Motherboard Testberichte

MSI MEG Z390 Ace im Test – Nicht ganz Godlike, aber recht solide | igorsLAB

Mit Realteks ALC 1220 hat man einen recht guten Chip verbaut, der als D/A-Wandler eine ordentliche Figur macht. Zumindest anhand der technischen Parameter. Allerdings ist die Umschreibung mit dem „Audio Boost“ ein wenig irreführend, wie meine Messungen gleich noch bestätigen werden, denn vom „Boost“ bleibt in der Realität am analogen Ausgang leider nichts übrig. Oder fairerweise: fast nichts. Doch immer schön der Reihe nach, denn ich will ja objektiv bleiben.

Lassen wir deshalb mal die Nahimic Software beiseite, denn all das ganze virtuelle Surround-Gedöns hat mit dem Kernproblem ja nichts zu tun. Rein klanglich ließe sich am ALC 1220 nämlich wirklich nichts aussetzen. Egal ob es nun Messungen der Frequenzbereiche oder subjektive Hörproben waren – das passt alles und es dürfte zudem auch so manche dedizierte Soundkarte schlagen. Klanglich spielt der ALC 1220 z.B. die ganzen C-Media-Chips locker an die Wand. Auch am digitalen Ausgang (SPDIF) macht diese Lösung wirklich auch verwöhnten Ohren recht viel Freude.

 

Fremdspannungen, Transienten und Interferenz

Doch technische Daten sind ja nur theoretischer Natur und haben mit dem, was man dann im verbauten Zustand auf der Platine messen kann, oft nichts mehr gemein. Kommen wir erst einmal zum Positiven. Das Übersprechen zwischen den Kanälen ist fast nicht messbar und erst recht nicht hörbar. Auch der Fremdspannungsabstand am laufenden PC geht noch in Ordnung, was die erste Messung eindrucksvoll bestätigt. Mit knapp 2 mV an 1 KΩ bei der vorher ermittelten Laustärkeeinstellung für die verzerrungsfreie Vollaussteuerung liegt man gut im Rennen.

Als Nächstes habe ich die Einstreuung des von der Grafikkarte unter Last abgesonderten Frequenzsalates und die aufgetretenen Interferenzen gemessen, also exakt das, was man dann auch als Mischprodukt sogar hören kann. Man kennt so etwas z.B. als Störgeräusch beim Scrollen oder Bewegen von Bildschirminhalten bzw. als Zirpen im Audio-Zweig beim Gaming. Der Pegel steigt hier auf reichlich 5 mV, was ebenfalls akzeptabel ist bzw. scheint. Denn spätestens nach den als Nächstes folgenden Messungen relativiert sich dieser an sich recht gute Wert wieder etwas.

 

Erreichbare Ausgangsleistung und -spannungen

Spätestens jetzt erreicht der ALC 1220 seine Grenzen, denn so gut die Codecs auch sein mögen, einen echten Kopfhörerverstärker bietet er nämlich nicht. Die erreichten Pegel sind mehr als ausreichend für den Anschluss aktiver Boxen, aber bei Kopfhörern wir es eng, sehr eng. Die nachfolgend gemessenen Werte beziehen sich auf jeweils einen der beiden Stereokanäle (links). Ich habe den Maximalpegel so eingestellt, dass der Klirr unter 1% lag.

Ich beginne meine Messung bei 4 Ohm und stoße mit dem erreichten 2 Milliwatt RMS bzw. 90 mV RMS an deutliche Grenzen. Kleine Aktivboxen anzuschließen mag ja noch gerade so gehen, aber laut wird das definitiv nicht, sondern es bleibt ultraleise.

Die Ausgangsleistung steigt bei 8 Ohm etwas an und mit ca. 170 mV messe ich auch hier schon etwas mehr Ausgangsspannung. Trotzdem ist das nichts, um aktive Systeme auch nur irgendwie nutzbringend zu betreiben. Allerdings setzt man ja am Desktop fast immer auf Aktivboxen, so dass ich das bis hierher erst einmal nicht allzu kritisch sehe.

Schlimmer wiegt eher die eher mickrige Ausgangsleistung von 7.5 Milliwatt pro Kanal an 32 Ohm. Auch mit den noch nicht einmal 500 Millivolt RMS zieht man lautstärketechnisch keine Wurst vom Teller. Im niederohmigen Bereich ist die hier verbaute Soundlösung also eine herbe Enttäuschung. Das ist weder pegelfest, noch sonst irgendwie auch nur ansatzweise laut. Wer da nicht auf extrem empfindliche Kopfhörer setzen kann, wird also zu Recht bitter enttäuscht sein.

