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AMD Ryzen 3000 im Fakten-Check – Was wir bereits wissen (und was wir nur vermuten)

Das damalige Release der Ryzen-Prozessoren der 1. Generation Serie von AMD belebte den CPU-Markt auf eine Weise, die wir uns noch vor wenigen Jahren so nicht vorstellen konnten und zwang Intel zugleich auch, über die gesamte Breite seines Produktportfolios wettbewerbsfähiger zu werden. Aber das war erst der Anfang AMD-Angriffs von AMD mit den neuen, Zen-basierten Chips. Im vergangenen Jahr wechselte AMD von seinen ursprünglichen 14nm-Chips zu den Ryzen-Prozessoren der 2000er-Serie mit der Zen+-Mikroarchitektur im verbesserten 12nm-Verfahren.

Und jetzt also kommt Ryzen 3000 und keiner kann es erwarten. Folgt man den neuesten Leaks, dann könnten diese Chips mit bis zu 16 Kernen für den Mainstream-Desktop ausgestattet sein, was Intels aktuelles Limit von acht Kernen einfach mal so verdoppelt.

Ja, Ryzen war in beiden Generationen bisher ein solider Evolutionsschritt, aber jetzt arbeitet AMD bereits fieberhaft daran, die Zen 2-Mikroarchitektur auf den Markt zu bringen und einen profitableren 7nm-Fertigungsprozess zu nutzen. Zusammen mit einem verbesserten Infinity Fabric wird die Bündelung neuer Technologien demnächst als die dritte Generation der Ryzen ‚Matisse‘ Prozessoren auf den Markt kommen. Wenn AMD dies alles rechtzeitig realisieren kann, während Intel immer noch darum kämpft, überhaupt erst einmal die 10nm-CPUs auf den Markt zu bringen, wird es das erste Mal in AMDs Firmengeschichte sein, dass man die Führung bei den Nodes von Intel übernehmen konnte.

AMD hatte ja kürzlich den neuen Prozessor während der CES-Keynote bereits kurz vorgestellt. Und obwohl wir noch nicht alle Details darüber kennen, was mit den Prozessoren der 3000er-Serie von AMD nun genau auf uns zukommt, wissen wir bereits, dass sie Mitte 2019 (man kolportiert den 07.07.2019) auf den Markt kommen sollen. AMD hat zudem kürzlich angekündigt, dass die 7nm EPYCs für Rechenzentren jetzt getestet werden, so dass man voll auf Kurs zu sein scheint.

Und wir wissen auch, dass die Zen 2-basierten Chips in der Playstation 5 der nächsten Generation von Sony zu finden sein werden. Werfen wir nun emotionslos einen Blick darauf, was wir noch wissen und was nicht und wo sich Fakten und mögliche Fakes überlagern könnten.

 

Der Ryzen-Chip der dritten Generation

Wie erwartet, verfügen die Ryzen-Prozessoren der dritten Generation über eine Multi-Chip-Anordnung, ähnlich wie die kürzlich angekündigten EPYC Rome-Prozessoren AMD. Dieser modulare Aufbau besteht aus einem achtkernigen 7nm-Chiplet (hergestellt bei TSMC), das mit einem 14nm I/O-Die (hergestellt von GlobalFoundries) verbunden ist. Der I/O-Die enthält die Speichersteuerungen, Infinity Fabric-Links und I/O-Verbindungen. Abgesehen von der Unterstützung von PCIe 4.0 hält AMD immer noch viele Details bewusst zurück.

Wie wir sehen können, hat AMD den größeren I/O-Die gegenüber dem 7nm-Core-Die versetzt, so dass viel Platz für einen zweiten achtkernigen CPU-Komplex bleibt. Wir können sogar sehen, dass das, was auf den ersten Blick wie eine kleine Mulde in der Leiterplatte aussieht, als Montagepunkt für ein weiteres achtkerniges Chiplet dienen könnte. Lisa Su von AMD hat nicht bestritten, dass das Design offensichtlich Platz für ein weiteres Chiplet lässt und zudem geäußert, dass „man erwarten kann, dass wir mehr als acht Kerne haben werden“.

Lisa Su gab jedoch nicht an, wie viele weitere Kerne mit den Prozessoren am Ende kommen werden, ob man gleich zum Launch mit auch mit einem Vollausbau starten wird oder später Folgemodelle nachreichen wird. Es verdichten sich die Informationen, dass AMD bereits eine 16-Kern-Variante in der Planung hat, aber AMD hat die Informationen bisher noch nicht offiziell bestätigt. Aus den neuesten, öffentlich zugänglichen BIOS-Updates wissen wir aber, dass AMD bereits zur B0-Stepping übergegangen ist, was auch darauf hindeutet, dass sich die Ryzen 3000 Chips ihrer endgültigen Verkaufsform nähern.

