denn es ist auch sehr viel Voodoo dabei. Marketing eben. Das wird man am Ende kaum vermissen.
Wie macht sich die technische Leistung im Spiel bemerkbar?
Ich sage dazu immer „schöner sterben“, also die Grafikqualität sollte auch optisch schon stimmen. Wobei es natürlich auch immer aufs Genre und die gewünschte Bildwiederholrate ankommt. Diesen kausalen Zusammenhang kann man oft nur mit sehr viel Geld lösen, womit wir wieder bei der Frage nach High-End oder Mittelklasse angekommen wären. Denn man darf dann auch nicht die ganze Peripherie vergessen. Monitor, Maus und Tastatur. Was nützt das tollste Setup, wenn Tearing nervt, die Maus lagt oder Mikroruckler meine Immersion wieder zunichtemachen? Aber jeder setzt seine Prämissen anders, egal ob nun die Vernunft oder der Geldbeutel am Ende den Ausschlag geben. Aber man muss im Leben auch Prioritäten setzen und Spielen ist eben nicht alles.
Ist der VR-Hype vorbei?
Für mich schon. Zumindest in Form klobiger VR-Brillen und aufwändiger Setups. Viele Spiele lassen sich gar nicht erst technisch umsetzen und der Trend wird sicher genauso verschwinden, wie die ganzen 3D-Brillen. Wobei VR nicht gleich VR ist, da muss man schon fair bleiben. Allerdings führt das hier zu weit und würde sicher auch schnell sehr subjektiv. Augmented Reality ist da hingegen ein ganz anderes Thema, das wird kommen. Schauen wir mal…
Danke für das Gespräch! Und wer auf das Buch gespannt ist: www.schreibfabrik.de
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