Paradoxerweise performt der Chip an 250 Ohm in etwa gleich gut (bzw. schlecht), so dass auch hier 7.4 mW RMS anliegen, die aus der gestiegenen Ausgangsspannung von 1.36 Volt RMS resultieren. Diese Spannung entspricht dann wohl auch exakt dem, was der ALC 1220 in dieser gewählten Beschaltung zu leisten vermag. MSI hätte allerdings auch höhere Referenzspannungen als 2 Volt wählen können, denn der ALC 1220 ermöglicht statt der hier gemessenen 2 Volt (siehe Amplitude) auch bis zu 3 Volt. Nur muss man ihn dann auch so nutzen. Das hat man aber ganz offensichtlich nicht getan, warum auch immer und ich vermute einfach mal eine Nachlässigkeit beim Erstellen des Platinendesigns. Die mögliche Beschaltung sollte man aber eigentlich kennen.

Das Ganze setzt sich dann nahtlos auch bei 500 Ohm (und höher) fort, denn mehr als 2 Volt Spitzenspannung (1.36 Volt RMS) gehen einfach nicht. Die Ausgangsleistung von mickrigen 3.7 mW RMS ist dafür die logische Konsequenz.

 

Berechnung für Ausgangsleistung und Schallpegel

Kauft man Kopfhörer, ist die sogenannte Empfindlichkeit also ein ganz wichtiger Indikator, wie laut er am Ende überhaupt betreiben werden kann, d.h. welchen Schalldruckpegel SPL (Sound Pressure Level) er bei welcher Verstärkerleistung noch sauber erreichen kann. Nur erzeugt man einen bestimmten Schalldruck ja nicht immer in derselben Ausprägung. Da hängt sehr viel vom eingespielten Material ab. Wer also einen durchschnittlichen, gut verträglichen Pegel (SPL) von z.B. 85 dB anstrebt (kindersicher und auf Dauer auch nicht schädigend), sollte z.B. bei klassischer Musik und deren hohem Dynamikumfang (Wide Dynamic Range) für die Spitzenwerte noch 25 bis 30 dB aufschlagen. Das gilt auch für gute Spiele mit 12 bis 18 dB. Pop-Musik liegt hingegen meist bei „nur“ 8 bis 12 dB Aufschlag als Faustformel

Die erste Tabelle zeigt uns eher schlechte Kopfhörer mit einer Empfindlichkeit von 85 dB/mW bis hin zu 94 dB/mW und welche Verstärkerleistungen man ansetzen muss, um zwischen 90 und 115 dB maximalen Schalldruckpegel erreichen zu können. Ob das die Teile dann überhaupt aushalten und überleben, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Wenn man die Impedanz seines Kopfhörers kennt, liefern die obigen Messungen ja auch die Ausgangsleistungen in Watt RMS, die man nun auf der linken Y-Achse der Kurven suchen muss. Die X-Achse zeigt den resultierenden Schalldruckpegel SPL in dB und die farbigen Kurven lassen sich der jeweiligen Kennempfindlichkeit des betreffenden Headsets zuordnen.

Hier hätte ich dann noch die etwas besseren Kopfhörer, bei denen es sich mit der Ausgangsleistung in Grenzen hält.

Zwischenfazit

MSI wäre gut beraten gewesen, hier als „Booster“ auf eine simple Op-Amp Stufe als Nachbrenner zu setzen, denn so etwas gibt es bereits für wenige Cent, auch wenn es natürlich weiteren Platz auf der Platine frisst. Stattdessen wirbt man lieber mit japanischen Kondensatoren… Lieber Herrgott, lass es demnächst bitte wieder etwas mehr Hirn bzw. Operationsverstärker regnen, denn was nützen mir die schönsten Caps, wenn der Pegel zum akustischen Herausfiltern solcher Marketingspitzfindigkeiten viel zu gering ist? Das ist wie ein Satz Z-Reifen auf einem Fiat Panda mit 69 PS. Schön anzusehen, aber völlig überflüssig.

Wenn man Kopfhörer mit niedriger oder mittlerer Empfindlichkeit besitzt, die eher höhere Verstärkerleistungen benötigen, reicht diese Lösung definitiv nicht aus, dessen muss man sich bewusst sein. Ich für meinen Teil bekomme meinen wirklich hochwertigen Amiron Home von Beyerdynamic mit seinen 250 Ohm noch nicht mal annähernd ausgesteuert. Hier wird man als Kunde wirklich eine Fallentscheidung machen müssen und sich gegebenenfalls an der vorhandenen oder geplanten Technik orientieren müssen.

Der Effekt der Transienten, also der Fremdeinstreuung der Grafikkarte unter Last ist vorhanden, aber ausreichend gering. Das ist lobenswert und zeugt auch von einem eher zweckmäßigen Platinenlayout. Die gemessenen 5,2 mV an 1 KOhm sind akzeptabel, wenn auch immer noch vorhanden und nachweisbar. Das können andere Mainboards mit deutlich höherem Gain allerdings sogar noch besser.

 

 

 

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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