AMD verwendet nun ein Infinity Fabric der zweiten Generation, um die Compute Die mit der I/O Die zu verbinden, die wiederum als Dreh- und Angelpunkt des ganzen Designs dient. Dieses Design hilft AMD, die nicht gut skalierbaren Bereiche des Chips, wie die Speichercontroller und I/O, auf einem bewährten und ausgereiften Node zu halten und gleichzeitig die Leistung, Packungsdichte und die wirtschaftlichen Vorteile des 7nm-Nodes für die wichtigen Rechenfunktionen zu nutzen. Das innovative Design ist zudem ein Zeichen für einen breiteren Trend in der Branche zu heterogenen Architekturen.

 

Die Rückkehr des CCX, Einführung in die AMD Zen 2 Architektur

AMDs CTO Mark Papermaster bestätigte mittlerweile, dass die Chips mit dem AMD Core Complex (CCX) geliefert werden, einem wichtigen Grundbaustein, der es dem Unternehmen ermöglicht, das Design des Chips einfach zu skalieren. Das aktuelle CCX-Design besteht aus vier Kernen, die mit einem zentralen Cache verbunden sind, der in vier Schichten unterteilt ist. Jeder Kern hat auch seinen eigenen privaten L2-Cache. Viele aktuelle Ryzen-Modelle verfügen über zwei solcher CCX, die über AMD’s Infinity Fabric miteinander verbunden sind – einem Fast Interconnect, der quasi als Superspeed-Autobahn zwischen den einzelnen Einheiten dient.

Dies ermöglicht eine schnelle und effiziente Kommunikation. Die CCX’e teilen sich auch den gleichen Speichercontroller. Obwohl wir wissen, dass die neuen Chips das gleiche Design haben, sind wir uns nicht sicher, ob AMD nicht doch radikale Anpassungen vorgenommen hat. Das Unternehmen hat möglicherweise mehr Kerne zu jedem CCX hinzugefügt oder die Kapazitäten und die Assoziativität der Caches angepasst. Das wissen wir jedoch im Details sicher erst nach dem Launch.

 

Die Performance der dritten Generation von Ryzen

Auf der CES 2019 zeigte AMD-CEO Lisa Su einen „frühen“ Ryzen-Desktop-Prozessor der dritten Generation, der ein Spiel in Kombination mit einer Radeon VII ausführte. Diese 7nm-Chips werden auch die ersten Desktop-Prozessoren sein, die PCIe 4.0 x16 nativ unterstützen. Das bedeutet zudem auch, dass die neuen Chipsätze der 500er-Serie den neuen Standard ebenfalls unterstützen werden.

AMD demonstrierte ein frühes Engineering-Sample  der Ryzen 3000er Serie, das gegen einen aktuellen Intel Core i9-9900K in ein Kopf-an-Kopf-Rennen ging. Es ist umso bemerkenswerter, da AMD das Design zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig optimiert hatte, was im Gegenzug auch bedeutet, dass man wahrscheinlich sogar noch mehr Leistung aus dem Chip herausholen könnte, bevor dieser auf den Markt kommt. Der 16-Thread-Ryzen-Prozessor mit acht Kernen war bereits jetzt etwa gleichauf mit dem Intel Core Core i9-9900K in einem Cinebench-Multi-Thread-Workload. Ergebnis: Ryzen 2.057cb gewinnt hauchdünn gegen die 2040cb des Core i9.

Ebenso beeindruckend war die Leistungsaufnahme von Ryzens dritter Generation während der Demo – der Chip genehmigte sich während des Benchmarks 30% weniger Strom als der Intel-Prozessor. Intels Core i9-9900K benötigt zudem ein High-End-Motherboard, ein stärkeres Netzteil und einen potenteren Kühler, um das optimale Leistungsniveau zu erreichen. Die vergleichsweise geringe Leistungsaufnahme Ryzen-Prozessoren bedeutet, dass es viel billiger sein könnte, komplette Systeme mit diesen Chips zu bauen, so dass AMD ein ähnliches Leistungsniveau, aber auf einer deutlich günstigeren Basis bieten könnte

 

Die Kompatibilität der dritten Ryzen-Generation

Die Chips der Ryzen 3000 Serie kommen zwar  mit einem radikal neuen Design, aber zum Glück für uns werden die Chips auch mit vielen der Optimierungen für bestehende Ryzen-Prozessoren funktionieren. Die Ryzen-Prozessoren der ersten Generation von AMD starteten seinerzeit mit einem revolutionären neuen Kerndesign, das zunächst in so einigen Anwendungen zu einer schlechteren Leistung als erwartet führte. Diese Startprobleme sollte es in der der damaligen Form nunmehr sicherlich nicht wieder geben.

Latenz-empfindliche Anwendungen (wie z.B. Spiele) litten darunter am meisten, aber AMD unternahm gewaltige Anstrengungen, um den Softwareentwicklern das benötigte Wissen zu vermitteln, um ihren Code für die neuartige Zen-Mikroarchitektur maßzuschneidern und das Problem mit den gängigen Desktop-Chips im Laufe der Zeit weitgehend zu beheben. Wir fragten AMDs CTO Mark Papermaster, ob diese Optimierungen auf die neuen Ryzen-Produkte der dritten Generation übertragen werden können, was er uns ausdrücklich bestätigte. Das bedeutet, dass die Chips der Ryzen 3000er Serie, wenn sie auf den Markt kommen, bereits ihr volles Leistungsspektrum entfalten können.

 

PCIe 4.0 Unterstützung

AMD war mit der PCIe 4.0-Unterstützung für seine 7nm EPYC Rome-Chips richtungsweisend und implementierte den neuen Standard auch in die Prozessoren der 3000er-Serie. AMD hat uns auch bestätigt, dass die neuen Ryzen-Prozessoren zwar mit Motherboards kompatibel sind, die für die Chips der ersten Generation entwickelt wurden, aber neue Motherboards erfordern, um den PCIe 4.0-Standard vollständig zu unterstützen. Abwärtskompatibel ja, aber eben auch keine volle funktionelle Unterstützung.

Es gibt jedoch Hoffnung für bestehende Ryzen-Systeme. AMD-Vertreter bestätigten uns, dass AM4-Motherboards der Serien 300 und 400 den PCIe 4.0 durchaus unterstützen können. AMD wird somit die Out-Funktion nicht sperren, sondern es liegt an den Mainboard-Anbietern, den schnelleren Standard auf ihren Mainboards von Fall zu Fall zu validieren und zu qualifizieren. Motherboard-Anbieter, die diese Funktion unterstützen, werden sie durch BIOS-Updates aktivieren, aber diese Updates liegen im Ermessen des jeweiligen Anbieters.

Die meisten älteren Motherboards könnten eine PCIe 4.0 x16-Verbindung zum ersten Steckplatz auf dem Motherboard unterstützen, aber der Rest der Steckplätze würde dann mit PCIe 3.0-Signalübertragungsraten leben müssen. Denn jedes Trace-Routing auf dem Motherboard, das mehr als sechs Zoll beträgt, erfordert neuere Redriver und Retimers, die die schnelleren Signalübertragungsraten von PCIe 4.0 unterstützen. Das bedeutet, dass der PCIe-Steckplatz, der der CPU am nächsten liegt, PCIe 4.0 problemlos unterstützen könnte, während die anderen Steckplätze, einschließlich der M.2-Ports, mit PCIe 3.0 betrieben werden müssen. Die Unterstützung kann auf Steckplätze beschränkt werden, die auf Platinen-, Switch- und Mux-Layouts basieren.

 

Der Chipsatz der 500er Serie

Die kolportierten X570-Motherboards von AMD tauch(t)en bereits in diversen Online-Testdatenbanken auf, da die Anbieter von Motherboards ihre neuen Produkte auf Herz und Nieren prüfen, so dass die Spekulationen bereits jetzt recht hoch sind. Die Ryzen-Prozessoren der dritten Generation unterstützen ja PCIe 4.0 und es ist logisch anzunehmen, dass die Chipsätze der nächsten Generation, die weitgehend als 500-Serie bezeichnet werden, diesen Standard auch unterstützen werden.

Unsere Quellen sagen uns zudem, dass die Chipsätze der 500er-Serie in ihren 14nm mehr Leistung (ca. 15W) aufnehmen werden als die 28er Chipsätze (ca. 8W), die auf aktuellen AM4-Motherboards verwendet werden. Einer der Gründe könnte natürlich sein, dass die Chipsätze der 500er-Serie auch PCIe 4.0 unterstützen. Uns wurden die spezifischen Spurzuweisungen des neuen zwar Chipsatzes nicht mitgeteilt, aber diese schnelleren Lanes werden für zahlreiche Arten von sekundären I/O-Geräten überaus nützlich sein.

Wir hörten auch von diversen Mainboard-Anbietern, dass AMD aufhören wird, ASMedia für das generelle Design der eigenen Chipsätze zu verwenden. Aber AMD sagte auch, dass man weiterhin auf ASMedia setzen wird, nur dass die neuen Chipsätze „nuancierter“ gestaltet sein sein. Das könnte bedeuten, dass AMD Teile des Chipsatzes selbst entwirft und einfach wichtige IP-Blöcke, wie z.B. den USB 3.1, dann von ASMedia lizenziert. Aber es ist schon bemerkenswert, dass es nun offensichtlich einen Unterschied zwischen der Entwicklung und dem Design der Komponenten gibt.

 

Sockel AM4

AMD hat die Kompatibilität der AM4 CPU-Sockel bis 2020 für alle Ryzen-Prozessoren zugesagt. Das bedeutet, dass man jeden AMD Ryzen-Prozessor auf jedem AM4-Motherboard verwenden kann, um auch in Zukunft einen soliden Upgrade-Pfad zu bieten. Das steht im krassen Gegensatz zu Intels häufigem Sockelwechsel, bei dem Enthusiasten dann fast jedes Mal auf neue Boards und Chipsätze umsteigen müssen. Die langlebige Unterstützung des AM4-Sockels durch AMD hat nicht nur bei Enthusiasten viel Anerkennung gefunden, schränkt aber auch die technischen Möglichkeiten des Unternehmens für die neuen Prozessoren der 3000er-Serie etwas ein.

AMD und seine Mainboardpartner haben sicher auch hart daran gearbeitet, dieses Versprechen zu erfüllen, wobei die neuesten BIOS-Updates für bestehende Mainboards von allen großen Herstellern stammen. Leider haben wir im Moment noch keine Mainboards der A-Serie mit Updates gesehen, so dass durchaus die Möglichkeit besteht, dass die neuesten Chips auf den bestehenden Low-End-Motherboards nicht unterstützt werden könnten.

Der Sockel AM4 gibt uns aber immerhin auch einige Hinweise auf die möglichen Konfigurationen. Der AM4-Sockel unterstützt nämlich nur zwei Kanäle DDR4-Speicher, was sich auch bei den Modellen der 3000er-Serie wahrscheinlich nicht ändern wird, da jeder Speicherkanal seine eigenen, speziellen Pins für die Kommunikation benötigt. Angesichts der aktuellen Ausrichtung des AM4-Sockels bedeutet dies aber auch, dass die neuen Chips wahrscheinlich über einen Zweikanal-Speichercontroller verfügen werden

 

Das AdoredTV-Leak

AdoredTV berichtete unlängst, dass ein anonymer Tippgeber eine Liste der neuen Prozessoren von AMD geschickt hätte. Aber einige Details des Leaks sind durchaus fragwürdig. So wurde behauptet, dass AMD die neuen Prozessoren und Preise auf der CES vorstellen würde, jedoch teilte AMD diese detaillierten Informationen während der CES-Keynote nicht mit. Der Mangel an Details über die Ryzen-Chips begründet sich auch sicher damit, dass die meisten dieser Informationen, insbesondere die zu den CPU-Taktfrequenzen und Preisen, typischerweise erst später im Entwicklungsprozess kommen.

Einige andere Inhalte des durchgesickerten Line-ups sind ebenfalls recht fragwürdig. Das im Leak skizzierte Preismodell würde die doppelte Anzahl von Kernen in ähnlichen Preisklassen wie die aktuellen AMD-Chips auf den Markt bringen, was angesichts der oben genannten höheren Kosten für die 7nm-Produktion höchst unwahrscheinlich ist. AMD hat die Branche mit seinem revolutionären Preismodell für die Ryzen-Prozessoren der ersten Generation zwar schon einmal auf den Kopf gestellt, aber es leitete damals ja einen kompletten Reset der Produktpalette des Unternehmens dar.

CPU Cores / Threads GPU Base / Boost Clock TDP Price
Ryzen 3 3300 6 / 12 3.2 / 4.0GHz 50W $99
Ryzen 3 3300X 6 / 12 3.5 / 4.3GHz 65W $129
Ryzen 3 3300G 6 / 12 Navi (15 CU) 3.0 / 3.8GHz 65W $129
Ryzen 5 3600 8 / 16 3.6 / 4.4GHz 65W $178
Ryzen 5 3600X 8 / 16 4.0 / 4.8GHz 95W $229
Ryzen 5 3600G 8 / 16 Navi (20 CU) 3.2 / 4.0GHz 95W $199
Ryzen 7 3700 12 / 24 3.8 / 4.6GHz 95W $299
Ryzen 7 3700X 12 / 24 4.2 / 5.0GHz 105W $329
Ryzen 9 3800X 16 / 32 3.9 / 4.7GHz 125W $449
Ryzen 9 3850X 16 / 32 4.3 / 5.1GHz 135W $499

 

Jetzt bringt das Unternehmen ein iteratives Update auf den Markt, was bedeutet, dass solch radikale Änderungen an seinem Produktportfolio Auswirkungen auf das bestehende Sortiment haben würden. Die Markteinführung von Prozessoren der 3000er-Serie zu diesen Preisen würde die bestehende Produktpalette des Unternehmens geradezu kannibalisieren, was dann auch bedeuten würde, dass AMD die gesamte Lieferkette bereinigen müsste, um nicht unverkäufliche Überbestände zu haben.

Das ist genauso unwahrscheinlich wie eine Heiligsprechung von Lisa Su als barmherzige Mutter, denn AMD hat kürzlich während eines Empfangs zum 50-jährigen Jubiläum auch sehr stolz erklärt, dass die 7nm-Produkte alle eine Marge von 50% oder mehr aufweisen (werden). Das macht das Versprechen von extremen Preissenkungen also noch deutlich fragwürdiger.

Andere Medien haben zudem auf offensichtlichere Löcher in der Aufstellung hingewiesen, wie TDPs und Frequenzen, die nicht gleichmäßig und plausibel über das Produktportfolio verteilt sind. Wir halten dieses Leak nicht für vollumfänglich korrekt und valide, insbesondere angesichts der Art der Offenlegung und des Preismodells. Aber nur die Zeit wird uns zeigen können, ob zumindest ein Teil des Leaks genaue Informationen enthält, oder ob der Zufall zumindest ein paar echte Treffer generieren kann.

In der Zwischenzeit haben wir zumindest schon diverse obskure Einzelhändler gesehen, die Platzhalter für Chips der Ryzen 3000er Serie mit der genauen Benennung und Spezifikation aus in diesem Leak online gestellt haben. Diese Folgen eine Leaks jedoch als Grundlage für dessen Echtheit aufzuführen wäre, mehr als nur albern, denn es ist schlichtweg falsch.

 

Der 7nm-Prozess von TSMC

AMD hat bisher nicht viel über den 7nm-Prozess gesagt, den man für die Chips der Ryzen 3000-Serie verwenden wird, obwohl das Unternehmen bei seinem Debüt der EPYC-Rechenzentrum-Chips noch behauptete, dass der Prozess die doppelte Dichte bei halbiertem Stromverbrauch und bei gleicher Leistung bringen wird. Das Unternehmen ließ verlauten, dass 7nm auch 1,25x mehr Performance bei gleicher Leistungsaufnahme bietet. Diese Vorteile werden dem Endverbraucher sicher in Form von schnelleren und billigeren Chips zugutekommen, aber Skalierungsprobleme und Beschränkungen auf Chip-Ebene erschweren die Sache dann doch ein wenig , da die Chips ja auch kleiner werden – siehe Intels aktuelle Probleme mit dem eigenen 10nm-Prozess.

AMDs CTO Mark Papermaster sagt uns, dass wir eine Leistungssteigerung von 25 Prozent vom neuen Prozess erwarten können, aber er bekräftigte gegenüber EETimes auch, dass der Wechsel zum neuen Prozess eine echte Herausforderung ist. Papermaster meine, dass der Wechsel zur EUV (extrem ultravioletten) Fertigung, die mit dem 7nm+ Node einhergehen wird, auch nur „bescheidene“ Leistungszuwächse hervorrufen könnte. Wir haben übrigens ähnliche Aussagen von AMDs Forrest Norrod gelesen, so dass es vielleicht am besten ist, übertrieben hohe Erwartungen an deutlich gesteigerte Taktraten etwas im Zaum zu halten.

Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass die Namenskonventionen für Nodes eher zu einer reinen Marketingübung geworden sind, als zu einer echten Metrik, die auf echten Messungen basiert. So sind die 7nm von TSMC in der Realität nicht dichter als Intels ausstehender, so oft verzögerter 10nm Node. Tatsächlich ist Intels 10nm-Prozess eigentlich sogar dichter als der 7nm-Prozess von TSMC. Intels 10nm (6T)-Prozess bietet 100 Megatransistoren pro Quadratmillimeter (MTr/mm2), während der 7nm  Node (7,5T) von TSMC 66 MTr/mm2 bietet.

Aber im Moment ist es wohl in erster Linie ein Wettlauf darum, wer seinen neuen Prozess zuerst auf den Markt bringen kann. Intel plant, Ende 2019 10nm-Prozessoren in der Großserienfertigung einzusetzen (vorausgesetzt, es gibt keine weiteren Verzögerungen), was AMD ein recht großes Zeitfenster bietet, wenn man das Ziel von Mitte 2019 erreichen kann.

Die hohen Vorlaufkosten für die Entwicklung eines neuen Nodes haben den primären Fertigungspartner von AMD, Global Foundries, im vergangenen Jahr aus dem 7nm-Rennen verdrängt. AMD ist weiterhin bestrebt, den neuen Node zu liefern und ihn als Instrument zur Markteinführung der neuen Zen 2-Mikroarchitektur zu nutzen, arbeitet aber bei der Fertigung deshalb nunmehr mit mit TSMC zusammen. TSMC ist der branchenweit führende Drittanbieter, so dass AMD mit den Big Playern wie Apple, Qualcomm und Nvidia, die auch die Chip-Produktionsanlagen der Fabrik nutzen, um die Stückzahlen aus der Waferproduktion konkurrieren muss.

Neuere Berichte deuten jedoch darauf hin, dass der 7nm-Node recht teuer ist, was auch dazu führt, dass mehrere große Unternehmen die Produktentwicklung auf diesen Node reduzieren und damit derzeit etwa 10 Prozent der 7nm-Produktionskapazität von TSMC nicht ausgelastet sind. Dies ist ein zweischneidiges Schwert für AMD: Während das Unternehmen keine Probleme bei der Beschaffung von Wafern von TSMC haben sollte, führen die zunehmend höheren Kosten für jeden kleineren Node dazu, dass wir bei den Ryzen-Chips der zweiten Generation möglicherweise keine großen Preisrückgänge verzeichnen werden können.

 

Abwarten und Tee trinken

Der Schritt von AMD, 7nm-Chips in großen Stückzahlen zu produzieren, bevor Intel mit einem eigenen 10nm-Shrink kontern kann, könnte dem Team Blue einen großen Schlag versetzen, insbesondere wenn AMD den Hard-Launch bereits Mitte dieses Jahres durchziehen kann. Aber es gibt für AMD mehr Vorteile, als „nur“ einen kleineren Node. AMD hat auch seine Zen 2-Mikroarchitektur mit den Ryzen-Chips der 3000er-Serie fertiggestellt und das sollte eine ordentliche Verbesserung des Durchsatzes von Anweisungen pro Takt (IPC) mit sich bringen.

Das könnte das Unternehmen in einem der wenigen Bereiche, in denen das blaue Team noch einen klaren Vorteil hat – die Leistung in Single-Threaded-Anwendungen – näher an Intel heranbringen. Die letzte Demo von AMD impliziert damit auch, dass man zumindest die Parität mit der Pro-Core-Leistung von Intel erreicht, aber man wird wirklich umfassendere Tests mit verschiedensten Anwendungsszenarien benötigen, um hier eindeutig urteilen zu können.

AMD ist bereits in vielerlei Hinsicht äußerst wettbewerbsfähig. Aber wenn das Unternehmen die Single-Threaded-Performance-Lücke schließen kann (was insbesondere für die Gaming-Performance von Vorteil wäre), dann könnte man die Voraussetzungen für den größten Umbruch in der Geschichte des Prozessormarktes schaffen. Und diese Art von Erfolg (gepaart mit steigenden EPYC-Verkäufen) würde AMD einen großen Mittelzufluss verschaffen, der dem Unternehmen helfen könnte, im Jahr 2020 und darüber hinaus besser mit seinem viel größeren CPU-Rivalen (ganz zu schweigen von Nvidia an der Grafikfront) zu konkurrieren.

Also werden wir uns gemütlich zurücklehnen und beobachten, was uns die nähere Zukunft noch bringen wird.

 

 

Quellen: Eigene, Tom’s Hardware (Paul Alcorn), AdoredTV

 

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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